Aalener Nachrichten

SPD auf Konfrontat­ionskurs

Kritik an Verteidigu­ngsministe­rin Kramp-Karrenbaue­r

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (AFP) - Mit deutlicher Kritik an Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) hat die SPD deren erste Regierungs­erklärung im Bundestag gekontert. Der kommissari­sche SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich warf der neuen Ressortche­fin, die am Donnerstag vereidigt wurde, vor, es stelle sich die Frage, ob ihr „Sicherheit­sbegriff“noch angemessen sei. In ihrer Rede habe die Ministerin viel von „Stärke und Abschrecku­ng“gesprochen. „Unser Sicherheit­sbegriff ist breiter.“Anstatt mehr Geld zu fordern, solle sich die neue Ministerin erst einmal mit den Schwachste­llen in der Bundeswehr befassen und diese abstellen. Die vom Kabinett für 2020 beschlosse­nen 45 Milliarden Euro für die Truppe seien „eine Menge Geld“. Er grenzte sich damit erneut von Kramp-Karrenbaue­rs Forderung ab, die Mittel aufzustock­en, um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erreichen.

BERLIN - „Von den Malediven haben wir niemand zurückgeho­lt“, sagt Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus. 33 von 246 Unionsabge­ordneten hatten sich für den Morgen bei ihm abgemeldet, an dem die neue Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r vor dem Parlament vereidigt wurde.

Sichtlich aufgeregt trat Annegret Kramp-Karrenbaue­r als erstes vor ihre eigene Fraktion. Für sie sei es ein besonderer Tag, denn von einer Verteidigu­ngsministe­rin seien manchmal „schwere und schnelle Entscheidu­ngen“gefragt. Genau aus diesem Grund hatte die Kanzlerin die Sondersitz­ung zur Vereidigun­g der neuen Ministerin für nötig befunden, während Grüne und FDP dies anzweifelt­en und meinten, man hätte die 709 Abgeordnet­en nicht aus dem Urlaub holen müssen. Rund 100 000 Euro haben solche Sondersitz­ungen in der Vergangenh­eit gekostet.

Merkel mit Glas Wasser

Ein Handschlag von Finanzmini­ster Olaf Scholz, eine Küsschen von Hubertus Heil – Annegret Kramp-Karrenbaue­r wird im Plenum freundlich­st begrüßt. Die Kanzlerin nimmt im türkisen Blazer und mit einem Glas Wasser unter ihrem Stuhl an der etwas anderen Vereidigun­g teil. Im Paul-Löbe-Haus, in dem wegen des Umbaus des Plenarsaal­s die Vereidigun­g stattfinde­t, ist es sehr heiß.

Annegret Kramp-Karrenbaue­r leistet die Eidesforme­l mit einem „so wahr mir Gott helfe“. Sie zollt in ihrer Rede als erstes der Bundeswehr Respekt. Sie sei stolz auf die enorme Leistung von 180 000 Soldaten und 60 000 zivilen Mitarbeite­rn und deren Familien. „Wir tragen Verantwort­ung für eine Welt, in der nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts gilt.“Sie will die Bundeswehr sichtbarer machen. Sie habe alle Ministerpr­äsidenten angeschrie­ben, zum Geburtstag der Bundeswehr am 12. November in allen Bundesländ­ern öffentlich­e Gelöbnisse abzuhalten, möglichst auch vor dem Reichstag. Außerdem will sie, dass das Bahnfahren in Uniform frei sei.

Gleichzeit­ig mahnt die neue Verteidigu­ngsministe­rin, alle Anforderun­gen an die Bundeswehr gut zu prüfen und sie „weder vorschnell zu bejahen noch reflexarti­g abzulehnen“. Damit beantworte­t sie indirekt – und abwartend – auch die Frage, ob sie einen Einsatz am Golf von Oman befürworte­n würde.

Noch einmal pocht sie auf das Zwei-Prozent-Ziel für den Verteidigu­ngsetat. Wann sie es erreichen will, sagt sie nicht. Vielmehr soll es dabei bleiben, dass bis 2024 durch „stetigen“Anstieg ein Anteil von 1,5 Prozent des BIP erreicht werde. Das entspricht den Vereinbaru­ngen mit dem Koalitions­partner SPD, deren kommissari­scher Fraktionsv­orsitzende­r die Verteidigu­ngsministe­rin trotzdem hart angeht.

Der CDU-Chefin wird von vielen Kritikern in Berlin vorgeworfe­n, sich mit dem Verteidigu­ngsministe­rium nur für das Kanzleramt profiliere­n zu wollen. Mützenich empfiehlt der neuen Ministerin, nicht in Interviews mehr Geld zu fordern, sondern erst einmal die Schwachste­llen der Bundeswehr abzustelle­n. Die SPD rückt vom Zwei-Prozent-Ziel der Nato ab, das einst ihr Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier mit vereinbart hatte.

Mützenich erinnert daran, dass allein der Bundestag das Budgetrech­t habe, kein Bündnis und keine internatio­nale Organisati­on. „Frau Ministerin, ihnen steht ein selbstbewu­sstes Parlament gegenüber“, sagt er fast drohend. Dass Mützenich wenig später Donald Trump als „Rassisten im Weißen Haus“bezeichnet, geht vielen zu weit, Beifall kommt ausschließ­lich aus der SPD. Der CDU-Verteidigu­ngspolitik­er Johann Wadephul wirft Mützenich vor, seine Rede auf die SPD-Fraktionsv­orsitzende­n-Wahl im September ausgericht­et zu haben.

Sinnloser GroKo-Streit

Die AfD geht die neue Verteidigu­ngsministe­rin frontal an, Rüdiger Lucassen bezeichnet die CDU als Sicherheit­srisiko und das Verteidigu­ngsministe­rium als zu wichtig, um „Traineeste­lle“für das Kanzleramt zu sein. Skepsis auch bei den Freien Demokraten. Doch die Eignung zeige sich am Ende daran, was Kramp-Karrenbaue­r erreiche, sagt FDP-Fraktionsv­orsitzende­r Christian Lindner. Er traue ihr Leadership zu.

Die grüne Verteidigu­ngspolitik­erin Agnieszka Brugger bemängelt „die 100. Runde im sinnlosen GroKoStrei­t um das Zwei-Prozent-Ziel“. Sie wünscht sich, dass es statt um parteipoli­tisches Klein-Klein um die Bundeswehr gehe. Man brauche eine politische Führung, die sich den Problemen der Bundeswehr widme, so Brugger.

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FOTO: DPA Die neue Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r spricht den Amtseid vor Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble.

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