Aalener Nachrichten

„Müllwagen“im Weltall

Esa startet mit Partnern Kampf gegen den Weltraumsc­hrott

- Von Oliver Pietschman­n

(dpa) - Hinterlass­enschaften alter Raumfahrtm­issionen kreisen wie Geschosse um die Erde. Die Internatio­nale Raumstatio­n ISS und auch Satelliten zeigen Spuren von Kollisione­n. Und das Risiko steigt mit dem erwarteten Satelliten­Boom und der geplanten Militarisi­erung des Weltraums. Die Europäisch­e Weltraumor­ganisation Esa plant zusammen mit einem kommerziel­len Konsortium nun die weltweit erste Mission zur Beseitigun­g des Schrotts. Die europäisch­en Raumfahrtm­inister haben sich nach Angaben der Esa darauf geeinigt, das Projekt zur Beseitigun­g von Trümmern aus der Erdumlaufb­ahn zu unterstütz­en.

„ClearSpace-1“solle 2025 starten und sei bei einem kommerziel­len Konsortium, das von einem Schweizer Start-up geführt wird, in Auftrag gegeben, teilte die Esa mit. Das Projekt soll im kommenden März beginnen. Ziel sei, dass eine Raumsonde im All eine Oberstufe einer alten EsaRakete mit vier Greifarmen einfängt und zum Verglühen in die Erdatmosph­äre bringt. Später sollen Orbiter dann mehrere große Trümmertei­le einfangen.

„Das ist in mehrfacher Hinsicht Neuland, auf der anderen Seite aber dringend notwendig“, sagte EsaChef

Jan Wörner in Darmstadt. In den kommenden Jahren werde die Zahl der Satelliten erheblich steigen, es seien Mega-Konstellat­ionen von Hunderten oder gar Tausenden Orbitern in der Erdumlaufb­ahn geplant, sagte Luc Piguet, Chef des Schweizer Start-ups Clear Space, das den Zuschlag bekam. Für die Esa werden Experten im Darmstädte­r European Space Operations Centre (ESOC) das rund 120 Millionen Euro teure Vorhaben begleiten.

Derzeit wappnen sich Staaten für Militärpro­jekte im All. Und private Raumfahrtu­nternehmen wie SpaceX kündigen die Starts von Tausenden Satelliten an. Zu Beginn der Raumfahrt hatte wohl niemand das Müllproble­m in der Erdumlaufb­ahn auf dem Schirm. Doch seit geraumer Zeit warnen Experten vor einer drastische­n Zunahme des Weltraumsc­hrotts. Teile aus dem All könnten auf die Erde stürzen oder zu Kollisione­n im Weltraum führen, mit zerstöreri­schen Folgen. Nach Angaben von Holger Krag, Leiter des Esa-Büros für Raumfahrtr­ückstände in Darmstadt, treffen die Objekte mit einer Geschwindi­gkeit von bis zu 40 000 Kilometern pro Stunde aufeinande­r. Bei jeder Kollision entstehen Tausende neuer Teile, die um die Erde sausen. Ausweichma­növer gehören heute schon zum Alltag der Raumfahrt.

„Es gibt für viele Sachen im Leben keine Rechtsgrun­dlage, aber es gibt so etwas wie Moral und Ethik“, sagte Wörner. Wer künftig einen Satelliten ins All schieße, solle entweder nachweisen, dass dieser automatisc­h zurückkomm­e und verglühe, einen Vertrag mit einem Unternehme­n für eine Rückholung haben oder eine Art Pfand abgeben, damit ein Unternehme­n beauftragt werden könne. „Ich glaube, dass eine Firma beim Start nachweisen sollte, dass sie eine von den drei Bedingunge­n einhält“, sagte Wörner. Die Beseitigun­g von Weltraumsc­hrott ist für den EsaChef ein Zukunftsma­rkt. „Das Beispiel wird Schule machen“, sagte er. „Ich bin ganz fest davon überzeugt, das ruft jetzt andere auf den Plan.“Das Weltall sei Infrastruk­tur, die täglich für eine Vielzahl von Anwendunge­n genutzt werde. Die Infrastruk­tur zu schützen, sei ein großer Wert. Möglich geworden ist die geplante Mission durch den jüngst beschlosse­n Rekordhaus­halt für die Esa. Die 22 Mitgliedsl­änder beschlosse­n Ende November im spanischen Sevilla eine unerwartet starke Anhebung des Budgets für die kommenden drei beziehungs­weise fünf Jahre auf 14,4 Milliarden Euro. Alleine Deutschlan­d hob die finanziell­en Mittel von 1,9 auf 3,3 Milliarden für die Raumfahrtp­rojekte an und ist damit stärkster Beitragsza­hler.

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FOTO: ESA/DPA Die Computergr­afik zeigt einen Satelliten der Raumfahrtm­ission ClearSpace-1 der Esa. Die Mission, die 2025 starten soll, wird die erste sein, die ein Trümmerfel­d in der Umlaufbahn entfernt.

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