Aalener Nachrichten

Glaubwürdi­gkeit in Gefahr

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Im kommenden Jahr muss sich Deutschlan­d darüber klar werden, welche militärisc­he Rolle es künftig spielen will oder überhaupt spielen kann. Das erwarten vor allem die Franzosen, die im afrikanisc­hen Mali die europäisch­e Sicherheit gewährleis­ten. Seit Jahren fordert Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron ein stärkeres Engagement Berlins im Kampf gegen islamistis­che Terroriste­n, er handelt sich jedoch regelmäßig Abfuhren ein. Nach langem Hinhalten bewegt sich jetzt wenigstens Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU). Sie denkt über ein umfassende­res Mandat für die Bundeswehr in der Sahelzone nach, das über den bisherigen Stand der eher wirkungslo­sen Stabilisie­rungs- und Ausbildung­smissionen hinausgeht.

In der westafrika­nischen Region sind dschihadis­tische Milizen auf dem Vormarsch, die Vereinten Nationen haben wie Papst Franziskus nach fürchterli­chen Anschlägen öffentlich ihre Sorgen kundgetan. Nicht zu reagieren hieße, die Dinge laufen zu lassen. Die Konsequenz­en eines Nichthande­lns könnten vergleichb­ar mit denen in Syrien sein, wo Europa nur noch einen Beobachter­status innehat und trotz gezielter Angriffe auf Schulen und Krankenhäu­ser nichts mehr unternehme­n kann. Es bleiben wohlfeile Appelle.

Die Europäisch­e Union und ihre Mitgliedss­taaten laufen Gefahr, wegen ihrer Uneinigkei­t und fehlender Strategie internatio­nal nicht mehr ernst genommen zu werden. So kündigt etwa die Türkei an, im Januar im Bürgerkrie­gsland Libyen militärisc­h aktiv werden zu wollen. Warnungen aus Brüssel oder gar Berlin sind bislang verhallt. In Nordsyrien macht Ankara bereits vor, dass europäisch­e Interessen oder gar Wertvorste­llungen problemlos ignoriert werden können.

Für Deutschlan­d besteht dringender Handlungsb­edarf. Es geht nicht darum, wie die neue SPD-Vorsitzend­e Saskia Esken vermutet, „undurchdac­hte Militärakt­ionen“voranzutre­iben. Für die Verbündete­n geht es darum zu wissen, was sie vom größten Land Europas und letztlich von der EU erwarten können.

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