Hinten hält Lankinen, vorne trifft Anttila
Finnland ist Eishockey-Weltmeister, schlägt erst Russland im Halbfinale mit 1:0, dann Kanada im Endspiel mit 3:1
BRATISLAVA (SID/dpa/sz) - Ohne seine NHL-Stars hat Außenseiter Finnland überraschend seinen dritten WM-Titel im Eishockey errungen. Die Skandinavier bezwangen mit einem Team der (fast) Namenlosen im Endspiel der Weltmeisterschaft in der Slowakei den 26-maligen Titelträger Kanada mit 3:1 (0:1, 1:0, 2:0) und wiederholten ihren Triumph von 2011 an selber Stelle. Damals hatten die Finnen ebenfalls in Bratislava 6:1 gegen Schweden gewonnen.
Schon im Halbfinale hatte die Mannschaft von Trainer Jukka Jalonen, die in der Vorrunde 2:4 gegen das deutsche Team verloren hatte, den Rekordweltmeister und Olympiasieger Russland mit 1:0 ausgeschaltet. Das Star-Ensemble um den NHL-Torschützenkönig Alexander Owetschkin musste sich mit Bronze begnügen. Die „Rote Maschine“mit zahlreichen Stars setzte sich im Spiel um Platz drei mit 3:2 (1:2, 1:0, 0:0/1:0) nach Penaltyschießen gegen Tschechien durch. „Natürlich ist es eine kleine Erlösung“, sagte Owetschkin, „ein bisschen Erleichterung und ein bisschen Freude über Bronze.“Für die Sbornaja war es die 47. Medaille in der WMGeschichte. Der zwölfmalige Titelträger Tschechien, der im Viertelfinale die deutsche Nationalmannschaft mit 5:1 aus dem Turnier geworfen hatte, blieb zum siebten Mal in Folge ohne Edelmetall; er hatte sein Semifinale mit 1:5 gegen Kanada verloren.
Die Kanadier, die schon im ersten Vorrundenspiel 1:3 gegen Finnland unterlegen waren, verpassten es, mit dem 27. WM-Gold mit Russland gleichzuziehen. Verteidiger Shea Theodore von den Las Vegas Knights brachte die „Ahornblätter“vor 9085 Zuschauern in der ausverkauften Ondrej Nepela Arena in Führung (11. Minute). Für die Finnen, die mit nur zwei NHL-Profis antraten, vergab zunächst Oliwer Koski einen Penalty (6.). Doch Kapitän Marko Anttila (23. und 43.) drehte einen Tag vor seinem 34. Geburtstag das Spiel. Danach hielt die starke Defensive, Torhüter Kevin Lankinen brachte die Kanadier zur Verzweiflung, Harri Pesonen (56.) machte den Deckel drauf. Damit gelang Finnland im vierten WM-Finale gegen Kanada der erste Sieg. 1994 in Mailand (2:1 nach Penaltyschießen), 2007 in Moskau (4:2), als Bundestrainer Toni Söderholm im finnischen Team stand, und 2016 ebenfalls in Moskau (2:0) hatten die Stars aus dem Eishockey-Mutterland triumphiert.
Im kleinen Finale brachte Michail Grigorenko Russland in Führung (13. Minute), nur 41 Sekunden später glich Michal Repik aus (14.). Dominik Kubaliks 2:1 für die Tschechen (19.) beantwortete Artjom Anissimow zu Beginn des zweiten Drittels (21.). Im Schlussabschnitt ließen die Russen zahlreiche Torchancen zu, allein ihrem überragenden Torwart Andrej Wassilewski hatten sie es zu verdanken, dass sie nicht in Rückstand gerieten. Der 24-Jährige, in der National Hockey League bei Tampa Bay Lightning unter Vertrag, hielt in regulärer Spielzeit und Overtime 48 Schüsse. Den entscheidenden Penalty für Russland verwandelte schließlich Ilja Kowaltschuk, außer ihm hatte allein Nikita Gussew getroffen.
Überragendes Torhüterspiel hatte Russland auch in der Vorschlussrunde erlebt – auf der Seite des Gegners allerdings. Kevin Lankinen, 24 Jahre alt auch er, aber „nur“bei den Rockford IceHogs in der zweitklassigen American Hockey League beschäftigt, hielt bei Suomis 1:0 (0:0, 0:0, 1:0) überragend. Das Siegtor schoss auch am Samstag Marko Anttila, in der 51. Minute.
Finnland verdiente sich den Sieg durch eine starke Defensivleistung – und eben Lankinen. „Für uns ist jetzt alles möglich. Unser Kollektiv funktioniert wunderbar“, sagte Stürmer Luho Lammikko von den Florida Panthers. Er sollte Recht behalten. Ursachenforschung? Toni Rajala vom EHC Biel verriet: „Der Geist, der bei uns in der Kabine herrscht, ist der beste, den ich jemals gespürt habe.“