Der neue Auto-Gigant
Warum Fiat Chrysler und PSA fusionieren wollen und was das für die Mitarbeiter von Opel bedeutet
FRANKFURT- Es wäre der viertgrößte Autokonzern der Welt mit einem Jahresumsatz von 170 Milliarden Euro: Der Plan für einen Zusammenschluss der beiden Autokonzerne Fiat Chrysler und PSA steht. Am Donnerstag haben die Verwaltungsräte der Unternehmen beschlossen zu fusionieren. Beide Unternehmen rechnen damit 8,7 Millionen Fahrzeuge jährlich verkaufen zu können. Von den Absatzzahlen größer sind nur Volkswagen, Toyota und die Allianz zwischen Renault und Nissan.
Frankreich begrüßte die Fusionspläne. Am Ende könnte ein Konzern mit rund 400 000 Mitarbeitern stehen, rechnete Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire in Paris vor. Beide Konzerne versprechen sich jährliche Einsparungen von 3,7 Milliarden durch den Zusammenschluss. Sie sollen zustande kommen durch verbesserte Investitionen – etwa in gemeinsame Fahrzeugplattformen und Produktionsprozesse. Auch die größere Einkaufsmacht dürfte die Positionen des neuen Riesenkonzerns gegenüber seinen Zulieferern verbessern.
Investitionsbedarf gibt es gerade bei Fiat Chrysler deswegen, weil es der Konzern in den vergangenen Jahren versäumt hat, unter der Führung des verstorbenen Sergio Marchionne in Elektroautos zu investieren. Peugeot PSA dagegen würde sich im Zuge einer Fusion ein breites Tor zum amerikanischen Markt öffnen. PSA ist dafür in Europa stärker. Auch bei der Entwicklung von Hybrid- und Batterie-Fahrzeugen sind die Franzosen weiter als die Italoamerikaner. Im neuen Unternehmen jedenfalls soll der 43-jährige Fiat-Erbe John Elkann Chef des Verwaltungsrats werden. Der bisherige PSA-Chef Carlos Tavares soll das Ruder als Vorstandschef übernehmen. Tavares hatte Peugeot am Rande der Pleite übernommen und einen strickten Spar- und Sanierungskurs umgesetzt. 2017 übernahm er als Konzernchef Opel von General Motors und verpasste dem Konzern ebenfalls eine Rosskur. Nun schreibt Opel wieder schwarze Zahlen.
Dafür haben mehr als 6000 Beschäftigte in deutschen Werken Verträge zur Altersteilzeit oder zum Vorruhestand geschlossen oder haben mit Abfindungen das Unternehmen verlassen. Diese Sanierung wiederum könnte nun ein entscheidender Vorteil für Opel sein. „Opel ist soweit saniert, dass sie vernünftige
Zahlen erwirtschaften“, sagt der Autoanalyst vom Bankhaus Metzler, Jürgen Pieper. „Es gibt eigentlich keinen vernünftigen Grund, warum man Opel jetzt weiter unter Druck setzen sollte“.
Laut PSA und Fiat Chrysler sind im Zuge der Fusion keine Werkschließungen geplant. Allerdings verkleinert sich die Bedeutung von Opel, je größer der Konzern ist, in den das Unternehmen integriert ist. Wohl auch deswegen äußern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter vorgehaltener Hand Ängste. Sie befürchten, dass weitere Arbeitsplätze verloren gehen. „Dass diese Nachricht zunächst einmal Ängste und Sorgen auslöst, das liegt auf der Hand“, sagte Jörg Köhlinger, Bezirksleiter des IG-Metall-Bezirks Mitte, in dem die wichtigsten Opel-Standorte
Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach liegen. „Das kommt zusammen mit den Nachrichten über die konjunkturelle Entwicklung und die Transformationsprozesse in der Automobilindustrie.“
Geschützt aber sind die Opel-Beschäftigten durch einen im Zuge der Übernahme durch PSA geschlossenen Tarifvertrag. Der schließt bis Juli 2023 betriebsbedingte Kündigungen bei Opel aus. „Darüber hinaus geht es darum, weiter um Investitionen zu ringen, um den Bestand der jeweiligen Standorte und das Niveau der Beschäftigung zu sichern“, sagte Köhlinger.
Doch fest steht, dass in Zukunft die Bedeutung herkömmlicher Verbrennungsmotoren abnehmen wird – entsprechend weniger Motorenwerke werden gebraucht. Auch sehen die aktuell noch laufenden Sanierungspläne für Opel vor, dass etwa im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim 2000 der 6400 Stellen wegfallen sollen. „Ich glaube, Opel hat das Risiko, dass man den schwarzen Peter bei der Fusion zieht“, meint deswegen Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. „Man hat viel zu viele Motorenwerke, man hat zu hohe Kapazitäten für Fahrzeug-Produktionen. Und man hat drei Entwicklungszentren – in Paris, Turin und Rüsselsheim. Das heißt: Da müssen Einschnitte kommen und da werden Einschnitte kommen.“Bis weitere Details zu dem geplanten Zusammenschluss kommen, wird wohl die Unsicherheit bei Opel und seinen Beschäftigten hierzulande bleiben. Aber auch bei den Beschäftigten von PSA in Frankreich und Fiat Chrysler in Italien.