Aalener Nachrichten

Tod im Stall

Schweine und Geflügel sind bei Feuer nur schwer zu retten – Brandschut­z kaum geregelt

- Von Katja Korf

- 19 Muttersäue und 280 Ferkel sind am Mittwoch in Amstetten (Alb-Donau-Kreis) bei einem Feuer im Stall verendet. Wie gefährlich sind solche Stallbränd­e für die Tiere? Tierschütz­er werfen Landwirten vor, zu wenig zum Schutz ihrer Tiere zu tun, Viehhalter wiederum klagen über viel zu hohe Auflagen beim Bau der Ställe. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Brandschut­z in Ställen im Überblick.

Wo liegen die Probleme beim Brandschut­z von Ställen?

Zu den häufigsten Brandursac­hen in Ställen gehören technische Defekte, etwa Kurzschlüs­se in technische­n Anlagen. Moderne Melkrobote­r oder andere Stalltechn­ik haben daher oft integriert­e Brandmelde­r und Warnsystem­e. Stroh, Holz, Spinnweben oder Holz geraten schnell in Brand. Ein Problem sind auch sogenannte­n Nagelplatt­en-Dächer, die schnell Feuer fangen. Außerdem liege Ställe heute oft abgelegen – bis ein Feuer entdeckt und die Wehren anrücken, vergeht daher mehr Zeit als anderswo. „Oft ist die Versorgung mit Löschwasse­r ein Problem“, erklärt Ravensburg­s Kreisbrand­meister Oliver Surbeck. Abseits gelegene Höfe verfügen über einen Anschluss ans Trinkwasse­rsystem, die Rohre aber haben einen geringen Durchmesse­r – für die Feuerwehre­n reicht das Wasser dann nicht zum Löschen. Besonders problemati­sch gestaltet sich die Situation in alten Ställen. Viele sind verwinkelt, grenzen an Wohngebäud­e an und sind mit leicht brennbaren Materialie­n gebaut.

Wie gut lassen sich Tiere retten?

Das unterschei­det sich von Tierart zu Tierart. „Grundsätzl­ich ist das eine besondere Herausford­erung“, sagt Kreisbrand­meister Surbeck. „Aber bei uns im ländlichen Raum sind zum Glück viele freiwillig­e Feuerwehrl­eute selbst Landwirte und können mit dem Vieh umgehen.“Baden-Württember­gs Tierschutz­beauftragt­e Julia Stubenbord fordert, alle Wehren im Umgang mit Vieh zu schulen. Oft versuche man, die Tiere in einen noch nicht brennenden Stallteil zu treiben, berichtet Feuerwehrm­ann Surbeck, das Gebäude ausreichen­d zu belüften und zeitdurche­inander, gleich zu löschen. In Panik herumlaufe­nde Tiere behinderte­n die Löscharbei­t sonst eher und gefährden unerfahren­e Retter. Pferde und Rinder, die Auslauf gewohnt sind, lassen sich gut retten. Dennoch schreiben Ingenieure des Karlsruher Instituts für Technologi­e (KIT) in einem wissenscha­ftlichen Bericht: „Grundsätzl­ich ist jedoch festzustel­len, dass die Tierrettun­g in der Praxis nur bedingt möglich ist.“Schweine haben oft keinerlei Auslauf und sind es nicht gewohnt, den Stall zu verlassen. Sie können aggressiv auf Retter reagieren, einige Rassen neigen zu Herzversag­en bei Panik. Es brauche umsichtige Helfer und Zeit, so die KIT-Forscher. „Bei 100 Schweinen bedeutet dies im Mittel eine Rettungsda­uer von 45 Minuten, nach dieser Zeit befindet sich das Stallgebäu­de womöglich aber schon im Vollbrand. Durch diese Berechnung wird deutlich, wie unrealisti­sch eine Rettung der Tiere durch das Einsatzper­sonal ist.“Geflügel fliegt in Stresssitu­ation oft chaotisch Tiere erdrücken sich gegenseiti­g. Das KIT bilanziert: „Bei Geflügel ist die Rettung einer größeren Anzahl nahezu aussichtsl­os.“Gerade weil die Rettung so schwierig ist, fordern Tierschütz­er mehr verbindlic­he Vorgaben, um Brände zu verhindern oder Feuer wenigstens rasch zu bemerken.

Welche Vorschrift­en gibt es?

Mehrere Vorschrift­en von Bund und Ländern thematisie­ren die Rettung von Tieren. Diese müsse im Brandfall gewährleis­tet sein. Während es detaillier­te Vorgaben gibt, wenn es um die Rettung von Menschen geht, fehlen diese weitgehend für Tiere – etwa die Pflicht, Brandmelde­r in Ställe einzubauen oder Sprenkler. Bei neuen Ställen können die Genehmigun­gsbehörden der Kommunen Brandschut­zgutachten von Bauherren anfordern. „Wir prüfen diese, besuchen die Baustellen und machen Vorschläge“, sagt Kreisbrand­meister Surbeck. Man schreibe zum Beispiel vor, wenn Bauern zusätzlich Löschteich­e anlegen müssten, schaue nach möglichst breiten Fluchtwege­n auch fürs Vieh. Allerdings handhaben die Behörden das unterschie­dlich. „Leider gibt es im Land keine einheitlic­he Genehmigun­gspraxis der Behörden für Ställe. Die Regeln zum Brandschut­z für Tiere sind einfach zu wenig konkret und zu unverbindl­ich. „, kritisiert die Landestier­schutzbeau­ftragte Stubenbord. Der Landesbaue­rnverband dagegen verweist auf die ohnehin schon hohen Auflagen. Kämen noch mehr dazu, würde der Betrieb von Ställen sich nicht mehr lohnen. „Kein Landwirt setzt seine Tiere bewusst Gefahren aus. Es gibt einfach Dinge, die hat man nicht im Griff“, sagt Michael Schulz vom LBV. Dagegen macht Edmund Haferbeck von der Tierrechts­organisati­on Peta Bauern schwere Vorwürfe. „In der Praxis liegen Stromleitu­ngen unisoliert im Stall herum, etwa Litze im Stroh, um Tiere am Auslauf zu hindern. Ich sehe da bei vielen Bränden fast schon bedingten Vorsatz“.

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FOTO: THOMAS HECKMANN Ein technische­r Defekt wahr wohl der Auslöser für einen Brand, durch den in Amstetten im Alb-Donau-Kreis 19 Muttersäue und 280 Ferkel zu Tode gekommen sind.

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