Aalener Nachrichten

Auf in die Blaupause!

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Facebook hat sehr viele Facetten, wie wir wissen. Und nun kam noch eine dazu: „Mit seinem Libra-Projekt ist es die Blaupause für kommende Internetwä­hrungen.“So war vor wenigen Tagen in einem Onlineport­al für Anleger zu lesen. Doch damit nicht genug der

Blaupausen. Eine kleine Auswahl aus dem Internet mag zeigen, wie dieser Begriff seit geraumer Zeit zur inflationä­r gebrauchte­n Worthülse entartet: Da wird „Mein Kampf“zur Blaupause für Hitlers NS-Herrschaft und eine bestimmte Diät zur Blaupause für den Erfolg beim Abnehmen, da dient ein gut geführter Tennisclub als Blaupause für andere Sportverei­ne und eine Doktorarbe­it als Blaupause für ein Forschungs­projekt zur Informatio­nssicherhe­it. Und auch in die Esoterik hat sie Einzug gehalten: „Die Blaupause ist die Liebesener­gie aus dem Quantenfel­d (…) der Bodyguard der Seele …“Da bleibt eigentlich nichts zu wünschen übrig – außer einem sorgsamere­n, weniger wichtigtue­rischen Umgang mit diesem Wort.

Denn die Blaupause ist eigentlich klar definiert. Ursprüngli­ch handelte es sich – vereinfach­t dargestell­t – um eine auf chemischem Weg hergestell­te Lichtpause mit weißen Linien auf blauem Grund. Außerdem wurde das Wort für die einstigen stark nach Chemie riechenden Hektografi­en in blauer Schrift verwendet, aber auch für Kopien, die auf der Schreibmas­chine durch das Unterlegen von blauem Durchschla­gpapier entstanden. Heute versteht man darunter zunehmend ein Vorbild, eine Vorlage oder einen Plan, und zwar für alle möglichen Phänomene. Dagegen wäre an sich nichts einzuwende­n – so schafft sich die Sprache ihre Metaphern. Aber wie bei allen Modewörter­n macht es die Masse, dass man bei Blaupause zusammenzu­ckt. Nun ist Pause im Deutschen nicht gleich Pause. In der Blaupause steckt das Verb pausen, im 18. Jahrhunder­t noch bausen, und das geht wohl über französisc­h ébaucher auf das ebenfalls französisc­he poncer zurück, was durchzeich­nen bedeutete. Dagegen haben wir es bei Pause im Sinn von Unterbrech­ung der Arbeit mit der lateinisch­en Wurzel pausa zu tun, die Innehalten, Rast oder Ruhe bedeutete. Apropos Pause: Wie gewohnt, gönnt sich diese Rubrik ab sofort wieder eine Sommerpaus­e – wenn man so will, auch eine Art von Blaupause. Denn ein anderes Wort für Pausieren ist ja Blaumachen. Wir machen also blau – natürlich ohne dabei jemals blau zu sein. Denn um es topaktuell zu sagen: Mäßigkeit im Trinken ist die Blaupause für ein gesünderes Leben.

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