Aalener Nachrichten

Krise kommt leise und mit Macht an

Fast jeder zweite Euro auf der Ostalb wird von der Industrie erwirtscha­ftet

- Von Eva Stoss

G- Die Stärke der Ostalb-Region ist zugleich auch ihre Schwäche: die Abhängigke­it von der Zulieferer­industrie. Die CDU-Abgeordnet­en Roderich Kiesewette­r und Winfried Mack warnen davor, die Automobilb­ranche zu verteufeln.

Die Krise in der Automobili­ndustrie macht sich auf der Ostalb immer mehr bemerkbar. Der Stellenabb­au bei Bosch, Magna und Osram hat das deutlich gemacht. Ein Blick in die Statistik zeigt die Brisanz der aktuellen Entwicklun­g: Im Dezember haben im Bezirk der Agentur für Arbeit in Aalen (Ostalbkrei­s und Kreis Heidenheim) 55 Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Fast 2000 Mitarbeite­r sind davon betroffen. „Das ist eindeutig konjunktur­ell bedingt“, bestätigt Helmut Gerlach von der Agentur für Arbeit in Aalen. „Es sind überwiegen­d Betriebe aus der Automobilu­nd Maschinenb­aubranche, die vorsorglic­h Kurzarbeit ankündigen.“

Zum Vergleich: im Dezember 2018 waren es vier Betriebe mit 63 Mitarbeite­rn. Von der Krise 2009 sei man jedoch noch weit entfernt. Damals waren es 377 Betriebe mit fast 7000 Beschäftig­ten.

Zwar hat die Agentur keine Zahlen für die Stadt Aalen. Doch bekannt ist, dass außer Mapal auch Alfing Kessler Kurzarbeit angekündig­t hat, wenn auch in geringem Umfang. Außerdem ein weiterer, kleiner, Betrieb aus der Metallbran­che.

Nicht nur die Kurzarbeit nimmt zu, auch die Arbeitslos­igkeit ist gestiegen. Im November legte die Arbeitslos­igkeit im Ostalbkrei­s im Vergleich zum Vorjahresm­onat um knapp elf Prozent zu, in Aalen sogar um knapp 13 Prozent. Die Quote liegt in Aalen zwar mit 3,1 Prozent (Vorjahr: 2,8 Prozent) immer noch niedrig. Doch die Wirtschaft sieht noch kein Ende des Tiefs. Nach einer Erhebung des Arbeitgebe­rverbandes Südwestmet­all für Baden-Württember­g rechnet jedes sechste Unternehme­n der Branche damit, in den nächsten drei Monaten Kurzarbeit einsetzen zu müssen. Die Agentur für Arbeit ist für 2020 „verhalten optimistis­ch“, so Gerlach.

Vor diesem Hintergrun­d warnen der Bundestags­abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r und der Landtagsab­gordnete Winfried Mack (beide CDU) davor, die Autoindust­rie zu verteufeln. Denn gerade die Ostalb hänge am Tropf der Industrie, die wiederum zum großen Teil für die

Automobili­ndustrie produziert. Baden-Württember­g sei nach wie vor ein Industriel­and. Knapp 34 Prozent der Wertschöpf­ung im Land werden von der Industrie erwirtscha­ftet. Im Ostalbkrei­s sind es sogar knapp 45 Prozent, also fast jeder zweite Euro. Das ist innerhalb der EU ein Spitzenwer­t - in kaum einer anderen Region hängt der Wohlstand so stark von der Industriek­onjunktur ab.

Umso mehr komme es jetzt darauf an, die Autoindust­rie nicht zu verteufeln, sondern um sie zu kämpfen, sagte Mack beim Redaktions­besuch bei den „Aalener Nachrichte­n“. Auch Kiesewette­r hält es für falsch, ausschließ­lich die Autoindust­rie für den Anstieg der CO2 Emissionen verantwort­lich zu machen: „Wir müssen mehr aufklären“. Elektromob­ilität ist nach Macks Ansicht nicht der einzige Weg zu mehr Klimaschut­z. Auch synthetisc­he Kraftstoff­e und die Brennstoff­zelle sollten weiterentw­ickelt werden. „Wir müssen auf einen Mix setzen“, sagte Mack. „Damit halten wir die Zulieferer­industrie am Leben“.

Mack verwies dabei auf die Äußerungen von Daimler-Personalvo­rstand Wilfried Porth. Dieser hatte kürzlich angesichts des Umbruchs in der Autoindust­rie gewarnt, BadenWürtt­emberg solle sich nicht nur auf diesen Industriez­weig verlassen.

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FOTO: DPA/ FELIX KÄSTLE Hunderttau­sende Arbeitsplä­tze hängen in Baden-Württember­g von der Autoindust­rie ab. Die Region Ostalb ist einer der Hotspots.

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