Neue Kleine groß im Kommen
Nachdem sich die Autobranche zuletzt auf Geländewagen konzentriert hat, kommen jetzt konventionelle Kleinwagen auf den Markt
Das Autoleben ist anscheinend nur noch im SUV zu ertragen. Zumindest wächst der Marktanteil der Geländewagen beständig und liegt nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg mittlerweile bei 29 Prozent. Auch wenn damit jeder dritte Neuwagen aufs Abenteuer schielt, sind die anderen zwei Drittel anderer Machart.Das haben jetzt auch die Hersteller erkannt und beweisen in diesem Sommer buchstäblich ein bisschen Bodenhaftung: Zwischen all den hochbeinigen Crossover-Konzepten drängen ein paar ganz gewöhnliche Autos auf die Premieren-Bühne. Darunter befinden sich überraschend viele Kleinwagen.
Kein Wunder: Nachdem dieses Segment in den vergangenen Jahren zugunsten der Stadtgeländewagen stark vernachlässigt wurde, besteht Nachholbedarf. Besonders groß ist der offenbar in Frankreich, wo sich aktuell gleich zwei oder streng genommen sogar drei neue Stadtflitzer warmlaufen. Denn neben der Neuauflage des Renault Clio steht auch beim französischen Automobilhersteller PSA ein Generationswechsel an.
Und weil neben Peugeot und Citroën mittlerweile auch Opel zur Familie gehört, bringt das Unternehmen
nicht nur einen neuen 208, sondern auch den nächsten Corsa auf den Markt. Beide Modelle teilen sich eine Plattform, die der Hersteller als besonders leicht rühmt. Deshalb sollen sie zugunsten der Effizienz mehrere Zentner abspecken. Der Corsa knackt so laut Opel die 1000-KiloMarke und wiegt in der leichtesten Variante nur noch 980 Kilo. Dazu gibt es neue oder gründlich überarbeitete Motoren und Technologien, die in dieser Klasse bislang nicht verfügbar waren – zum Beispiel die LED-Matrix-Scheinwerfer. Peugeot will dagegen vor allem mit Assistenzsystemen wie einer automatischen Abstandsregelung oder einer Spurführungshilfe punkten.
Clio mit elektrischem Startergenerator
So ähnlich sich 208 und Corsa unter dem Blech sind, so sehr unterscheiden sie sich im Design. Der 208 übernimmt die Linienführung des 508, wird sieben Zentimeter länger und vier Zentimeter flacher, während der Opel – den ersten Prototypen-Fotos nach zu urteilen – eine ähnliche Silhouette hat wie sein Vorgänger.
Der Wettbewerb überlässt den beiden PSA-Marken die Bühne aber nicht konkurrenzlos. Ebenfalls in diesem Sommer geht ein neuer Clio an den Start. Auch er speckt laut Renault bis zu 50 Kilo ab und will vor allem mit inneren Werten überzeugen, sagt Designchef Laurens van den Acker. Er verspricht hochwertigere Materialien, mehr Liebe zum Detail und vor allem viel digitale Technik.
Der große Touchscreen in der Mittelkonsole beherbergt erstmals digitale Instrumente. Die weitgehend neuen Benziner und Diesel decken mit drei oder vier Zylindern ein Leistungsspektrum von 48 kW/65 PS bis 96 kW/130 PS ab. Zum ersten Mal kann man den Clio als Mild-Hybrid mit einem elektrischen Startergenerator kaufen, so der Hersteller.
Die Elektrifizierung des Antriebs ist auch das große Stichwort beim Honda Jazz, den der japanische Hersteller für die Tokio Motorshow im Oktober angekündigt hat: „Dann gibt es den Kleinwagen auch mit dem Hybrid-Antrieb aus dem CRV“, stellt Honda in Aussicht.
Kostensteigerung durch neue Schadstoffnormen
Einzige deutsche Neuheit in dieser Klasse ist der Audi A1 – und auch der ist eigentlich schon ein alter Hut. Erstens, weil er die bekannte Technik des VW Polo nutzt und nur ein bisschen vornehmer verpackt. Und zweitens, weil er mit Benzinern von 70 kW/95 PS bis 147 kW/200 PS zu Preisen ab 19 950 Euro bereits seit Herbst im Handel ist.
Während sich bei den anderen Kleinwagen aus Europa und Asien sonst nicht mehr viel tut in diesem Jahr und Autos wie der VW Polo, der Ford Fiesta, der Mazda 2 oder der Toyota Yaris noch ein wenig durchhalten müssen, zeichnet sich auch bei den ganz Kleinen in der Klasse darunter noch etwas Bewegung ab.
Der Smart Fortwo und Forfour bekam laut Hersteller genau wie der technisch eng verwandte Renault Twingo ein erstes Facelift. Aus Hyundai-Kreisen ist zu hören, dass auf der IAA im September in Frankfurt die nächste Generation des i10 ihren Einstand feiert.
Die große Welle der kleinen Autos könnte allerdings die letzte sein. Denn um kommende Schadstoffnormen zu erfüllen, müssen die Hersteller so viel Geld in die nächsten Generationen stecken, dass sich die Autos am Ende womöglich kein Kunde mehr leisten will, befürchtet VWChef Herbert Diess. „Für Modelle wie den Up ist das Ende damit besiegelt, und hinter den Polo setzen wir ein Fragezeichen.“Oder man macht es wie die Franzosen: Den Peugeot 208 wird es genau wie den davon abgeleiteten Opel Corsa auch mit Elektroantrieb geben, teilen die Hersteller mit und stellen Reichweiten von bis zu 340 Kilometer in Aussicht.
BMW baut zum Herbst nach eigenen Angaben zum ersten Mal einen elektrischen Mini. Und auch Renault setzt für den Stadtverkehr der Zukunft weiter auf Strom – selbst wenn es beim neuen Clio nur für einen Mild-Hybrid-Antrieb reicht. Aber dafür steht bei ihnen im gleichen Format als dezidiertes Elektroauto der Zoe parat, der nach Angaben aus der Zentrale in diesem Jahr ebenfalls noch ein Update bekommt. (dpa)