Eigenmächtige Ferienverlängerung kann teuer werden
Schulschwänzen kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden – Pädagogen halten auch die letzten Tage im Schuljahr für wertvoll
RAVENSBURG (sz) - In ganz Deutschland ruht von Freitag an für eine Woche endgültig der reguläre Schulbetrieb. Mit Baden-Württemberg und Bayern stellen auch die beiden letzten Bundesländer auf den Ferienmodus um, ehe in der ersten vollen Augustwoche in Berlin, Brandenburg und Hamburg wieder Schulalltag beginnt.
Ferienzeit = Urlaubszeit. Volle Hotels und Campingplätze, ausgebuchte Flieger. Volle Straßen, Hochsaisonpreise. Eltern können den Versuchungen nicht widerstehen, auf dem Schnäppchenmarkt einen günstigeren Flug zu buchen oder mit einer vermeintlich einfachen Methode Staus zu umgehen. Sie nehmen ihre Kinder schon vor Ferienbeginn aus dem Unterricht oder kehren erst nach Schulanfang mit ihren Kindern aus dem Urlaub zurück. Ob sich das alles dann auch rechnet, hängt stark vom Verhalten der Schule und der Schulträger ab, die empfindliche Bußgelder verhängen können.
Juli 2018. Auf Berichte über ein besonderes Augenmerk der Bundespolizei auf reisende, schulpflichtige Kinder an den bayerischen Flughäfen Memmingen, Nürnberg und München reagiert das Münchner Kultusministerium beschwichtigend: „Die Familien werden nicht am Flughafen festgehalten, sondern können ihre Reise trotzdem antreten.“Ein Brief samt Rechnung von der Schulverwaltung könne aber sehr wohl folgen.
Denn in Deutschland – Details regeln die Länder – herrscht eine allgemeine Schulpflicht. Einfach freioder blaumachen geht nicht. „Wenn jeder seinen ganz persönlichen Ferienbeginn festlegen würde, dann wäre für unsere Schulen kein geregelter Unterricht mehr möglich“, sagt die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Außerdem sei es wichtig, dass Eltern ihren Kindern Wertschätzung gegenüber der Schule vorlebten.
Mit gezielten Kontrollen müssen die Reisenden in diesem Jahr allerdings weder in Baden-Württemberg noch in Bayern rechnen. „Es läuft keiner der Beamten der Bundespolizei jetzt hier am Flughafen durchs Terminal und sucht nach Minderjährigen“, sagt Saskia Bredewald von der Bundespolizei am Stuttgarter Flughafen. Dennoch würden hin und wieder Eltern erwischt, als „Beifang“wie Bredewald sagt. Man hake bei Grenzkontrollen ab und zu nach, wenn es sich um möglicherweise schulpflichtige Kinder handele.
Matthias Schneider, Sprecher der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft im Südwesten, wehrt sich gegen die häufig zu hörende Meinung, in den letzten Tagen vor den Ferien passiere ja gar nichts mehr an den Schulen, der Unterricht sei eingestellt. Wandertage oder Projekttage, ohne großen Leistungsdruck, seien wertvoll und wichtig. Ebenso zeigt Carsten Rees, Vorsitzender des Elternbeirats, kein Verständnis für eigenmächtige Ferienverlängerungen. Man wolle keine Schulgleitzeit.
Verstöße gegen die Schulpflicht gelten laut Schulgesetz als Ordnungswidrigkeiten und können mit Geldbußen von bis zu 1000 Euro geahndet werden. In Nürnberg wurde dieser Rahmen vor einigen Jahren ausgeschöpft, nachdem die Polizei Urlaubsrückkehrer kontrolliert und gemeldet hatte. Beurlaubungen sind laut Schulbesuchsverordnung nur in Ausnahmefällen möglich, zum Beispiel bei Kuren, Sportwettkämpfen, wissenschaftlichen und künstlerischen Wettbewerben, Hochzeiten oder Todesfällen in der Familie. Zuletzt nahm die Stadt Mannheim sogar Bußgeldbescheide gegen Teilnehmer an den „Fridays for Future“Schülerdemos wegen Unterrichtschwänzens zurück.
Doch Vorsicht ist angebracht. So hat die Stadt Freiburg im Frühjahr die Bußgelder verdoppelt: von 50 auf 100 Euro je versäumten Schultag. Es habe sich in der Vergangenheit um Einzelfälle gehandelt. Dieses Jahr liefen allerdings schon sieben Bußgeldverfahren gegen Ferienverlängerer, heißt es von der Stadt – noch vor den großen Ferien. Heidelberg droht zwischen 100 und 150 Euro je Fall und im Wiederholungsfall 250 Euro an. Stuttgart veranschlagt im Schnitt 150 Euro je versäumten Schultag. Karlsruhe verlangt mindestens 200 Euro pro Fall, sofern dieser aufgegriffen wird.