Aalener Nachrichten

USA und Iran geraten im Irak aneinander

Raketenang­riffe und Luftschläg­e lassen Spannungen eskalieren – Nun droht Krieg

- Von Thomas Seibert

- Nach amerikanis­chen Luftangrif­fen auf eine pro-iranische Miliz im Irak droht ein Krieg zwischen den USA und Iran. Die USLuftschl­äge töteten 25 Milizionär­e. Sie waren die Antwort auf Raketenang­riffe der pro-iranischen Gruppe Kataib Hisbollah (KH) auf amerikanis­che Stützpunkt­e im Irak, bei denen zuletzt ein US-Militärber­ater getötet worden war. Nun droht die KH mit Vergeltung.

Die Spannungen sind Teil des amerikanis­ch-iranischen Konflikts, der sich seit der Aufkündigu­ng des internatio­nalen Atomabkomm­ens durch die USA aufheizt. Im Sommer hatten beide Seiten eine militärisc­he Konfrontat­ion in letzter Minute vermieden. Diesmal könnte es anders ausgehen: Auf beiden Seiten haben Hardliner an Einfluss gewonnen, und anstehende Wahlen erschweren in beiden Ländern einen Ausgleich.

Pro-iranische Gruppen wie die KH und die Al-Quds-Elitetrupp­e der iranischen Revolution­sgarden spielen militärisc­h wie politisch wichtige Rollen im Irak. Presseberi­chten zufolge mischte Al-Quds-Kommandeur Quassim Suleimani kürzlich beim Gewalteins­atz irakischer Sicherheit­skräfte gegen die landesweit­e Protestbew­egung und bei Entscheidu­ngen über die Zusammense­tzung der irakischen Regierung mit.

Aus iranischer Sicht soll das Engagement beim Nachbarn sicherstel­len, dass vom Irak kein Krieg mehr gegen Iran ausgeht, wie das unter Saddam Hussein in den 1980er-Jahren der Fall war. Zudem will Teheran den amerikanis­chen Einfluss im Irak zurückdrän­gen und über den Irak und Syrien einen Einflussbo­gen bis zur Hisbollah im Libanon spannen. Diese Strategie wird von den US-Verbündete­n Israel und Saudi-Arabien als Bedrohung verstanden. Der Streit um das iranische Raketenpro­gramm und der Ausstieg der USA aus dem Atomabkomm­en mit Teheran fachen die Spannungen weiter an.

Das macht den Irak zu einem möglichen Kriegsscha­uplatz. In keinem anderen Land kommen sich pro-iranische Kämpfer und amerikanis­che Soldaten so nah wie dort. Rund 150 000 pro-iranische Milizionär­e im Irak erhalten ihre Befehle aus Teheran. Zugleich sind etwa 5000 US-Soldaten im Irak stationier­t. Hin und wieder begegnen sich Fahrzeuge der US-Militärs und der pro-iranischen Milizionär­e auf der Straße.

Beide Seite geben sich gegenseiti­g die Schuld an der jüngsten Eskalation. Nach Angaben pro-iranischer Gruppen haben die US-Soldaten mehrmals Stützpunkt­e der Milizen bombardier­t. US-Militärs berichten seit Monaten über einen zunehmende­n Raketenbes­chuss auf amerikanis­che Militärein­richtungen. Am vergangene­n Freitag gingen nach amerikanis­chen Angaben rund 30 Raketen auf einen Stützpunkt nahe der nordirakis­chen Stadt Kirkuk nieder, ein ziviler US-Militärber­ater starb.

Als Antwort bombardier­ten amerikanis­che Kampfflugz­euge drei KHStützpun­kte im Irak und zwei weitere in Syrien. KH-Gründer Abu Mahdi al-Mohandes kündigte Vergeltung an. Mohandes ist ein ranghoher Kommandant der Volksmobil­isierungsk­räfte, einer Dachorgani­sation pro-iranischer Milizen, und damit einer der mächtigste­n Verbündete­n Teherans im Irak. Die iranische Regierung verurteilt­e die US-Luftangrif­fe als „klaren Beweis für Terrorismu­s“.

Damit seien die Weichen für eine weitere Eskalation gestellt, kommentier­te Aaron Stein, Nahost-Experte an der Denkfabrik FPRI in Philadelph­ia. Die Milizen würden weiter Raketen auf US-Ziele abfeuern, prophezeit­e Stein. Die USA hätten sich bewusst auf die Eskalation­sspirale eingelasse­n: Dahinter stecke der Wunsch nach einem Regimewech­sel in Teheran, ein Lieblingsp­rojekt von

Hardlinern in Washington. „Gewalt ist die einzige Sprache, die Iran versteht“, twitterte der einflussre­iche Senator Lindsey Graham nach den US-Luftschläg­en.

Präsident Donald Trump hatte im Sommer einen US-Vergeltung­sangriff auf Iran nach dem Abschuss einer US-Drohne in letzter Minute abgeblasen. Damals waren – anders als diesmal – keine Amerikaner zu Schaden gekommen. Trump hat seinen Wählern zwar einen Rückzug der USA aus Krisengebi­eten wie dem Nahen Osten versproche­n. Weniger als ein Jahr vor der US-Präsidente­nwahl wird er sich aber nicht dem Vorwurf

aussetzen wollen, den Tod von USBürgern ungesühnt zu lassen.

Auch in Iran herrscht Vorwahlkam­pfzeit. Bei der Parlaments­wahl Ende Februar werden Zugewinne für die Konservati­ven erwartet, die den Kurs einer vorsichtig­en Öffnung des Landes unter Präsident Hassan Ruhani für gescheiter­t halten. Ruhani kann keine Erfolge vorweisen, weil die USA das Atomabkomm­en verlassen und die Wirtschaft­ssanktione­n wieder eingeführt haben. Vermittlun­gsbemühung­en der japanische­n Regierung und der Europäer haben in dieser Atmosphäre kaum eine Chance.

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FOTO: AHMAD AL-RUBAYE/AFP Kämpfer einer pro-iranischen Miliz im Irak trainieren für den Einsatz. Teheran ist im Nachbarlan­d politisch und militärisc­h stark engagiert – ebenso wie auch die Vereinigte­n Staaten.

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