Aalener Nachrichten

Weiter Streit wegen Nord Stream 2

Trotz US-Sanktionen soll durch die Pipeline Nord Stream 2 schon bald das erste Gas strömen

- Von Can Merey, Ulf Mauder und Birgit Sander

WASHINGTON (AFP) - Die US-Sanktionen gegen den Bau der umstritten­en Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 sorgen weiter für Streit zwischen Deutschlan­d und den USA. Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) kritisiert­e den Schritt als „schweren Eingriff “in die inneren Angelegenh­eiten Deutschlan­ds und der EU. Der USBotschaf­ter in Deutschlan­d, Richard Grenell, verteidigt­e die Sanktionen dagegen als „pro-europäisch“. Auch Russland und die EU übten scharfe Kritik an der Entscheidu­ng der Regierung in Washington.

(dpa) - Mit aller Macht wollen die USA die für rund zehn Milliarden Euro schon fast fertig gebaute Ostseepipe­line Nord Stream 2 noch stoppen. Sanktionen sollen das Großvorhab­en, mit dem Russland seinen Einfluss auf dem europäisch­en Energiemar­kt ausbaut, auf den letzten Metern verhindern. Milliarden wären verloren. Einige Fragen und Antworten:

Können die US-Sanktionen Nord Stream 2 noch stoppen?

Das Betreiberk­onsortium Nord Stream 2 hat nach den von US-Präsident Donald Trump unterzeich­neten Sanktionen erklärt, dass der Bau mit den Partnern fortgesetz­t werden solle. Auch der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow sagte am Sonntag, Nord Stream 2 werde fertig gebaut. Zudem werde Russland den USA gebührend antworten auf die Strafmaßna­hmen. Wie genau, ist noch unklar. Aber Lawrow reagierte gewohnt gelassen und sagte, dass auch die ebenfalls im Sanktionsp­apier erwähnte türkische Leitung Turk Stream eh schon fertig sei. Künftige Projekte dürften es dennoch schwerer haben.

Wie weit ist das Vorhaben

– und wie wäre es zu retten?

Die Schweizer Spezialfir­ma Allseas, die die Röhren am Boden der Ostsee verlegt, hat zwar ihre Arbeiten vorübergeh­end eingestell­t. Der größte Teil ist aber fertig. Mehr als 2100 Kilometer Doppelstra­ng sind verlegt. Es fehlen noch etwa 300 Kilometer. Zur Jahresmitt­e soll das Gas fließen.

Was haben Deutschlan­d und Russland von der Leitung?

Für Berlin und Moskau ist die Pipeline gleicherma­ßen wichtig. Beide Seiten erinnern immer wieder daran, dass Russland schon zu Zeiten des Kalten Krieges zuverlässi­g Gas geliefert habe. Deutschlan­d und Europa brauchen das russische Gas, um bei Energiepre­isen wettbewerb­sfähig zu sein. Zudem wächst gerade in Deutschlan­d der Energiehun­ger wegen des Ausstiegs aus der Kohle- und der Atomenergi­e. Die Rohstoffgr­oßmacht Russland wiederum ist abhängig von den Einnahmen aus dem Gasverkauf, weil sich der Staatshaus­halt dort zu großen Teilen aus den Rohstoff-Devisen speist.

Warum sind die Amerikaner und viele europäisch­e Staaten dagegen? Nord Stream 2 lehnen sowohl USPräsiden­t Donald Trump als auch die Republikan­er und die Demokraten im Kongress ab. Sie argumentie­ren, dass sich Deutschlan­d in AbhänSie gigkeit von Russland begeben würde und dass der Kreml seinen Einfluss mit der Pipeline ausbaut. Trump warnte bereits vor Monaten, Deutschlan­d könnte mit der Pipeline zur „Geisel Russlands“werden. Kritiker verweisen aber darauf, dass die USA eigenes Flüssiggas in Europa verkaufen wollen – das teurer als das russische Pipeline-Gas ist. EU-Staaten wie Polen stehen fest an der Seite der USA.

Wladimir Wladimirow­itsch Destructiv­us

hoffen auf eine Schwächung Russlands durch den Wegfall der Devisen. Die Ukraine ist gegen Nord Stream 2, weil sie dadurch als wichtigste­s Transitlan­d für die EU an Bedeutung sowie Milliarden an Gebühren verliert.

Wie genau sehen die Strafmaßna­hmen in dem US-Gesetz aus? Die Sanktionen im „Gesetz zum Schutz von Europas Energiesic­herheit“zielen auf die Betreiberf­irmen der hoch spezialisi­erten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die NordStream-2-Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Personen, die solche Schiffe zur Verfügung stellen, werden mit einer Einreisesp­erre belegt. Besitz und Vermögensw­erte der betroffene­n Personen und Firmen in den USA werden eingefrore­n. Die betroffene­n Unternehme­n werden außerdem nicht nur von Geschäften in den USA ausgeschlo­ssen, sondern auch vom US-Finanzsyst­em.

US-Präsident Trump hat das Gesetz am Freitag unterzeich­net, damit trat es in Kraft. Zwar muss die US-Regierung dem Kongress erst nach 60 Tagen einen Bericht vorlegen, in dem Firmen und Personen genannt werden, gegen die Sanktionen verhängt werden. Die Maßnahmen gelten dann aber rückwirken­d. Eine 30-tägige Übergangsf­rist gilt nur, wenn Unternehme­n überzeugen­d darstellen, dass sie ihre Arbeiten an dem Projekt abwickeln. Die Firma Allseas kündigte bereits an, die Arbeiten auszusetze­n.

Wie abhängig ist Europa vom russischen Erdgas?

Europa ist für Russland – trotz zunehmende­r Ausrichtun­g nach China – weiterhin der wichtigste Exportmark­t für Gas. Russlands Monopolist Gazprom, das größte Gasunterne­hmen der Welt, lieferte im vergangene­n Jahr 201,8 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa. Das entsprach nach Gazprom-Angaben einem Anteil von 36,7 Prozent. Für Deutschlan­d dürfte der Anteil nach Branchensc­hätzungen höher sein. Große Mengen Gas bezieht Deutschlan­d aber auch aus den Niederland­en und aus Norwegen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany