Eisbock: Wie die „Essenz des Bieres“gewonnen wird
Bierspezialität entsteht durch Gefrieren und Auftauen – Zu Hause leicht herstellbar
ELLWANGEN - Gemächlich tropft die ölige Flüssigkeit in die gläserne Karaffe, die auf einem der rustikalen Tische im Brauereigasthof Roter Ochsen steht. Ein weiterer gläserner Behälter ist mit der Öffnung nach unten darauf gesetzt worden – gefüllt mit einer gefrorenen Substanz. Das Glas ist beschlagen, das Eis darin porös und durchlässig. Aufgefangen wird hier die sogenannte „Essenz des Bieres“– der Eisbock.
Diese Bierspezialität wird durch ein einfaches Verfahren gewonnen – nämlich Einfrieren und Auftauen. Bier wird hierfür in ein geeignetes Behältnis gefüllt, eingefroren und rund 24 Stunden – am besten stehend – in einer Tiefkühltruhe gelagert.
„Der größte Bestandteil von Bier ist Wasser“, erklärt Christiane Veit, die Geschäftsführerin des Brauereigasthofs in Ellwangen. Und dieses gefriert zuerst. Die restlichen Zutaten, nämlich Malz, Hopfen, gegebenenfalls Hefe – die Aromen – und der Alkohol erst später beziehungsweise bei diesen Temperaturen gar nicht oder nicht vollständig. „Kommt dieser Eisblock dann ins Warme, laufen Aroma und Alkohol durch das poröse Eis hindurch“, sagt die 35-Jährige.
Bei diesem Prozess potenziert sich nicht nur der Alkoholgehalt, auch die Aromen werden intensiver. Der Eisbock, der sich hier in der Karaffe geradezu likörartig gesammelt hat, stammt von einem Bockbier. Zuvor lag der Alkoholgehalt laut Angabe auf der Flasche bei 6,6 Prozent. „Der Eisbock daraus kommt dann auf 25 bis 30 Prozent“, so Veit.
Stärkstes Bier der Welt kommt aus Schottland
Die Stärke ließe sich aber variieren. Je länger man den Eisbock tauen lässt, desto mehr Wasser fließt auch in den Auffangbehälter. Damit verdünnt er sich. Die beinahe reine Essenz sei nach rund 30 bis 40 Minuten aufgefangen, schätzt Christiane Veit. Danach beginne die Verdünnung.
Im Wettbewerb um das stärkste Bier der Welt versuchen Brauer, das um jeden Preis zu vermeiden. Allerdings wird der Eisbock dort zwar nach demselben Prinzip, aber nicht mit herkömmlichem Bier hergestellt. „Dafür wird eigens ein Bier eingebraut“, weiß Brauereichef Alexander Veit. Die Brauer nutzten dafür andere Hefe und mehr Malz, um mehr Zucker und damit ein bereits stärkeres Ausgangsbier zu erhalten.
2011 brach eine fränkische Brauerei den Rekord mit einem Bier, dessen Alkoholgehalt bei 57,5 Prozent lag. Im vergangenen Jahr mussten die Franken ihren Titel allerdings nach Schottland abgeben – 67,5 Prozent Alkohol schafften die Brauer dort mit dem Eisbock-Verfahren.
Im Ostalbkreis spielt das Verfahren laut Auskünfte der Brauereien keine Rolle. Zu gering ist am Ende der Ertrag aus dem für eine Brauerei doch aufwendigen Verfahren. Aus einem Liter gefrorenen Biers erhalte man rund 150 Milliliter Eisbock, sagt Christiane Veit. Und ihr Bruder Alexander ergänzt: „In der Brauerei gibt es diesen Prozess des Gefrierens nicht. Außerdem wäre die Nachfrage nicht hoch genug“, schätzt er. Der Trend gehe eher zu leichteren Bieren. Der klassische Biertrinker sei bei dieser Spezialität durch die Likörartigkeit des Getränks auch nicht die geeignete Zielgruppe.
„Es ist so ja ganz nett und witzig“, sagt der Brauereichef, während er ein Glas mit der braunen Flüssigkeit betrachtet. „Aber eher für eine gesellige Runde“, vervollständigt die Schwester den Satz. Da sei es ein Highlight. Wenn es aufgebaut sei und jeder Gast das Bier am Ende anders erlebe.