Scheuer in der Maut-Mangel
Abgeordnete geben dem Verkehrsminister noch eine Gnadenfrist, bevor sie über einen Untersuchungsausschuss entscheiden
BERLIN (dpa) - Im Streit um die Kosten der gescheiterten Pkw-Maut geht das Kräftemessen zwischen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und der Opposition in die nächste Runde. Scheuer brachte am Mittwoch zur Sondersitzung des Verkehrsausschusses ordnerweise Akten mit, die die Abgeordneten nun sichten wollen – um dann zu entscheiden, ob ein Untersuchungsausschuss nötig ist.
Im Zentrum steht die Frage, ob Scheuer die Verträge voreilig abgeschlossen hat und damit Verantwortung trägt für Schadenersatzansprüche, die die eigentlich geplanten Betreiber nun geltend machen könnten. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer war jedenfalls nicht zufrieden: „Wir sind leider heute nicht weitergekommen“, sagte er nach der knapp zweistündigen Sitzung. Scheuer habe wichtige Fragen nicht beantworten können – vor allem, welche Forderungen auf den Bund zukämen. Der Minister habe die Chance verpasst, Transparenz herzustellen und politische Verantwortung zu übernehmen. „Im Gegenteil: Alle anderen sind schuld, außer Minister Scheuer.“
Der Minister selbst sieht das ganz anders. Die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut mit den Firmen Kapsch und CTS Eventim hatte er schon ins Netz gestellt, und er komme dem Informationsbedürfnis des Parlaments auch weiterhin „vollumfassend“nach, sagte er: „Wir haben nichts zu verbergen.“
FDP, Linke und Grüne hatten am Vortag über die Verträge hinaus auch Einsicht in interne Kommunikation und weitere Dokumente des Ministeriums gefordert – und zwar komplett seit Januar 2017. 21 Aktenordner brachte Scheuer auf einem kleinen Rollwagen mit – zehn mit den bereits veröffentlichten Mautverträgen, elf weitere mit Kommunikation, Risikobewertungen, Statusberichten und weiterem.
Im September, wenn die Unterlagen gesichtet seien und Forderungen der Betreiber wohl vorlägen, werde man die Lage noch mal neu bewerten, sagte Oliver Luksic von der FDP. Es sei „fair und der Sache angemessen“, sich erst mal anzuschauen, was Scheuer geliefert habe. „Wenn wir den Verdacht haben, dass wir hier eine gefilterte Wahrheit bekommen, dass wichtige Unterlagen vorenthalten wurden, dass die Unwahrheit gesagt wurde, dann werden wir im September über einen Untersuchungsausschuss reden müssen.“
Ähnlich äußerte sich Linke-Politiker Jörg Cezanne. Der AfD-Verkehrspolitiker Dirk Spaniel befand hingegen, Scheuer habe die Fragen im Ausschuss „zufriedenstellend“beantwortet und weitere Aufklärung zugesagt. Es sei bisher kein Vertuschungsversuch zu erkennen.
Die Maut war ein Prestigeprojekt der CSU, das sie gegen Widerstand der SPD und Bedenken in der CDU durchgesetzt hatte. Am 18. Juni kippte das EU-Gericht das Vorhaben.