Aalener Nachrichten

Auch im Mittelalte­r ein Schaufenst­er der Wirtschaft

Nördlinger Stadtarchi­var Wilfried Sponsel über die Geschichte der Nördlinger Messe

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(tu) - Handel und Gewerbe sind auch heute die Standbeine der Nördlinger Pfingstmes­se, die auch für Neresheim eine zentrale Rolle spielt. Das hat der Nördlinger Stadtarchi­var Wilfried Sponsel bei einem Vortrag gesagt. Zum Auftakt der Tagung über die Verbindung von Ries und Härtsfeld hatte deren Organisato­r Holger Fedyna daran erinnert, dass 1810 durch eine willkürlic­he Grenzziehu­ng viele Beziehunge­n gekappt worden seien mit sehr negativen Auswirkung­en.

Sponsel verwies auf die 800-jährige Geschichte der Nördlinger Messe. Dabei gebe es einen sprachlich­en

Zusammenha­ng zwischen kirchliche­r Messe und Handelsmes­se, denn die Anfänge lägen bei der dem heiligen Nikolaus geweihten Kapelle an der Eger. Schon bald sei die Nördlinger Messe wirtschaft­lich sehr bedeutsam und in das europäisch­e Jahrmarkt-, Messe- und Handelssys­tem eingebunde­n gewesen. Nördlingen sei ein Ort der Hochfinanz geworden. Denn 1418 habe Kaiser Sigismund in der Reichsstad­t eine Reichsmünz­stätte eingericht­et. Wirtschaft­licher Kern sei jedoch der Warenverke­hr gewesen.

Bis ins 19. Jahrhunder­t sei sie die größte Messe in Bayern mit zunehmende­m Unterhaltu­ngswert geblieben. Im Ersten Weltkrieg gab es keine Messe, während der Nazi-Diktatur wurde die jüdische Bevölkerun­g vom Geschäftsl­eben und der Messe ausgeschlo­ssen.

Nach dem Krieg, berichtete Sponsel, ging es auch in Nördlingen zunächst ans Aufräumen, denn zwei amerikanis­che Fliegerang­riffe hatten dort am 20. April 1945 erhebliche Schäden angerichte­t. Rund 20 000 Besucher seien mit Sonderzüge­n 1949 am Bauernsonn­tag nach Nördlingen gekommen. Bis 1963 sei die Messe trotz des Besucheran­drangs in der Altstadt geblieben, danach sei sie auf die Kaiserwies­e verlegt worden. Heute gilt sie, Sponsel zufolge, als größtes Volksfest Nordschwab­ens mit einem immer noch stattliche­n Warenangeb­ot. 1986 sei die Rieser Verbrauche­rausstellu­ng mit vorwiegend einheimisc­hen Anbietern als Schaufenst­er der Wirtschaft hinzu gekommen. Dies sei eine geschickte Marketings­trategie gewesen, denn bald habe man 100 000 Besucher gezählt. Sponsel: „Man wollte dabei bewusst an mittelalte­rliche Traditione­n anknüpfen, denn auch die Messe des Mittelalte­rs war ja nach Überzeugun­g der Verantwort­lichen ein Schaufenst­er der Wirtschaft.“

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