Emmanuel Macron bekommt einen Dämpfer
Der rechtspopulistische Rassemblement National hat die Europawahl gewonnen – Grüne drittstärkste Kraft
PARIS - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den ersten Stimmungstest seit seiner Wahl vor zwei Jahren verloren. Seine Partei La République en Marche (LREM) kam bei der Europawahl nur auf den zweiten Platz hinter den Rechtspopulisten. Wie schon 2014 gewann der Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen Hochrechnungen zufolge mit 23,6 Prozent knapp vor LREM mit 22,9 Prozent.
Überraschend landeten die Grünen mit 13 Prozent deutlich vor den Konservativen, die nur acht Prozent der Stimmen auf sich vereinten und damit ihr historisch schlechtestes Ergebnis einfuhren. Die Linkspartei LFI und die Sozialisten lagen mit gut sechs Prozent gleichauf. Eine zweite Überraschung war die Wahlbeteiligung, die mit 52 Prozent fast zehn Prozentpunkte über der von 2014 lag.
„Marine Le Pen hat von der sozialen Unzufriedenheit profitiert“, kommentierte der Meinungsforscher Bernard Sananès im Fernsehsender BFMTV das Ergebnis. Der Spitzenkandidat von Le Pens RN, Jordan Bardella, sprach von einer „Lektion in Demut“, die das Volk dem Präsidenten erteilt habe. „Die Botschaft ist deutlich und wir haben sie verstanden“, sagte Premierminister Edouard Philippe. Die Regierung werde ihren Kurs fortsetzen, kündigte der frühere Konservative an.
„Grüne Welle“auch in Frankreich
Macron hatte die Europawahl zum Duell mit Le Pen gemacht. Der Wahlkampf war komplett auf den Präsidenten zugeschnitten, der auch die Wahlplakate zierte und so Spitzenkandidatin Nathalie Loiseau in den Schatten stellte. Die frühere Europaministerin reagierte nicht einmal auf das Wahlergebnis. Er werde alles tun, um einen Sieg des RN zu verhindern, hatte Macron vor zwei Wochen beim EU-Gipfel im rumänischen Sibiu angekündigt. Le Pen hatte ihrerseits die Europawahl zum Referendum gegen den Präsidenten erklärt. Sie forderte Macron noch am Wahlabend auf, als Konsequenz die Nationalversammlung aufzulösen.
Die Grünen waren die einzige Partei, die mit 13 Prozent Anschluss an die beiden großen Parteien halten konnte. Spitzenkandidat Yannick Jadot interpretierte das Abschneiden als Teil einer „grünen Welle“in Europa. Umfragen hatten Europe Ecologie – Les Verts (EELV) bis zuletzt deutlich hinter den Konservativen gesehen. Die Öko-Partei hatte ihr bestes Ergebnis in Frankreich 2009 erzielt, als sie unter Daniel CohnBendit 16,3 Prozent erreichte. Diesmal unterstützte er Macron.
Der 41-Jährige ist seit den Demonstrationen der Gelbwesten geschwächt, die mehr soziale Gerechtigkeit fordern. Zwar hat Macron Maßnahmen über 17 Milliarden Euro angekündigt, um vor allem der unteren Mittelschicht zu helfen. Doch der Makel, ein elitärer, vom Volk entrückter Präsident zu sein, haftet weiter an ihm. Auf europäischer Ebene wird es für Macron nun schwieriger, seine Vorstellungen durchzusetzen. Auf seine Partei entfallen ebenso wie auf den Rassemblement National 22 der 79 Sitze im neuen Europaparlament.