Terror und Korruption bestimmen Wahlkampf in Nigeria
Afrikas größte Volkswirtschaft Nigeria wählt an diesem Samstag einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Muhammadu Buhari tritt gegen den Oppositionspolitiker und früheren Vizepräsidenten Atiku Abubakar an. Das Rennen gilt als offen – in dem Land, das lange von Militärdiktatoren beherrscht wurde, ist das ein Fortschritt.
Überschattet wurde der Wahlkampf zuletzt von einem Attentat auf den Gouverneur des Bundesstaates Borno. Vier Begleiter seines Wahlkampftrosses wurden getötet, weitere entführt. Der Politiker selbst blieb unverletzt.
Borno gehört wie andere Bundesstaaten im Nordosten Nigerias zum Operationsgebiet der Terrorgruppe Boko Haram. Der Kampf gegen die Islamisten war eines der Versprechen, für die der ehemalige General Buhari, der in den 1980er-Jahren bereits zwei Jahre lang als Führer einer Militärjunta regiert hatte, gewählt worden war. Seine Erfolge sind überschaubar. Eine international so aufsehenerregende Tat wie 2014 die Entführung von 276 Schülerinnen aus dem Ort Chibok gelang Boko Haram zwar nicht mehr; Entführungen in kleinerem Maßstab sind aber an der Tagesordnung. Auch zu Anschlägen und Gefechten kommt es immer wieder.
Die Hälfte der Bevölkerung ist muslimisch, fast ebenso viele sind christlich. Das führt immer wieder zu Spannungen. In vielen Regionen ist das Zusammenleben dennoch Alltag. Dass beide aussichtsreichen Kandidaten Muslime sind, gilt aber als ungewöhnlich. Bisher wechselten sich in der Regel ein Christ und ein Muslim an der Staatsspitze ab.
Das zweite wichtige Thema im Wahlkampf neben dem Boko-HaramTerror ist die grassierende Korruption. Nigeria ist der führende Ölproduzent des Kontinents und hat vor einigen Jahren sogar den Industriestaat Südafrika als wirtschaftsstärkste Nation südlich der Sahara überholt. Doch der Großteil der Bevölkerung hat davon nichts. Der Export von Rohstoffen schafft kaum Arbeitsplätze, der Erlös fließt in die Taschen einer korrupten Elite. Inzwischen ist der Aufschwung vorbei, unter anderem wegen des Ölpreisverfalls ist das Land in die Rezession geraten. Oppositionsführer Abubakar, ein Unternehmer, verspricht den jungen Wählern Jobs. Wie die entstehen könnten, ist unklar.
Denn selbst wenn die Wirtschaft wieder wachsen würde – die Bevölkerung wächst schneller. Schätzungen zufolge wird sich die Zahl der Nigerianer von heute 190 Millionen bis Mitte des Jahrhunderts auf 400 Millionen Menschen verdoppeln. 62 Prozent der Wähler sind jünger als 25. Viele von ihnen träumen von einem besseren Leben in Europa.
Auf den Weg nach Norden machen sich längst nicht nur solche, die aus den Unruheregionen des Landes kommen. In Deutschland wurde nicht einmal jeder achte Nigerianer als Flüchtling anerkannt. An den Verwaltungsgerichten in BadenWürttemberg klagen derzeit mehr Menschen aus Nigeria gegen einen abgelehnten Asylbescheid als aus jedem anderen Land.