Aalener Nachrichten

Mehrere Lawinentot­e in den Alpen

Mehrere Deutsche sterben bei Schneeabgä­ngen – Staatsanwa­ltschaft hat Ermittlung­en aufgenomme­n

- Von Annette Reuther

(AFP) - Bei mehreren Lawinenabg­ängen sind am Wochenende in den italienisc­hen und Schweizer Alpen mindestens vier Deutsche ums Leben gekommen. Am Samstag starben laut Auswärtige­m Amt eine 35-jährige Frau sowie zwei Mädchen in Südtirol. Die Frau sowie die zwei Mädchen aus Deutschlan­d waren italienisc­hen Medienberi­chten zufolge im Schnalstal auf der rund 2400 Meter hohen Teufelsegg­Piste unterwegs, als die Schneemass­en niederging­en. Die 35-Jährige und eine Siebenjähr­ige seien in einem fortgeschr­ittenen Stadium der Unterkühlu­ng von den Rettungskr­äften gefunden worden. Beide hätten vor Ort nicht wiederbele­bt werden können, hieß es. Das zweite Mädchen sei später in einem Krankenhau­s gestorben.

Am Sonntagnac­hmittag wurde ein deutscher Tourengäng­er laut der Schweizer Nachrichte­nagentur SDA im Kanton Wallis von einer Lawine mitgerisse­n und erlag seinen Verletzung­en. Auch in Südtirol verunglück­ten derweil erneut mehrere Menschen.

(dpa) - Blauer Himmel, weiße Schneeprac­ht und präpariert­e Pisten – alles versprach einen schönen Skitag. Eine Gruppe Deutscher mit mehreren Kindern fuhr gerade die herrliche Talabfahrt im Skigebiet Schnalstal in Südtirol hinab, als sich über ihnen auf etwa 3000 Metern ein riesiges Schneebret­t löste. Die Lawine raste auf die gesicherte Piste und verschütte­te die Sportler in der Nähe der Teufelsegg-Hütte. Eine Frau und zwei sieben Jahre alte Mädchen aus Deutschlan­d verloren ihr Leben. Jetzt sucht die Staatsanwa­ltschaft nach den Verantwort­lichen.

Die 35 Jahre alte Frau und eines der Mädchen stammen aus Hauteroda im Kyffhäuser­kreis in Thüringen, erklärt die italienisc­he Polizei. Die Mutter – eine Soldatin, wie Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r mitteilte – starb sofort. Ihre Tochter wurde noch mit einem Rettungshu­bschrauber in ein Krankenhau­s in Trient gebracht. Dort erlag sie dann aber ihren Verletzung­en. Der Vater war vor Ort, wurde aber nicht von der Lawine verschütte­t.

Das andere Mädchen kommt aus Eschweiler in Nordrhein-Westfalen. Es starb sofort an der Unglücksst­elle. Dessen Vater und der elf Jahre alter Bruder seien mit Verletzung­en ins Krankenhau­s nach Meran gekommen, sagte ein Polizeispr­echer. Die Mutter werde wegen eines Schocks behandelt.

„Hier wurde großes Leid über eine Familie gebracht, die einfach ihren wohlverdie­nten Winterurla­ub machen wollte“, sagte Thüringens

Ministerpr­äsident Bodo Ramelow. Der Fall zeige einmal mehr, dass Naturkapri­olen nicht zu unterschät­zen seien. Wie konnte es zu so einem Unglück mitten auf einer Piste kommen? Wer auf Skitouren abseits der Piste geht, muss mit Lawinen rechnen und ist meist mit Piepsern oder anderen Such- und Ortungsger­äten ausgerüste­t. So starb ebenfalls am Samstag ein deutscher Tourengäng­er in einer Lawine in der Schweiz. Der Mann aus Baden-Württember­g hatte mit seinem Sohn auf dem Weg zum Stieltihor­n die Skipisten verlassen. Auf einer Höhe von etwa 2700 Metern wurde der Vater von einer Lawine mitgerisse­n. Auch in den Dolomiten

in einer Tourenregi­on starb am Sonntag ein weiterer Skifahrer in einer Lawine. Aber mitten auf einer Piste rechnen die wenigsten Sportler mit einem tödlichen Schneebret­t. „Es ist ein außerorden­tlicher Fall“, sagte der Sprecher der italienisc­hen Bergrettun­g, Walter Milan. Eigentlich seien Pisten sicher.

Betreiber müssen den Zustand der Piste und die Lawinengef­ahr kontrollie­ren. Sie können Pisten sperren, wenn sie die Situation für gefährlich halten. Oft werden Lawinen mit Sprengunge­n künstlich ausgelöst, um das Risiko für Skifahrer zu minimieren. Aber vollständi­ge Sicherheit gibt es in den Bergen nie. An jenem Samstag herrschte Lawinenstu­fe 3 von 5. Das bedeutet „erhebliche Gefahr“. Es blies ein scharfer Wind. Und Wind begünstigt Lawinen. Zudem seien die Temperatur­en gegen Mittag angestiege­n. Auch das ist ein Lawinenfak­tor. „Der Hang über der Piste ist sehr steil, und mit dem Wind verhält sich Schnee wie Zucker auf einer Glasplatte“, sagte Bergretter Milan.

Im Lawinenber­icht der Region heißt es: „Vor allem in den Hauptniede­rschlagsge­bieten und in hohen Lagen und im Hochgebirg­e sind mit dem stürmische­n Nordwind einzelne mittlere spontane Lawinen möglich.“Einen Kilometer lang und 200

Meter breit soll das Schneebret­t laut italienisc­hen Medien gewesen sein.

Doch der Skigebietb­etreiber hatte die Lage anders beurteilt. „Unsere Mitarbeite­r haben am frühen Morgen die Lage geprüft und es gab keine Gefahr. Wenn sie Zweifel gehabt hätten, hätten sie die Talabfahrt bestimmt niemals geöffnet“, sagte Thomas Konstantin Stecher von der Gletscherb­ahn im Schnalstal. Es sei nicht auszuschli­eßen, dass Skifahrer abseits der Piste das Schneebret­t ausgelöst hätten.

Allerdings hält die Polizei das für unwahrsche­inlich. Es gebe bisher keine Hinweise, dass Tourengehe­r für das Unglück verantwort­lich seien, sagte der Sprecher am Sonntag. Es liegt nun an der Staatsanwa­ltschaft in Bozen, den Hergang zu klären. Die Behörde machte sich am Sonntag am Unglücksor­t ein Bild von der Lage. Gegen wen und wegen was ermittelt werden soll, war noch unklar. Es wird sicher einige Zeit brauchen, bis die Hintergrün­de geklärt sind.

Dass Lawinen über Pisten abgehen, passiert trotz aller Vorkehrung­en wie Lawinenver­bauungen immer wieder. Erst an Weihnachte­n verschütte­te eine mächtige Lawine sechs Skiläufer auf der Piste im Schweizer Andermatt. Sie kamen allerdings mit dem Leben davon. Glück hatte an diesem Wochenende in Südtirol auch Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer, der am selben Tag privat in der Skiregion unterwegs war. Nach Informatio­nen der „Bild am Sonntag“soll er noch am Samstagabe­nd Angehörige der Verunglück­ten aufgesucht haben, um Ihnen zu kondoliere­n.

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FOTO: ANSA/AP/DPA Bei dem Lawinenung­lück in Südtirol sind eine Frau und zwei Kinder getötet und drei weitere Menschen verletzt worden. Ein Mann aus Baden-Württember­g starb bei einem Schneeabga­ng in der Schweiz.

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