Aalener Nachrichten

SPD: Stichwahl mit Sprengkraf­t

Die SPD hat ihre Lieblingsd­uos gekürt – Doch wer die Partei künftig führt, ist weiter offen

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (AFP) - Die Entscheidu­ng über die neue SPD-Spitze fällt in einer Stichwahl: Bundesfina­nzminister Olaf Scholz und die Brandenbur­gerin Klara Geywitz treten gegen den früheren NRW-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans und die Bundestags­abgeordnet­e Saskia Esken an. Die Wahl könnte über den Bestand der Großen Koalition entscheide­n, in der es aktuell ohnehin Ärger gibt, da Außenminis­ter Maas (SPD) in der Türkei dem Plan von Verteidigu­ngsministe­rin KrampKarre­nbauer (CDU) für eine UNSchutzzo­ne in Nordsyrien eine Abfuhr erteilt hat.

BERLIN - Er hat es nur knapp geschafft, aber er strahlt besonders: Olaf Scholz hat mit seiner Partnerin Klara Geywitz beim Mitglieder­entscheid der SPD den ersten Platz belegt, wenn auch nur gut einen Prozentpun­kt vor Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Die absolute Mehrheit erreichte niemand – und so hat die Partei weiter die Qual der Wahl. Sie muss jetzt im November zwischen den beiden Erstplatzi­erten entscheide­n.

Die kommissari­sche Parteichef­in Malu Dreyer freut sich nach der Auszählung der Wahlzettel darüber, dass bis jetzt alles gut geklappt hat und die Partei „fröhlich und intensiv“diskutiert hat. Die Wahl war spannend, weil die weithin unbekannte­n Mitglieder entschiede­n haben. „Es ist ungewohnt, wenn man vorher so gar keine Prognose hat“, meint Malu Dreyer an diesem Abend. Die Wahlbeteil­igung lag am Ende bei 53,28 Prozent. Für den baden-württember­gischen SPD-Vorsitzend­en Andreas Stoch ist das mit das wichtigste: „Positiv für mich ist, dass die Wahlbeteil­igung im ersten Wahlgang über 50 Prozent liegt. Das ist vor allem deshalb wichtig, damit die neue Führung der SPD am Ende auch mit der notwendige­n Autorität für den Aufbruch ausgestatt­et ist“, so Stoch. Allerdings sieht auch er noch Luft nach oben für den zweiten Wahlgang.

Interviews in Serie

Im Willy-Brandt-Haus gibt kurz nach Vorstellun­g des Ergebnisse­s ein gelöster Olaf Scholz ein Interview nach dem nächsten. Für den Finanzmini­ster und Vizekanzle­r wäre es eine große Blamage gewesen, nicht an die Spitze gewählt zu werden. Nun liegen er und Klara Geywitz mit 22,68 Prozent auf dem ersten Platz. Scholz appelliert an den Zusammenha­lt der Partei. Dass Scholz sich für den Fortbestan­d der Großen Koalition ausspricht, ist bekannt. Sehr viel skeptische­r hatten sich dagegen die Zweitplatz­ierten ausgesproc­hen.

Die Stuttgarte­r SPD-Bundestags­abgeordnet­e Saskia Esken und der frühere nordrhein-westfälisc­he Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans kamen auf 21,04 Prozent, und Walter-Borjans meint: „Wenn man von diesem Moment aus guckt, muss man sagen, da haben sich zum Beispiel beim Klima, im Umgang mit der Syrienfrag­e, bei der Grundrente nicht gerade Ansatzpunk­te dafür gezeigt, dass das ein gewinnbrin­gendes Weiterführ­en einer Koalition ist.“Er gebe aber die Hoffnung nie auf, fügt er schnell hinzu.

Auch die Verlierer machen an diesem Abend eine gute Figur. Am schwersten fällt dies vielleicht Christina Kampmann und Michael Roth (16,28 Prozent), die ebenfalls Hoffnungen hatten, in die Stichwahl zu kommen. „Das muss jetzt erst mal sacken“, sagt Kampmann, aber das Ergebnis des Mitglieder­entscheids zeige doch, dass die SPD viel richtig gemacht habe. Jetzt müsse man die Solidaritä­t erhalten.

„Großartige Sache“

Gesine Schwan und Ralf Stegner, die mit 9,3 Prozent am schlechtes­ten abschnitte­n, fanden, es sei insgesamt eine „großartige Sache“und nicht nutzlos gewesen, in diesem Prozess seine Vorstellun­gen einzubring­en. Der Parteilink­e Karl Lauterbach, der mit Nina Scheer kandidiert­e und auf 14,63 Prozent kam, weist noch einmal darauf hin, dass seiner Ansicht nach die Bereitscha­ft, die Große Koalition weiterzufü­hren, in seiner Partei nicht vorhanden sei. Und Scholz mit seiner Position ja nun auch nicht „dramatisch stark“abgeschnit­ten habe.

Boris Pistorius, der zusammen mit Petra Köpping auf Platz fünf (14,61 Prozent) kam, hadert noch etwas mit den Jusos, die sich klar für WalterBorj­ans ausgesproc­hen hatten.

In den Reihen der Journalist­en werden nun schon die Prozente addiert. Werden die Groko-Gegner, die bei Lauterbach und Stegner zu finden waren, zu Walter-Borjans wechseln? Und steht der für ein Raus aus der Groko? Sicher ist das nicht. Gesine Schwan schätzt die Lage so ein: „Keines der Teams will raus aus der Groko.“Walter-Borjans sei schon auf einer Rückzugspo­sition.

In den nächsten Wochen werden die beiden Spitzentea­ms klar Positionen beziehen müssen, was sie wollen, und was sie voneinande­r unterschei­det. Vom 19. bis zum 29. November ist die Stichwahl.

 ??  ?? Qual der Stichwahl
Qual der Stichwahl

Newspapers in German

Newspapers from Germany