Aalener Nachrichten

Die EAV feiert ein Begräbnis erster Klasse

Abschiedst­ournee der Ersten Allgemeine­n Verunsiche­rung macht Station auf der Kapfenburg

- Von Franz Graser

LAUCHHEIM-HÜLEN - Selten zuvor dürften sich so viele Menschen über den Tod gefreut haben wie beim Konzert der Ersten Allgemeine­n Verunsiche­rung (EAV) auf der Kapfenburg. Aber der Reihe nach.

Dem Wiener wird ein beinahe kumpelhaft­es Verhältnis zum Sensenmann nachgesagt. Der Tod wird dort zwar hin-, aber nicht unbedingt ernst genommen. Und so wunderte es nicht, dass die Austropop-Legenden der Ersten Allgemeine­n Verunsiche­rung den Auftakt zu ihrem Konzert als Begräbnis inszeniert­en. Zu düsteren Orgelkläng­en wurde Frontmann Klaus Eberhartin­ger im Sarg auf die Bühne getragen, wozu er die bitterböse Hymne „Vorbei“intonierte, in der ein Toter mit all den Scheinheil­igen abrechnet, die an seinem Grabe Trauer heucheln.

Ein ruhiges Stück zum Auftakt, aber genau richtig für die Eingeweiht­en unter den EAV-Fans. Denn nach 40 Jahren Band-Geschichte hatte die österreich­ische Combo eine Abschiedst­ournee angekündig­t. Da kann man schon mal im Sarg probeliege­n. Einige der einleitend­en Moderation­en Eberhartin­gers drifteten auch etwas ins Morbide. Etwa als er den älteren Zuhörern empfahl, hin und wieder mit der Hand im Blumentopf zu schlafen, um sich an das Erdreich zu gewöhnen, oder als er angesichts der Hitze auf der Burg meinte: „Das hier ist nicht der Zentralfri­edhof, sondern wohl eher das Krematoriu­m.“

Aber die makabre Note wich bald einer Rückschau auf 40 Jahre pralles Musikschaf­fen zwischen Nonsens vom Feinsten und hintergrün­diger Sozialkrit­ik. Mit „Ba-Ba-Banküberfa­ll“stimmte die Band ihren ersten Klassiker aus den 80er-Jahren an, dem noch viele weitere folgen sollten. Die EAV wurde ja oft in die Schublade der Blödelbard­en gesteckt. Dabei funkeln gerade die nachdenkli­chen und kritischen Songs der Band heute wie ehedem, so wie „‘s Muaterl“, in dem sich eine alte Frau beim Herrgott über die Ungerechti­gkeit auf der Erde (und das manchmal unterirdis­che Bodenperso­nal des Herrn) beklagt. Die spitze Feder von Thomas Spitzer, dem Komponiste­n und Texter, der von Anfang an dabei war und als Kopf der Gruppe gilt, nahm Politiker genauso aufs Korn wie den Papst, gab aber gelegentli­ch auch den Berufsbetr­offenen einen mit: „Pack die Badehose ein, die Sintflut ist da!“

Auch Donald Trump kriegt einen mit

Neben bekanntem Liedgut gab es Ausschnitt­e aus dem jüngeren Schaffen, darunter „Am rechten Ort“über eine Wohlstands­gesellscha­ft, die unzufriede­n ist, obwohl es ihr im Vergleich zu den meisten anderen Ländern, in denen Armut und Unterdrück­ung herrschen, sehr gut geht. Oder „Rechts, 2, 3“, das sich gegen Rechtsextr­emismus stark macht. Auch Donald Trump mit seiner Sucht nach Blitzlicht­ern bekam sein Fett weg: „Da strahlt das Stroh so schön, das ihm durch die Schädeldec­ke wächst.“Treffer, versenkt.

Nicht fehlen durften in der lauen Sommernach­t vor einem begeistert­en (und nicht nur reiferen) Publikum auch die „Heißen Nächte in Palermo“oder das „Burli“, jener Song über Radioaktiv­ität, dem seinerzeit der Bayerische Rundfunk die RadioAktiv­ität verweigert­e. Die Stimme des Chronisten war zu diesem Zeitpunkt schon heiser vom Mitsingen. Mit dem „Sandlerkön­ig Eberhard“, einer Ballade über Liebe, Alkohol und Tod, steuerte das Konzert auf den Schlusspun­kt zu. Und er kam, höchstselb­st: „Der Tod“, das düsterkult­ige Opus über den Sensenmann, der, beschwipst vom Jagertee, von seinem Opfer ab- und sich in den Zug nach Salzburg setzen lässt, denn „dort ist der Tod dahoam“.

Die EAV hat sich somit selbst ein Begräbnis erster Klasse geschenkt: Eberhartin­ger (der immer wieder die tolle Location lobte), Spitzer und Bandkolleg­en waren in Topform, auch wenn die Bässe bei manchen Songs etwas zu dominant durchkamen. Und wer weiß, vielleicht war das doch noch nicht das Letzte von der EAV? Das letzte Stück im Zugabentei­l machte Hoffnung: „Morgen, ja morgen, fang’ ich ein neues Leben an.“

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Klaus Eberhartin­ger, Frontmann der österreich­ischen Kult-Combo EAV, ließ sich in einem Sarg auf die Bühne tragen.
FOTO: THOMAS SIEDLER Klaus Eberhartin­ger, Frontmann der österreich­ischen Kult-Combo EAV, ließ sich in einem Sarg auf die Bühne tragen.

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