Schlag nach bei Donald Duck!
Oh dräuend Ungemach!“, jammerte unlängst ein Freund in abendlicher Runde augenzwinkernd, als der Wein in der Flasche zur Neige ging. Aber hatte er nun Goethe zitiert? Oder einen anderen unserer hehren Poeten? Um sich keine Blöße zu geben, schwieg man fein still – und schaute später im Internet nach. Von wegen hohe Dichtkunst! Das Zitat stammte von Donald Duck. Als der stinkreiche Onkel Dagobert zu seinem größten Entsetzen ein Geldstück verloren hat, spielt der Neffe für ihn das Klageweib: „Oh Elend, oh dräuend Ungemach!“Solche witzigen Schlenker mit klassischer Note waren das Markenzeichen von Dr. Erika Fuchs, der hochgebildeten Übersetzerin der Comics ins Deutsche, über Jahrzehnte hinweg. Bis heute bleibt unvergessen, wie sich Schillers Rütlischwur aus
„Wilhelm Tell“in der Version von Tick, Trick und Track anhörte: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns waschen und Gefahr.“
Aber apropos Ungemach: Bei diesem etwas antiquierten Wort für Unannehmlichkeit, Kummer, Übel kann sich einem schon die Frage aufdrängen, woher es kommt, ob es eigentlich das Gegenteil von Gemach ist, und wie das Adverb gemach damit zusammenhängt. Nun sind diese Un-Wörter ein spezielles Kapitel. Normalerweise drückt die Vorsilbe Un- eine Verneinung aus. Unglück ist das Gegenteil von Glück, Unlust von Lust, unfrisiert von frisiert, untreu von treu. Aber diese Vorsilbe kann auch der Verstärkung dienen: Spricht man von Unmassen, Unmengen oder Unsummen, so sind besonders große Massen, Summen oder Mengen gemeint. Und bei Unkosten handelt es sich um Kosten, die höher ausfallen als ursprünglich angenommen. Zu den Absonderlichkeiten bei der Vorsilbe Un- zählen schließlich jene Wörter, deren Grundformen ohne
Un- aus unserer Sprache verschwunden sind. Hier eine Auswahl: Unflat, Ungetüm, Unhold, Unschlitt, unpässlich, ungeschlacht, ungestüm, unverhofft, unwirsch… Geschlachte Getüme oder wirsche Holde gibt es nicht. Wie passen nun gemach und Ungemach in dieses eher konfuse Bild? Da muss man etwas um die Ecke denken: Zu unserem Allerweltswort machen gesellte sich einst das Adjektiv gemach in der Bedeutung passend, also eigentlich passend gemacht, geeignet und deswegen auch bequem. Aus diesem gemach = bequem entwickelte sich dann – weil Bequemlichkeit in der Regel mit Ruhe einhergeht – die Nebenbedeutung ruhig, gemächlich.
Der Ausruf gemach, gemach! heißt ja nichts anderes als Nun mal langsam,
ganz ruhig! Der bequeme Raum aber, in dem man zur Ruhe kommt, ist das
Gemach, wie man heute noch in der gehobenen Sprache zu einem feinen Zimmer sagt. Und Ungemach ist einfach ein anderes Wort für fehlende Bequemlichkeit und damit für Unbehagen und Verdruss.
Zurück nach Entenhausen: Ungemach drohte einst auch Tick, Trick und Track, als Onkel Donald ihre Streiche mit versteckter Kamera filmte. „Eurer Taten schwarzes Bild ist vor meinem Blick enthüllt,“wetterte er. Dabei stand dann aber nicht Schiller Pate, sondern Wilhelm Busch.