Aalener Nachrichten

Klatsche mit Ansage für die Bremer SPD

Beim Duell Carsten gegen Carsten liegt der CDU-Spitzenkan­didat wie erwartet vorn

- Von Eckhard Stengel

BREMEN - Besucher der SPD-Wahlparty in der Bremer Gaststätte „Ständige Vertretung“hatten erwartet, dass die Genossen mit Stöhnen oder Tränen auf die 18-Uhr-Prognose zur Bürgerscha­ftswahl reagieren würden. Aber nichts dergleiche­n. Als am Sonntagabe­nd der rote Balken der SPD knapp unter dem schwarzen Balken der CDU stehenblie­b, da verstummte noch nicht mal das Gemurmel an der Kneipenthe­ke. Offenbar kann die gebeutelte SPD nichts mehr erschütter­n. Sie war durch Umfragen vorgewarnt.

Umso größer der Jubel bei der CDU-Wahlparty, als ihr Spitzenkan­didat Carsten Meyer-Heder in die „Markthalle Acht“einzog – in Sichtweite jenes Rathauses, in das er dem SPD-Amtsinhabe­r Carsten Sieling nachfolgen möchte. „Wir haben jetzt einen Regierungs­auftrag“, sagte der politische Quereinste­iger mehrfach an diesem historisch­en Abend – historisch deshalb, weil die CDU erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs die SPD überflügel­n konnte.

Doch für eine Regierungs­übernahme braucht die CDU Koalitions­partner. Die in der Wählerguns­t geschrumpf­ten Sozialdemo­kraten, die in einer Koalition mit den Grünen seit zwölf Jahren regieren, hatten sich kurz vor der Wahl eindeutig auf Rot-GrünRot festgelegt, mit den Linken als Mehrheitsb­eschaffern. Dementspre­chend brandete auf der SPD-Wahlparty zum ersten Mal Beifall auf, als sich um 18 Uhr bestätigte, dass ein solches Dreierbünd­nis eine größere Parlaments­mehrheit hätte als die schwarzgrü­n-gelbe Jamaika-Koalition, die sich die Christdemo­kraten wünschen.

Entscheide­nd ist also, welches Bündnis die Grünen bevorzugen, die auf rund 18 Prozent kommen. Vor dem Urnengang ließen sie alles offen, und das taten sie auch am Wahlabend. Ihre Spitzenkan­didatin Maike Schaefer sagte, dass sie diejenige Koalition anstrebt, in der die Grünen „am meisten Grün wiederfind­en“. Schaefer verdeutlic­hte aber: Es wird mit beiden Bündnissen nicht einfach.

Tröstender Applaus für Sieling

Bei der SPD-Wahlparty brandete noch einmal Beifall auf, als Bürgermeis­ter Sieling die Kneipe betrat. Es war ein anerkennen­der, trotziger, tröstender Beifall. Die Prognosen seien „durchaus enttäusche­nd“, räumte er ein. Aber er fügte auch hinzu: „Wir gucken in die Zukunft und wollen gestalten“– mit Blick auf den möglichen Machterhal­t durch ein rot-grün-rotes Bündnis. Die realpoliti­sche LinkenSpit­zenkandida­tin und Fraktionsc­hefin Kristina Vogt ist grundsätzl­ich bereit für das Dreierbünd­nis. Ihre Partei bekommt in Bremen um die elf Prozent. Die Linken könnten damit erstmals in Westdeutsc­hland an einer Regierung beteiligt sein. Vogt schränkte allerdings ein: „Wir stehen für einen Politikwec­hsel bereit, aber nicht für ein Weiter-so.“

Die FDP schaffte es laut Prognose knapp über die Fünf-Prozent-Hürde. Ihre Spitzenkan­didatin Lencke Steiner ist auf Jamaika-Kurs: „Ich würde mich freuen, wenn’s wirklich klappt.“

Am rechten Rand machten sich zwei Parteien Konkurrenz: zum einen die AfD mit ihrem Rechtsauße­n-Spitzenkan­didaten, dem Bundestags­abgeordnet­en Frank Magnitz. Bekannt wurde Magnitz, als er Anfang des Jahres von Unbekannte­n angegriffe­n wurde. Die AfD schnitt im liberalen Bremen diesmal ähnlich ab wie bei der letzten Wahl vor vier Jahren, sie kommt auf gut sieben Prozent.

Daneben kandidiert­en noch die etwas gemäßigter­en „Bürger in Wut“(BIW). Deren Spitzenkan­didat, der Fernsehjou­rnalist Hinrich Lührssen, ist ein Politik-Quereinste­iger wie Carsten Meyer-Heder und Lencke Steiner. Die Fünf-Prozent-Hürde haben die Wutbürger im gesamten Land Bremen wohl nicht übersprung­en. Aber sie könnten vom eigenwilli­gen Bremer Wahlrecht profitiere­n: Für den Sprung in das Landesparl­ament des Zwei-Städte-Staates muss man die Sperrklaus­el nur in einer der beiden Bremer Städte überwinden. Den BIW ist das seit 2007 bei jeder Wahl gelungen: in der Arbeitslos­enhochburg Bremerhave­n. Dort konnten sie auch diesmal absahnen.

Genaue Zahlen lagen am Sonntagabe­nd noch nicht vor. Die Wahlhelfer werden wohl bis Mittwoch brauchen, bis alle Stimmen ausgezählt sind.

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