Die EAV feiert ein Begräbnis erster Klasse
Abschiedstournee der Ersten Allgemeinen Verunsicherung macht Station auf der Kapfenburg
LAUCHHEIM-HÜLEN - Selten zuvor dürften sich so viele Menschen über den Tod gefreut haben wie beim Konzert der Ersten Allgemeinen Verunsicherung (EAV) auf der Kapfenburg. Aber der Reihe nach.
Dem Wiener wird ein beinahe kumpelhaftes Verhältnis zum Sensenmann nachgesagt. Der Tod wird dort zwar hin-, aber nicht unbedingt ernst genommen. Und so wunderte es nicht, dass die Austropop-Legenden der Ersten Allgemeinen Verunsicherung den Auftakt zu ihrem Konzert als Begräbnis inszenierten. Zu düsteren Orgelklängen wurde Frontmann Klaus Eberhartinger im Sarg auf die Bühne getragen, wozu er die bitterböse Hymne „Vorbei“intonierte, in der ein Toter mit all den Scheinheiligen abrechnet, die an seinem Grabe Trauer heucheln.
Ein ruhiges Stück zum Auftakt, aber genau richtig für die Eingeweihten unter den EAV-Fans. Denn nach 40 Jahren Band-Geschichte hatte die österreichische Combo eine Abschiedstournee angekündigt. Da kann man schon mal im Sarg probeliegen. Einige der einleitenden Moderationen Eberhartingers drifteten auch etwas ins Morbide. Etwa als er den älteren Zuhörern empfahl, hin und wieder mit der Hand im Blumentopf zu schlafen, um sich an das Erdreich zu gewöhnen, oder als er angesichts der Hitze auf der Burg meinte: „Das hier ist nicht der Zentralfriedhof, sondern wohl eher das Krematorium.“
Aber die makabre Note wich bald einer Rückschau auf 40 Jahre pralles Musikschaffen zwischen Nonsens vom Feinsten und hintergründiger Sozialkritik. Mit „Ba-Ba-Banküberfall“stimmte die Band ihren ersten Klassiker aus den 80er-Jahren an, dem noch viele weitere folgen sollten. Die EAV wurde ja oft in die Schublade der Blödelbarden gesteckt. Dabei funkeln gerade die nachdenklichen und kritischen Songs der Band heute wie ehedem, so wie „‘s Muaterl“, in dem sich eine alte Frau beim Herrgott über die Ungerechtigkeit auf der Erde (und das manchmal unterirdische Bodenpersonal des Herrn) beklagt. Die spitze Feder von Thomas Spitzer, dem Komponisten und Texter, der von Anfang an dabei war und als Kopf der Gruppe gilt, nahm Politiker genauso aufs Korn wie den Papst, gab aber gelegentlich auch den Berufsbetroffenen einen mit: „Pack die Badehose ein, die Sintflut ist da!“
Auch Donald Trump kriegt einen mit
Neben bekanntem Liedgut gab es Ausschnitte aus dem jüngeren Schaffen, darunter „Am rechten Ort“über eine Wohlstandsgesellschaft, die unzufrieden ist, obwohl es ihr im Vergleich zu den meisten anderen Ländern, in denen Armut und Unterdrückung herrschen, sehr gut geht. Oder „Rechts, 2, 3“, das sich gegen Rechtsextremismus stark macht. Auch Donald Trump mit seiner Sucht nach Blitzlichtern bekam sein Fett weg: „Da strahlt das Stroh so schön, das ihm durch die Schädeldecke wächst.“Treffer, versenkt.
Nicht fehlen durften in der lauen Sommernacht vor einem begeisterten (und nicht nur reiferen) Publikum auch die „Heißen Nächte in Palermo“oder das „Burli“, jener Song über Radioaktivität, dem seinerzeit der Bayerische Rundfunk die RadioAktivität verweigerte. Die Stimme des Chronisten war zu diesem Zeitpunkt schon heiser vom Mitsingen. Mit dem „Sandlerkönig Eberhard“, einer Ballade über Liebe, Alkohol und Tod, steuerte das Konzert auf den Schlusspunkt zu. Und er kam, höchstselbst: „Der Tod“, das düsterkultige Opus über den Sensenmann, der, beschwipst vom Jagertee, von seinem Opfer ab- und sich in den Zug nach Salzburg setzen lässt, denn „dort ist der Tod dahoam“.
Die EAV hat sich somit selbst ein Begräbnis erster Klasse geschenkt: Eberhartinger (der immer wieder die tolle Location lobte), Spitzer und Bandkollegen waren in Topform, auch wenn die Bässe bei manchen Songs etwas zu dominant durchkamen. Und wer weiß, vielleicht war das doch noch nicht das Letzte von der EAV? Das letzte Stück im Zugabenteil machte Hoffnung: „Morgen, ja morgen, fang’ ich ein neues Leben an.“