Frei nach Schiller: Franziska heißt die Kanaille
Ellwanger Theatermenschen geben sich mit „Die Räuberinnen“gar nicht zimperlich
ELLWANGEN - Knackig kurz und gut ist das Theaterstück, das die Ellwanger Theatermenschen in diesem Sommer auf die Freilichtbühne des Schlosses bringen. An „Die Räuberinnen“, einem ins Absurde driftenden Stück von Alexander Liegl und Gabriele Rothmüller, hat Skriptschreiber Andreas Müller kräftig Hand angelegt. Dennoch verleugnen die Ellwanger „Räuberinnen“Schillers Klassiker nicht ganz. Doch Machthunger, Mordgelüste und Intrigen sind konsequent weiblich. Am Ende vom Lied um zwei rivalisierende Schwestern wird mehr oder minder willkürlich gestorben, dass sich die Balken biegen.
„Wir müssen etwas Großes wagen“ist die Devise, die die Contessa (großartig und mit Furor Claudia Schreiner-Braun) ihrem Häuflein versprengter Revoluzzer ausgibt. „Sollen wir in den Wald gehen und eine Räuberbande bilden wie bei Schiller?“, fragen sich Schweizer (mannhaft Silke Wolf), Giacco (wacker Matthias Ehret), die Schwarze (tollkühn Martina Klopfer), Fatima (wild Brigitte Ehret), Grimm (Leonie Klugseder), Roller (Heiko Winter) und Margarete (Christiane Knöpfle). Gesagt, getan. Karla Moor wird ihre Anführerin.
Es gärt im deutschen Räuberwald
Sabine Wetzels Karla ist resolut, ungestüm und ein wenig gefühllos. Räuberin eben. Ihre Liebe zu Sebastian (verhalten, aber überzeugend Peter Mennicken) bleibt merkwürdig körperlos. So scheint es nur folgerichtig, dass sie ihn zum guten Schluss mit eigener Hand meuchelt.
Während es im deutschen Räuberwald gärt und Bierflaschen ploppen, spinnt Karlas skrupellose Schwester Franziska auf Schloss Moor eine bitterböse Intrige. Auf Teufel komm raus umgarnt sie den tumben Tor Hermann (hilflos ergeben Robi Krämer). Ihre Waffen sind Lüge, Heuchelei, ein hübsches Gesicht und ein scharfer Verstand. Den puscht sie, bis er ihr durch etliche Linien Kokain und Alkohol abhanden kommt. Grässliche Alpträume à la Lady Macbeth plagen die Hinterlistige und raffen sie schließlich dahin. Michaela Fuchs spielt die Franziska so verrucht und maliziös, dass es Dienerin Daniela (devot aufbegehrend Claudia Ebersbach) und die Zuschauer wohlig schaudert: Franziska heißt die Kanaille. Sie hält die Fäden in der Hand, sperrt ihren alten Vater, um dessen Liebe sie buhlt (herrlich rührselig Robert Ziegler), ins Verlies und tut alles, um Schlossherrin zu werden. Pater und Pastor (Bernd Brasse, Werner Schindhelm) stehen auf verlorenem Posten.
Schwäbisches Lokalkolorit darf nicht fehlen
Dass die muntere Truppe um die Contessa ein Plakat mit der Aufschrift „Gega alles“zückt, tut schwäbischem Lokalkolorit Genüge. Mehr sei hier nicht verraten. Nur so viel, dass es sich lohnt, den von Andreas Müller und Karin Ziegler inszenierten „Räuberinnen“für zwei unterhaltsame Stunden in die Hinterhöfe und auf Schloss Moor zu folgen.