Rockabilly aus der Zeitmaschine
The Stray Cats legen mit „40“das erste Studioalbum seit 26 Jahren vor
RAVENSBURG - Das ist mal ein Comeback: 26 Jahre nach Veröffentlichung des letzten Albums präsentieren The Stray Cats mit „40“(Surfdog Records/Mascot Label Group) ihr neues Studiowerk. Rockabilly wie mit der Zeitmaschine in die Zukunft verfrachtet. The Stray Cats, zur Erinnerung, das war jenes Trio, das 1979 gegründet wurde und dann Anfang der 80er-Jahre das Rockabilly-Revival lostrat – unter anderem durch einen Auftritt im Vorprogramm der Rolling Stones auf deren US-Tour 1982. In den Jahren nach dem Ende der Stray Cats 1992 waren Brian Setzer (Gitarre und Gesang), Lee Rocker (Bass und Gesang) und Slim Jim Phantom (Schlagzeug und Gesang) mit Soloprojekten beschäftigt. Besonders umtriebig war dabei wohl Brian Setzer, der unzählige Soloalben veröffentlichte und mit dem Brian Setzer Orchestra moderne Rock'n'Roll-Klassiker wie „The Dirty Boogie“in die Welt setzte oder auch schon mal Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven durch die Gitarrenmangel drehte („Wolfgang's Big Night Out“).
Nun also das Comeback. Slim Jim Phantom sagt über die Studioarbeit: „Es fühlte sich an, als wäre seit unserem letzten Album kaum Zeit vergangen.“Das gilt denn auch für die Aufnahmen, die im Herbst 2018 in den Blackbird Studios in Nashville entstanden sind. „40“fühlt sich nicht an wie der verzweifelte Versuch abgehalfterter Rockstars, mit halbgaren Songs noch mal den Rubel rollen zu lassen, sondern wie eine nahtlose Fortführung des coolen Stray-CatsSounds. Die Songs sind neu, atmen aber den Geist des 50er-JahreRock'n'Roll und tragen die Patina einer Zeit, in der Elvis' Hüftschwung Fans in Verzückung versetzte und deren Eltern zur Verzweiflung trieb. Mit dem altmodischen „Cat Fight (Over A Dog Like Me)“geht die Platte gleich in die Vollen, „I Attract Trouble“gemahnt mit Surf-Sound an den 2019 verstorbenen Dick Dale (dessen „Miserlou“Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“veredelte).
Aus der Zeit gefallene Klänge
Das von einem pulsenden Bass nach vorn getriebene „Cry Danger“, das lässig zurückgelehnte „That's Messed Up“oder das cool groovende „Mean Pickin' Mama“– diese Platte könnte auch jahrzehntelang auf dem Dachboden der Großeltern versteckt gewesen sein. Sie klingt komplett aus der Zeit gefallen, wurde aber für ein modernes Publikum in Szene gesetzt von Produzent Peter Collins (Rush, Bon Jovi) und Toningenieur Vance Powell (Jack White, Arctic Monkeys). Was diese Platte so besonders macht, sind die vergleichsweise simplen Zutaten, die ein sehr stimmiges Ganzes ergeben: Gitarre, Schlagzeug und Kontrabass, live im Studio eingespielt, schnörkelloser Rockabilly, wie man ihm vielleicht schon oft gehört hat – der aber hier von den Großmeistern vorgetragen wird, die auch heute noch auftrumpfen wie zu besten Zeiten. Nun ist es nicht die erste Reunion, gemeinsame Touren gab es 2003 und 2008, aber ein Auftritt im vergangenen Jahr mündete dann in die neuerliche Albumproduktion. Und zum 40-jährigen Geburtstag der Bandgründung gibt es nun nicht nur eine neue Platte, sondern auch eine Tour. Prognose: Die altgedienten Rockabilly-Fans werden in Nostalgie schwelgen, und wer die Stray Cats noch nie live gesehen hat, dürfte sich über eine musikalische Geschichtsstunde freuen. 9.7. Stuttgart, Killesberg; 11.7. München, Zenith