Kandidaten müssen sich Senioren stellen
Live-Diskussionsrunde: Bürger befragen Wahlkandidaten
AALEN (an) - Fünf Senioren, acht Kandidaten und je eine Minute Zeit pro Frage: Am Mittwochabend haben die „Aalener Nachrichten“zur Diskussionsrunde geladen. Nachdem vergangene Woche Schüler und Studenten zu Wort kamen, konnte jetzt die ältere Generation den Kandidaten für die Kommunalwahl auf den Zahn fühlen.
AALEN - Fünf Senioren, acht Kandidaten und je eine Minute Zeit pro Frage: Am Mittwochabend haben die „Aalener Nachrichten“zur Diskussionsrunde geladen. Nachdem vergangene Woche Schüler und Studenten zu Wort kamen, konnte jetzt die ältere Generation ihre Themen vorbringen und den Wahlkandidaten auf den Zahn fühlen. Und so lief es ab: Per Losverfahren konnte jeder Gast seine Frage einem Kandidaten stellen. Die Politker hatten pro Frage eine Minute Zeit, zu antworten.
Vor allem brannte den Fragestellern das Thema Mobilität auf den Nägeln. Der 66-jährige Walter Leis berichtete aus eigener Erfahrung, dass es oft nicht leicht sei, Arzttermine seiner über 90-jährigen Schwiegermutter zu koordinieren, da die Dame nicht mehr mobil sei. Stadtrat Roland Hamm, Die Linke, kennt das Problem aus der eigenen Familie und antwortete, in Zukunft wären Ruftaxis oder MinibusAngebote eine Möglichkeit, um ältere Menschen zu unterstützen.
Theo Lunz fragte den AfDKandidaten Michael Hartmann, ob es denkbar wäre, ehrenamtlichen Fahrern, die Senioren zu Terminen bringen, Parkausweise zur Verfügung zu stellen. Hartmann bestätigte, ebenfalls aus eigener Erfahrung, dass dies ein wichtiges Anliegen sei. Man müsse sich zwar überlegen, wie man diesen Vorschlag umsetzen und bezahlen könne, ein solches Vorhaben solle aber nicht an finanziellen Fragen scheitern. Es wäre denkbar, Organisationen wie Taxiunternehmen mit einzubeziehen.
Anreize für den ÖPNV schaffen
„Mir gefällt Ihre Frage sehr gut“, sagte Karin Boldyreff-Duncker, die für die Grünen im Gemeinderat sitzt, auf Hermann Salats Anfrage, wie man für Senioren Anreize schaffen könne, verstärkt den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu nutzen. So habe man in der Vergangenheit etwa Busse mit vertieften Einstiegen ausgestattet und strebe viele weitere Verbesserungen, wie eine elektronische Echtzeitangabe an den Haltestellen, an. Auch die geplante Linienbündelung sei ein Schritt in die richtige Richtung. Salat war es auch wichtig, die Preise für Senioren erschwinglich zu halten. Boldyreff-Duncker pflichtete ihm bei und erläuterte, man habe beispielsweise erreicht, dass in den Aalener Geschäften nicht nur Park-, sondern auch Busgebühren erstattet würden.
Kurzparkplätze am Ärztehaus?
Gisela Gramlich, die in der Nachbarschaftshilfe aktiv ist, brachte ein Problem vor, das sie beinahe täglich beschäftigt: die Parksituation am Ärztehaus. Es sei ein Problem, demente Menschen oder Patienten, die auf den Rollstuhl angewiesen seien, hierher zu bringen. Diese könnten nicht alleine das Parkhaus nutzen. Gramlich schlug deshalb vor, Parkplätze für Kurzparker einzurichten. SPD-Stadtrat Albrecht Schmid antwortete, man müsse hier eine geordnete Situation schaffen. „Wenn zusammen mit dem Café genügend Platz ist, muss hier Abhilfe geschaffen werden“, so Schmid.
Verkehrskonzept verbessern
Theo Lunz stellte die Frage, was die Stadt für ein besseres Verkehrskonzept tun will. „Oft werden Gehwege von Radfahrern benutzt oder Radfahrer gefährden sich und andere wegen enger Tempo-30-Zonen in der Innenstadt“, so Lunz. Als Beispiel brachte er die 30er-Zone bei Netto, in Richtung Alte Heidenheimer Straße, an. Ilse Schmelze entgegnete, die Frage sei berechtigt. „Es gibt einen Radverkehrswegeplan.“Dieser sei aber nicht von heute auf morgen umsetzbar, da man früher ganz anders gebaut habe und der Radverkehr nicht so stark im Bewusstsein der Planer war wie heute. „Wir hoffen aber, dass wir den Plan schnell umsetzen können und werden die Radfahrer nicht vergessen.“
Bei Digitalisierung unterstützen
Die Digitalisierung und ihre Folgen treibt Hermann Salat um. Aus dem Lostopf zog er einen Zettel mit der Aufschrift „Aktive Bürger“. Somit war Stadtrat Norbert Rehm bei diesem Thema sein Gesprächspartner. „Wie kann man Senioren beim Thema Digitalisierung unterstützen?“, fragte der Aalener. Gerade im Bezug auf Bankgeschäfte und das bargeldlose Bezahlen sei es wichtig, die ältere Generation, die das Thema in ihrer Arbeitswelt nicht begleitet hat, mitzunehmen. Rehm kann sich vorstellen, dass die Stadt hier mit Informationsveranstaltungen oder dem so genannten Digibus Hilfestellung leisten könnte.
Franz Enenkel wohnt am Pelzwasen. Er möchte, dass die Maiäcker aus dem Bebauungsplan der Stadt genommen werden, damit dieser Bereich als Frischluftschneise erhalten bleibt. Thomas Rühl, Freie Wähler, entgegnete, das Baugebiet müsse ausgewiesen werden. „Ich verstehe die Bedenken der Anwohner, aber Aalen braucht Baugebiete“, so Rühl. Es sei genügend Platz, dass die Frischluftschneise im genannten Gebiet nicht berührt werde.
„In der Innenstadt gibt es fast nur noch Ketten und Handygeschäfte“, stellte Gisela Gramlich fest. Vor allem ältere Kunden vermissten in vielen Geschäften eine kompetente Beratung. An CDU-Stadtrat Thomas Wagenblast gewandt, stellte sie die Frage, wie die Politik hier reagiert. Man habe in Aalen das Glück, noch einen hohen Anteil an inhabergeführten Geschäften zu haben, sagte Wagenblast. „Wir setzen auf Aufenthaltsqualität. Man muss Sitz- und Spielmöglichkeiten für eine lebendige Stadt schaffen. Das kann das Internet nicht bieten. Auch brauchen wir den ACA und das Citymanagement ganz dringend.“
Stadt kann vermitteln
Im Nachgespräch entwickelte sich eine lebendige Diskussion rund um das Thema Ehrenamt. „Der Gemeinderat weiß zum Teil gar nicht, welche Angebote es in unserer Stadt dazu gibt“, so Gisela Gramlich. Fazit der Diskussion: Ehrenamtliche werden gebraucht, auch die Bereitschaft, sich zu engagieren, besteht bei vielen Menschen. Was fehlt, ist oft die Koordination. Hier könnten Stadt und Politik Hilfestellung bei der Vernetzung geben.
Das Video der Liveübertragung ist unter www.schwaebische.de/ aalen-live2 zu finden.