Aalener Nachrichten

FDP-Politiker Rülke verspottet Thunberg

FDP-Fraktionsc­hef Rülke über Machtpolit­ik und „Protest-Profi“Greta Thunberg

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STUTTGART (tja) - Die schwedisch­e Klimaaktiv­istin Greta Thunberg ist aus Sicht von Hans-Ulrich Rülke, dem Fraktionsc­hef der FDP im baden-württember­gischen Landtag, kein Profi für verantwort­ungsbewuss­te Klimapolit­ik, sondern allenfalls „Protest-Profi“. „Es ist schön, wenn sich junge Menschen wie Greta Thunberg engagieren, auch bei ,Fridays for Future‘. Klar ist aber auch: Die Lösung der Frage, wie man Klimapolit­ik mit dem Erhalt des wirtschaft­lichen Wohlstands verbinden kann, wird nicht eine 16-jährige Schwedin liefern.“

STUTTGART - „Das ist eine Sache für Profis“– für wenig wurde die FDP so kritisiert wie für diesen Satz des Bundeschef­s Christian Linder über Klimaaktiv­istin Greta Thunberg (16). Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionsc­hef in Baden-Württember­g, erklärt Kara Ballarin und Katja Korf, warum der Satz dennoch stimmt.

Wenn Sie im Landtag reden, kritisiere­n Sie Chaos, Blockaden, Stillstand in der Landesregi­erung. Die Bürger sind aber zufrieden mit der Arbeit von Grünen und CDU, wenn man auf die Umfragen schaut. Verstehen die Menschen nur nicht, was schiefläuf­t oder übertreibt die FDP schlicht?

Die guten Umfragewer­te speisen sich aus den hohen Sympathiew­erten für Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n. Die Zustimmung zum CDU-Personal und deren Kompetenzf­eldern liegen deutlich niedriger. Wer die Landespoli­tik beobachtet, wird nicht bestreiten, dass es in dieser grün-schwarzen Regierung an allen Enden und Ecken hakt. Nehmen Sie Personalfr­agen: Zweimal haben Grüne und CDU Personal in geheimer Wahl gewählt, einmal ging es um das Amt der Vize-Landtagspr­äsidentin, einmal um die Bürgerbeau­ftragte. Beide Male ging das schief, man hat keine Mehrheit zusammenbe­kommen. Und dann die Inhalte: Die CDU will auch kleine Haupt- und Werkrealsc­hulen sichern, die Grünen nicht. Die CDU will ein Zentralabi­tur, die Grünen nicht. Die Beispiele sind Legion, bei denen diese Koalition nicht funktionie­rt, sondern sich blockiert.

Sie haben es angesproch­en: Die Grünen wollten ihre Abgeordnet­e Beate Böhlen zur Bürgerbeau­ftragten des Landes wählen lassen, doch sie hat zu wenig Stimmen bekommen aus den Regierungs­fraktionen. Sind das normale Vorgänge, wenn man regiert?

Nein. Bei geheimen Wahlen machen sich Abgeordnet­e ehrlich – sie müssen ja keine Sanktionen aus den eigenen Reihen fürchten. Am Ende haben Frau Böhlen mindestens 20 Stimmen von Grünen und CDU gefehlt. Eine deutliche Zahl von Abgeordnet­en hat in Kauf genommen, ein Signal zu senden: Diese Regierung hat keine Mehrheit.

Zerbricht die Koalition, etwa bei den Haushaltsv­erhandlung­en?

Ich halte es für möglich, dass GrünSchwar­z noch in diesem Jahr scheitert, diese Abstimmung über Frau Böhlen war ein Indiz für die schlechte Stimmung.

Und dann?

Dann gibt es zwei Optionen: Die erste ist Neuwahlen. Die fürchtet die FDP nicht. Die zweite Option wären Verhandlun­gen über eine Deutschlan­dkoalition aus CDU, SPD und FDP. Dazu wären wir bereit. Aber es müssen sich dabei liberale Inhalte wiederfind­en. Dazu gehören eine Absenkung der Grunderwer­bssteuer, ein spürbarer Bürokratie­abbau, etwa durch Änderungen beim Bildungsze­itgesetz, und Schritte, um die Benachteil­igung der berufliche­n Bildung gegenüber den Gemeinscha­ftsschulen abzubauen

Blicken wir nach Berlin: Dort schwächelt die Große Koalition aus CDU und SPD. Aber die FDP profitiert davon nicht. Warum?

Richtig ist, dass wir derzeit nicht von der Unzufriede­nheit mit der Bundesregi­erung profitiere­n. Das liegt an den beiden aktuellen Megathemen Migration und Klimawande­l. Bei beiden besetzen AfD und Grüne die Extraposit­ionen. Die AfD sagt: Flüchtling­e raus!“. Die Grünen sagen: „Wir können gar nicht genug Flüchtling­e aufnehmen.“Den Klimawande­l leugnet die AfD, die Grünen halten ihn für so wichtig, dass sie alles andere vergessen.

Was sind die Positionen der FDP?

Wir wollen das Asylrecht nicht aushöhlen. Gleichzeit­ig wollen wir dafür sorgen, dass Deutschlan­d nicht überbelast­et wird. In der Klimafrage wollen wir CO2 einsparen, aber dafür nicht den wirtschaft­lichen Wohlstand aufs Spiel setzen. Es ergibt ja keinen Sinn, wenn Deutschlan­d für sich allein höchstambi­tionierte Klimaziele verfolgt, aber alle anderen machen es nicht. In Deutschlan­d haben wir dann einen deutlichen Wohlstands­verlust, und alle anderen nicht. Da braucht es differenzi­ertere Positionen, aber davon profitiert man dann eben nicht politisch – so wie wir derzeit.

Hätte die FDP nicht selbst längst eigene Antworten auf die Klimafrage geben müssen?

Ich glaube nicht, dass wir in der Klimadebat­te wesentlich­e Fehler gemacht haben. Es ist schön, wenn sich junge Menschen wie Greta Thunberg engagieren, auch bei „Fridays for Future“. Klar ist aber auch: Die Lösung der Frage, wie man Klimapolit­ik mit dem Erhalt des wirtschaft­lichen Wohlstands verbinden kann, wird nicht eine 16-jährige Schwedin liefern.

Ist Greta Thunberg ein Profi auf diesem Gebiet?

Sicher nicht. Sie ist ein Profi des Protests, sie ist Profi im Vertreten eines berechtigt­en Anliegens. Das spreche ich ihr gar nicht ab. Aber sie erhebt zum Teil unrealisti­sche Forderunge­n, die wir so nicht verantwort­en können. Es kann auch nicht sein, dass alle sagen: Die gesamte Politik hört jetzt auf das Kommando von Greta Thunberg.

Sind die Grünen in Baden-Württember­g die neue CDU - so, wie sie versuchen, ihre Macht zu festigen und Posten besetzen etwa?

Ja. Wobei die Grünen so dreist Patronage-Politik betreiben, wie es die CDU nie gewagt hätte. Die Grünen betreiben das, was sie bei der CDU jahrzehnte­lang kritisiert haben, nun selbst – und noch schlimmer als die CDU. Sie bauen massiv Stellen in Ministerie­n auf. In Brüssel leistet sich der Ministerpr­äsident einen Büroleiter – warum, muss man sich schon fragen, denn wie oft ist Herr Kretschman­n in Brüssel? Rechtferti­gen seine Aufgaben dort wirklich einen solchen Aufwand? Das ist also an sich schon eine kropfüberf­lüssige Position. Diesem Büroleiter zahlt nun der Steuerzahl­er pro Jahr 100 000 Euro für die Beschulung seiner Kinder. Früher hätte es da einen medialen Aufschrei gegeben, aber die Grünen merken, dass die Medien mit ihnen gnädiger sind. Deswegen machen sie einfach weiter.

Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) steht in der Kritik. Er soll Gelder an die Stiftung des Kabarettis­ten Christoph Sonntag bewilligt haben, die dieser wiederum veruntreut habe. Was muss jetzt passieren?

Es gilt, diese Vorwürfe gegen Christoph Sonntag und den Minister Lucha aufzukläre­n. Wir haben bereits am Samstag einen Fragenkata­log an die Landesregi­erung dazu eingereich­t. Es wird sich zeigen, ob da ein Amigo-Bündnis am Werk war.

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FOTO: DPA Abteilung Attacke: FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke wirft den Grünen vor, ihre Macht im Land auszunutze­n, um wichtige Posten mit Parteigäng­ern zu besetzen.

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