Architektin des Herrn
Die junge Hedwig Drabik ist Speyers neue Dombaumeisterin
SPEYER (dpa) - Die erste in Deutschland ist sie nicht – aber die jüngste: Als neue Dombaumeisterin von Speyer bestimmt die 32-jährige Hedwig Drabik künftig das Schicksal der größten romanischen Kirche der Welt mit. „Als die Einladung zum Vorstellungsgespräch kam, flatterte mein Herz“, erzählt die Architektin und Denkmalpflegerin. „Diese Stelle war immer schon mein Traum.“
Vor der Aufgabe in dem Sakralbau, der auf der Unesco-Liste der geschützten Kulturgüter steht, hat sie enormen Respekt: „Zwischendurch kam mir schon einmal der Gedanke: Bin ich dieser großen Aufgabe wirklich gewachsen?“
Geboren wurde Drabik am 23. Dezember 1986 im oberschlesischen Mikolow (Nikolai). Als Zweijährige kam sie mit den Eltern nach Hessen. „Da ich aus Polen stamme, ist bei mir das Katholische wohl noch etwas tiefergehend“, meint sie. Glaube könne helfen, ein Bauwerk wie den Speyerer Dom besser zu verstehen. Ihr Vertrag ist unbefristet.
Monumentale Ausmaße
Die Größe der Kirche, Grablege des Kaisergeschlechts der Salier, ist monumental. Wenn man Fundamente und Anbauten dazunimmt, hat der Dom ein Volumen von 220 000 Kubikmetern: Das entspricht der Fläche von 220 größeren Einfamilienhäusern. Bei guter Sicht sind die bis zu 71 Meter hohen Türme noch aus rund 25 Kilometern Entfernung zu sehen. Der Dom ist weit über die Grenzen der Pfalz hinaus bekannt: Am 4. Mai 1987 besuchte der damalige Papst Johannes Paul II. das Gotteshaus.
Drabik ist künftig zuständig für alle baulichen Aufgaben des Domkapitels – die größte ist der schätzungsweise 1025 begonnene Dom. Auch der Friedhof, auf dem Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (1930-2017) begraben liegt, fällt in ihren Bereich. Und so war ihr erster Arbeitstag dem dortigen Baumschnitt gewidmet. Dem Bistum zufolge sind derzeit 27 Maßnahmen zu betreuen: vom Umbau der Büros bis zur Instandsetzung des Vierungsturms und Restaurierung der Vorhalle. Als „Kombination aus Schreibtisch und Kirche“sieht Drabik ihren Job.
Lange ein Männerjob
Lange war der Posten Männern vorbehalten. 1999 aber wurde Barbara Schock-Werner Dombaumeisterin in Köln, und in Naumburg arbeitet seit 2011 Regine Hartkopf. 2013 wurde Charlotte Hopf Dombaumeisterin in Berlin. In Speyer bewarben sich 17 Männer und 3 Frauen um die Stelle. Am Ende setzte sich Drabik durch. „An Kirchen fasziniert mich die technische Dimension, aber auch das Sakrale“, erzählt sie. „Kirchen verbinden Menschen.“Als Hobbys nennt Drabik Radfahren, Klavierspiel und Acrylmalerei.
Ihre Lieblingskirche steht in England. „Die Westansicht der Exeter Cathedral ist eine Bombe“, sagt Drabik mit leuchtenden Augen. „Da steht man davor und denkt: Wahnsinn, was man aus Stein schaffen kann!“Ihre Fachkenntnisse erwarb sie sich während des Studiums der Architektur und Denkmalpflege in Kassel.
Danach studierte sie Denkmalpflege in Bamberg. „Das Studium war sehr praxisorientiert und hat die Haltung vermittelt: Mit dem Bestand sollte man behutsam umgehen – und keine wilden Fantasien ausufern lassen.“