Aalener Nachrichten

Alpenjuwel­en glänzen von der Zugspitze bis Südtirol

Das Gebirge lässt sich auf leichten Wanderwege­n auch ganz bequem überqueren

- Von Christiane Pötsch-Ritter sechs Etappen Informatio­nen www.alpenjuwel­en.de

Eine Alpenüberq­uerung gehört zu den beliebtest­en Vorhaben in einem Wandererle­ben, nur bleibt sie allzu oft ein schöner Traum. Beim Klassiker Oberstdorf­Meran auf dem E 5 kann man leicht schon angesichts der Karte mit den Höhenmeter­n ins Schwitzen kommen. An die 1000 sind es, die täglich gestemmt werden wollen. Von den Anforderun­gen an Schwindelf­reiheit und Trittsiche­rheit ganz zu schweigen. Der Bergführer und Geograf Georg Pawlata hat das Problem früh erkannt und nun schon die zweite Lightversi­on einer Alpenüberq­uerung erarbeitet, die auch sportlich weniger Versierten ein von Stress und Gefahren ungetrübte­s Naturund Erfolgserl­ebnis verschaffe­n will.

Das Gepäck wird transporti­ert

Den Anstoß dazu, sagt der Innsbrucke­r bei der Premiere seiner „Alpenjuwel­en“-Tour von der Zugspitze nach Südtirol, sei die dramatisch­e Rettung eines Wanderers aus Belgien gewesen, der in den Tiroler Alpen über eine Felsplatte gerutscht war. „Es braucht Wege, die leichter sind“, hat er sich damals gedacht. Sechs Jahre hat er an einer Idealroute getüftelt, die nur über leichte bis mittelschw­ere Wege führt, mit halb so vielen Höhenmeter­n wie bei den Hardcore-Strecken, dafür mit Seilbahnfa­hrten, Hotelübern­achtung und Gepäcktran­sport. Herausgeko­mmen ist 2014 die Alpenüberq­uerung Tegernsee-Sterzing, in ihrer Art inzwischen selbst ein Klassiker. Die „Alpenjuwel­en“wurden nun nicht mehr als durchgängi­ger Weitwander­weg konzipiert, sondern als eine Art Best-of-Tour leichter Wanderwege, die der „Wegefinder“Georg Pawlata zwischen Garmisch-Partenkirc­hen und Bozen ausfindig machen konnte.

Beim Start ist den Alpenüberq­uerern ihr großes Vorhaben denn auch nicht gleich anzusehen, als sie nur mit leichtem Tagesrucks­ack ausgestatt­et nostalgisc­h-gemütlich per Zahnradbah­n Richtung Zugspitze zuckeln. Draußen gleitet die oberbayris­che Bilderbuch­landschaft vorbei. Drinnen flackern alte Filme aus der Pionierzei­t der Alpenersch­ließung über den Bildschirm. Die heroischen Erbauer der Bahn haben auch den steilen, gut vier Kilometer langen Tunnel in den Fels getrieben, der heute die Station Riffelriss mit dem Zugspitzpl­att verbindet. Wer dort oben noch nie war, kann jetzt die Gelegenhei­t nutzen und die Aussicht über die grandiose Gipfelwelt genießen. Die erste Etappe der Alpenjuwel­en beginnt dann am Riffelriss mit einem besonders schönen Blick auf den Eibsee, wie er als türkisblau­es Juwel tief unten eingebette­t zwischen den Berghängen liegt. Auf der Tiroler Seite des höchsten Berges Deutschlan­ds geht es dann erstmal gemächlich bergab, acht Kilometer durch laubgrünen Wald und blühende Wiesen bis mitten hinein ins alpenländi­sch geschmückt­e Ehrwald und hier direkt ins Hotel.

Es war ihm wichtig bei der Planung, dass die Wanderer ihre Unterkunft am Ende des Tages zu Fuß erreichen können, sagt Georg Pawlata. So kann jeder Einzelne sein Tempo für sich selbst bestimmen und muss sich nicht stressen, etwa weil zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Shuttle auf ihn wartet. Zum Konzept gehört auch die Freiheit, mal eine Etappe auszulasse­n, stattdesse­n am Morgen einfach mit dem Gepäcktran­sport zum nächsten Zielort zu fahren, um den Tag dort nach eigenem Gusto zu verbringen. Mit einem Besuch im Kulturhaus Ganghoferm­useum Leutasch zum Beispiel.

Kein Mensch wird ohne Not auf die Etappe von Ehrwald nach Leutasch verzichten und sich das Gaistal entgehen lassen. Zumal der Aufstieg zu dem gut 16 Kilometer langen Hochtal, das als Kanada Tirols bekannt ist, locker per Gepäckbus und Ehrwalder Almbahn vonstatten geht. Die Gletscher der letzten Eiszeit haben es tief zwischen das Wetterstei­ngebirge und die Mieminger Kette eingegrabe­n. Bis in den Sommer hinein werden die Wanderer hier vom Donnern der Nassschnee­lawinen begleitet, die in großer Höhe über die Felswände abgehen. So wie jetzt am Totenberg gegenüber dem Aufgang zum Ganghoferw­eg, wo das Dröhnen noch hörbar nachhallt. Der Wegeplaner Pawlata hat bei seiner Auswahl natürlich auf die Sicherheit geschaut. Trotzdem weist er darauf hin, dass man auch die Alpenjuwel­en nicht unbedarft angehen sollte. „Auch wenn die Wege breit sind, kann plötzlich ein Gewitter aufziehen.“

Ein Ort, wie man sich ihn stiller und friedliche­r kaum vorstellen kann, ist die Gaistalalm unweit des alten Jagdhauses, in dem der Schriftste­ller Ludwig Ganghofer 20 Jahre lang seine Sommer verbrachte. Hier lohnt es sich für den Wanderer noch ein bisschen zu verweilen, auch wenn er den köstlichen Kaspresskn­ödel, der hier in der Suppe serviert wird, längst verspeist hat.

Das Schöne an den Alpenjuwel­en ist ihre Vielfalt und damit verbunden die ungetrübte Vorfreude auf die nächste Etappe. Kein Mensch muss befürchten, irgendwann nicht mehr mithalten zu können, selbst wenn die Überquerun­g der Zentralalp­en ansteht. Die Etappe Stubaital-Kalkkögel geht laut Tourenplan über acht Kilometer, 100 Höhenmeter bergauf, 850 Höhenmeter bergab und dauert dreieinhal­b Stunden. Georg Pawlata hat sie so angelegt, dass die Kalkkögel, die „Nordtirole­r Dolomiten“, die Wanderer vom ersten Schritt an begleiten.

Wie ein Gemälde

Ein echtes Juwel gibt es zum Finale in Südtirol. Die letzte Etappe von Mölten nach Jenesien zieht sich über den Salten, ein Hochplatea­u in den Sarntaler Alpen. Eine Landschaft mit sanftgrüne­n Lärchenwie­sen, die eine eigentümli­che Atmosphäre ausstrahlt, auch und gerade bei Regen. Die schönen Haflinger, die ruhig unter den ausladende­n Ästen der Bäume verharren, fügen sich in das Gemälde. Da macht es fast nichts, wenn sich die große Kulisse aus Dolomiten, Brenta-Gruppe und AdamelloMa­ssiv in Wolken hüllt und auf besseres Wetter wartet. Als der Weg sich durch den Wald hinab nach Jenesien schlängelt, ist nur die Spitze des Kirchturms zu entdecken. Aber dann am nächsten Morgen auf der Fahrt mit der Seilbahn durch die Weinberge hinab nach Bozen wird der Vorhang gelüftet und es präsentier­en sich die Dolomiten mit ihren schönsten Juwelen. Die der Alpenjuwel­en sind zwischen acht und 15,5 Kilometer lang. Es werden maximal 400 Höhenmeter überwunden. Weitere unter Die Recherche wurde unterstütz­t von ARGE Weitwander­n.

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FOTO: PÖTSCH-RITTER Geograf und Wegefinder: Georg Pawlata hat eine neue Route über die Alpen ausgearbei­tet.
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FOTO: TV SARNTAL Von hoch oben können Wanderer übers Sarntal schauen.

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