900 Geistliche treffen sich in Lindau
- 900 Vertreter aus mehr als hundert Religionen haben sich im August in der Lindauer Inselhalle getroffen. Die zehnte Welttagung von Religions for Peace widmete sich der Frage, welche Aufgaben Religionen im Friedensprozess haben können – und müssen. Schwerpunkt des Treffens war die Rolle der Frau. Darüber referierte unter anderem Ela Gandhi, Enkeltochter von Mahatma Gandhi. In verschiedenen Podien sprachen Delegierte außerdem unter anderem über den Klimawandel und die Situation der Rohingya in Myanmar. Auch hinter verschlossenen Türen hatte es Gespräche gegeben, zum Beispiel zwischen Delegierten aus Nord- und Südkorea.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnete die Tagung. Bei einer großen Zeremonie weihten die Teilnehmer später den sogenannten Ring for Peace ein, der künftig als Zeichen zum Schutz von religiösen Stätten weltweit dienen soll. Die Lindauer organisierten während der Tagungswoche ein großes Abendessen unter freiem Himmel am Marktplatz, bei dem etwa tausend Delegierte und Lindauer miteinander aßen und feierten.
„Religion darf niemals Rechtfertigung für Hass und Gewalt sein“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Lindau.
Normalerweise finden die Welttreffen von Religions for Peace in Weltmetropolen statt. Dass sich die Delegierten in diesem Jahr auf der Lindauer Insel trafen, hat etwas mit der Nobelpreisträgertagung zu tun. Bischof Gunnar J. Stalsett, Ehrenpräsident von Religions for Peace, gehörte einige Jahre lang dem Komitee zur Vergabe des Friedensnobelpreises an und war als solcher mehrfach bei den Nobelpreisträgertagungen in Lindau. Dort lernte er Wolfgang Schürer kennen. Er bat Schürer, die Welttreffen von Religions for Peace zu professionalisieren, um aus schönen, aber zumeist wirkungslosen Treffen etwas zu machen, das echte Friedenswirkung zeigt.
Bereits kurz nach der Tagung wurden deren erste Früchte sichtbar: Im September reiste eine Delegation hochrangiger buddhistischer, christlicher, muslimischer und hinduistischer Führer aus Myanmar zu einem Besuch nach Indonesien. Religions for Peace hatte das Treffen organisiert, bei dem die Religionsvertreter über die Situation der Rohingya sowie deren teils gefährliche Flucht mit Booten aus Myanmar und Bangladesch nach Indonesien berieten.
Im Dezember trafen sich die Delegierten in New York, um die Lindauer Tagung nachzubereiten. Im kommenden Jahr wird es wahrscheinlich ein weiteres Treffen in Lindau geben. Wann das sein wird und wie dieses Treffen genau aussehen wird, ist allerdings noch unklar.
Julia Baumann