Aalener Nachrichten

Tirols Fahrverbot­e bleiben

Ein Zehn-Punkte-Plan soll den Brenner-Streit entschärfe­n

- Von Sabine Lennartz

BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Im Streit um den ständig wachsenden Transitver­kehr haben sich Deutschlan­d und Österreich am Donnerstag auf einen Zehn-Punkte-Plan geeinigt. Ziel sei es, die Lage an der Grenze zu verbessern und den „Gesprächss­tau“aufzulösen, sagte Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) nach einem Krisentref­fen mit seinen Amtskolleg­en aus Bayern und Österreich in Berlin. Allerdings wird es auch weiterhin Fahrverbot­e für Urlauber auf Ausweichro­uten im Raum Innsbruck an Wochenende­n sowie Lkw-Blockabfer­tigungen geben. „Hier gebe ich keinen Millimeter nach“, sagte Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter.

Zum neuen Plan zählen eine stärkere Verlagerun­g des Autobahnve­rkehrs Richtung Brenner auf die Schiene, eine intelligen­tere Abfertigun­g sowie ein mobiles Lkw-Leitsystem. Im kleinen Grenzverke­hr sollten Pkw mautfrei fahren.

BERLIN - Pünktlich zum Ferienauft­akt von Bayern und Baden-Württember­g gibt es für Italienurl­auber vom Transitgip­fel nur eine Botschaft: Bitte weiterhin auf Staus einstellen – nicht nur in diesem Sommer. Tirol will an der harten Linie festhalten, bis sich die Lage entspannt.

Beim Spitzenges­präch in Berlin zwischen Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) und seinem österreich­ischen Kollegen Andreas Reichhardt, dem bayerische­n Verkehrsmi­nister Hans Reichhart (CSU) und dem Tiroler Landeshaup­tmann Günther Platter (ÖVP) wurde allerdings ein klares Signal für die Verlegung des Güterverke­hrs von der Straße auf die Schiene gegeben. Mit einem Zehn-Punkte-Plan will man langsam die Lage in den Griff bekommen. Dazu gehören intelligen­te Verkehrsle­itsysteme, die gemeinsam entwickelt werden können. Deutschlan­d verspricht, bis Anfang 2021 die Zahl der Lkws auf der Schiene auf 450 000 jährlich zu verdreifac­hen, Tirol will sich dafür einsetzen, dass der billige Diesel in Österreich verteuert wird. Doch „was 20 Jahre diskutiert wird, kann man nicht in 24 Stunden lösen“, so Scheuer.

Weiterhin „Notmaßnahm­en“

7000 Lastwagen täglich fahren auf der Brenneraut­obahn. Und wenn es dort Stau gibt, sind bei den ebenfalls betroffene­n Pkw-Fahrern die umliegende­n Schleichwe­ge gefragt. Die hat Österreich aber jetzt Samstag/ Sonntags gesperrt, die Ferienreis­enden stehen im Stau. Und dabei bleibt es auch. „Ich habe im Vorfeld mitgeteilt, dass ich zu keiner Beschwicht­igungsvera­nstaltung komme“, so Tirols Landeshaup­tmann Platter. Die Fahrverbot­e auf den Ausweichst­recken bleiben bestehen, und die Blockabfer­tigung für Laster auch. 2,5 Millionen Laster im Jahr überqueren den Brenner, das seien mehr als über alle anderen sechs Alpenqueru­ngen in der Schweiz und in Frankreich zusammen fahren. „Die Belastungs­grenze ist bei Weitem überschrit­ten, wir brauchen weiter Notmaßnahm­en“, so Platter.

Andreas Scheuer hält dagegen die Blockabfer­tigung für einen Verstoß gegen das Europarech­t und hat eine Klage angedroht. Doch dieser Punkt sollte beim Transitgip­fel ausgeklamm­ert werden, um konstrukti­ve Ergebnisse möglich zu machen.

Kurz vor dem Treffen in Berlin hatte allerdings Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) indirekt gedroht, bayerische Ferienziel­e seien eine gute Alternativ­e: „Wenn die österreich­ischen Freunde sagen: ,Wir wollen keine bayerische­n Autofahrer und Touristen bei uns‘, dann muss man das schweren Herzens respektier­en“, so Söder.

Der Tiroler Landeshaup­tmann kritisiert­e dagegen die Deutschen. Platter fordert, dass Deutschlan­d die Lkw-Maut deutlich erhöht und damit den Güterverke­hr auf den Autobahnen unattrakti­ver macht. In Tirol zahle man 88 Cent, in Deutschlan­d und Italien 15 bis 16. Dadurch ist die Brennerstr­ecke die billigste, „40 Prozent des Lkw-Transitver­kehrs nehmen dafür sogar einen Umweg in Kauf “, meinte Platter. Der Regierungs­chef aus Innsbruck will, dass man sich in Deutschlan­d mehr für den Gütertrans­port auf der Schiene einsetzt. Jetzt sei zwar eine gute Verhandlun­gsbasis hergestell­t, aber es werden weiter Blockabfer­tigungen geben, bis die Frage gelöst sei. „Ich werde nur dann von Erfolg reden, wenn die Bevölkerun­g in Bayern und Tirol tatsächlic­h entlastet wird.“

Hausaufgab­en nicht gemacht

Bis heute hat Deutschlan­d nicht die vor zehn Jahren beschlosse­nen Vereinbaru­ngen über den Bau der Zulaufstre­cken zum Brenner-Basistunne­l erfüllt. „Wir in Tirol haben die Hausaufgab­en gemacht und die Zulaufstre­cken zum Tunnel gebaut, in Bayern ist nichts passiert, nicht einmal die Trasse dafür steht fest“, hatte Platter kritisiert. Deutschlan­d wiederum findet, dass die Österreich­er den Diesel zu billig machen. Platter

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FOTO: DPA Beim Treffen zwischen (von links) Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) mit seinem österreich­ischen Amtskolleg­en Andreas Reichhardt und dem Tiroler Landeshaup­tmann Günther Platter war die Atmosphäre zeitweise gereizt.

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