Lebensmittel-FBI kontrolliert jetzt Tierzucht-Großbetriebe
Bayerns Verbraucherschutzminister stärkt nach Allgäuer Tierquälerei-Skandal die Kontrollbehörde des Landes
MÜNCHEN - Mit mehr Zuständigkeiten und mehr Personal für die Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) reagiert der bayerische Umwelt- und Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber (FW) auf den Tierquälereiskandal im Unterallgäu. Die auch als „Lebensmittel-FBI“betitelte Behörde soll künftig die 85 größten Rinderund Schweinehaltungsbetriebe im Freistaat überwachen, mit deren Kontrolle die Veterinärämter an den Landratsämtern überfordert seien, sagte Glauber am Donnerstag in einer Sondersitzung des Umweltausschusses des Landtags.
Die erst vor eineinhalb Jahren gegründete Behörde hatte unter dem Eindruck des „Bayern-Ei“-Lebensmittelskandals bisher vor allem die 125 größten bayerischen Geflügelzuchtbetriebe mit 40 000 Mastplätzen und mehr im Freistaat zu überwachen, dazu große Schlachtbetriebe, Molkereien und Fleischwarenhersteller. Um auch die Schweineund Rindermassenhaltungen zu kontrollieren, soll die Behörde 25 weitere Planstellen bekommen, kündigte Glauber an. Außerdem sollen zu den bisherigen KBLV-Standorten Erding und Kulmbach zwei weitere in Schwaben und Franken kommen.
Vertreter der Landtagsfraktionen begrüßten die eingeleiteten Maßnahmen. Allerdings seien diese nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte die Ausschussvorsitzende Rosi Steinberger (Grüne). SPD-Umweltexperte Florian von Brunn betonte, seit 13 Jahren habe das Landratsamt Unterallgäu immer wieder auf das Personaldefizit seiner Veterinärbehörde hingewiesen. „Warum muss das Kind immer erst in den Brunnen fallen, bevor Reformen eingeleitet werden?“Immerhin sollen jetzt dem Unterallgäuer Landratsamt zwei zusätzliche Tierärzte zugewiesen werden.
Videos, die Anfang Juli von der „Soko Tierschutz“an Medien weitergegeben worden waren, hatten krasse Tierschutzverstöße im Milchviehbetrieb Endres in Bad Grönenbach offenbart, die Glauber am Donnerstag noch einmal als „kriminell“brandmarkte. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft. Dem Betriebsleiter sei die Sachkunde nach dem Tierschutzrecht aberkannt worden, berichtete Glauber. Ein neuer Chef muss eingestellt werden. Dem Personal seien Nottötungen und Notschlachtungen verboten worden. Dies dürften nur noch Tierärzte vornehmen. Für jedes Tier in dem 1.800 Kühe zählenden Betrieb, muss jetzt eine Art Krankenakte geführt werden.
Die bayerische Staatsregierung kämpfe seit Jahren dafür, dass große Strukturen dieser Art „ein Ende haben sollen“, sagte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). Im Freistaat seien nur fünf Betriebe mit mehr als 500 Rindern bekannt. Es sei zu hoffen, dass auf europäischer Ebene die Fördergrenzen für Großbetriebe gekappt würden.