Orgelkino setzt Quasimodo in Szene
Organist Johannes Mayr und „Der Glöckner von Notre Dame“locken viele Besucher in die Aalener Stadtkirche
AALEN (an) - Der Stummfilmklassiker „Der Glöckner von Notre Dame“und der aus Aalen stammende Organist Johannes Mayr haben am Sonntag viele Besucher in die Stadtkirche gelockt. Sie erlebten zwei Stunden voller dramatischer Szenen bei dem meisterhaften Stummfilm aus dem Jahr 1923. Dessen Regisseur Carl Lämmle stammte übrigens aus Laupheim.
Vorher nie gekannte imposante Massenszenen werden in diesem Klassiker erstmals präsentiert, dazu eine großartige Maskenbildung mit einer teils fast übertriebenen Gestik und Mimik, bedingt durch den nicht vorhandenen Ton. Zwischentexte ließen die Handlung besser verstehen.
Der Film passt glänzend in den Kirchenraum der Aalener Stadtkirche, denn große Teile des Filmes spielen vor der gewaltigen Kulisse von Notre Dame in Paris und auf dem Turm, von dem der Glöckner am Anfang als Fassadenkletterer herunterkommt und von dem aus er die Kathedrale am Schluss vor der Erstürmung durch die aufgewiegelte Volksmasse verteidigt.
Klanggewitter zum Schluss
Der aus Aalen stammende Organist Johannes Mayr steigerte mit einem Klanggewitter die dramatische Handlung am Schluss aufs Höchste, so dass den Zuhörern fast der Atem wegblieb. Mit stürmischem Applaus bedankten sich die 350 Zuhörer und Zuschauer bei dem Organisten. Dieser wies auf die Leinwand und zeigte damit seinen Respekt vor dem filmischen Kunstwerk.
Die großen Themen des Lebens
In diesem werden die großen Themen des Lebens aufgegriffen: Schuld und Vergeltung, Ausgrenzung und Einsamkeit, Bosheit und Niedertracht, aber auch Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Liebe.
Johannes Mayr verwies beim Applaus auf die Orgel, der er ungewohnte Töne entlockte. Es waren für ihn zwei Stunden äußerster Konzentration, um die Bilder des Laptops, der das Notenblatt ersetzte, in Töne umzusetzen. Sie waren vom eher modernen französischen Orgelspiel geprägt.
Für Mayr war das nach vielen Jahren wieder ein Heimspiel. In Fachsenfeld geboren, besuchte er das Schubart-Gymnasium und machte wegen des Musikkurses das Abitur am Gymnasium in Wasseralfingen.
In Aalen bekam er seine ersten Orgelstunden, später in Ellwangen bei Professor Willibald Betzler, dessen Nachfolge er an der Musikhochschule in Stuttgart antrat. Dort ist er auch Domorganist. Die Improvisation ist seine Stärke. Einem ersten Preis beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“folgten weitere Auszeichnungen und Preise. Eine ganzen Reihe von Stummfilmen hat er im Süddeutschen Raum in den vergangenen Jahren auf der Orgel lebendig werden lassen.