Aalener Nachrichten

Putin opfert seinen Freund

- Von Stefan Scholl politik@schwaebisc­he.de

Russlands Präsident Wladimir Putin ist dafür bekannt, dass er sich ungern von den Amtsträger­n trennt, die ihn umgeben. Am Mittwoch aber entließ er beiläufig Premier Dmitri Medwedew. Ausgerechn­et ihn, der als sein engster Getreuer galt. Sicher, Putin hat Medwedew nicht völlig fallen lassen. Aber jetzt bietet er dem alten Freund einen Job als stellvertr­etenden Sicherheit­sratschef an – das Amt, das es noch nicht gibt, stellt ohne Zweifel eine Degradieru­ng dar. Und fast noch schlimmer: Er ersetzt ihn durch Michail Mischustin, den Chef der Steuerbehö­rde, eine unbekannte und blasse Figur.

Putin hat seine Gründe: Die Wirtschaft­szahlen hängen seit Jahren durch, ebenso Putins Popularitä­t. Er will Russlands politische­s System so umbauen, dass er es weiter kontrollie­rt, wenn er einmal nicht mehr Staatschef ist. Eigentlich wäre Medwedew kein schlechter Nachfolger, blass, aber halbwegs liberal, ein angenehmer Gesprächsp­artner für den Westen. Aber Putin zieht den Technokrat­en Mischustin vor. Höchst fraglich, ob er Aussichten hat, in vier Jahren Putins Nachfolger als Präsident zu werden. Klar ist: Wladimir Putin bleibt Russlands starker Mann. dort einen übernation­alen Posten zu übernehmen, der seine Macht sichert.“Aber die Verhandlun­gen mit dem weißrussis­chen Staatschef Alexander Lukaschenk­o seien in vollem Gange, ihr Ausgang fraglich. Deshalb sei eine Rochade Putins auf den Posten eines gestärkten russischen Regierungs­chefs nach 2024 möglich.

Medwedews Nachfolger und sein Kabinett erwarten anspruchsv­olle soziale Aufgaben. Wohltaten wie einen Mindestloh­n, regelmäßig­e Rentenanpa­ssungen und Kindergeld­zahlungen verspreche Putin ständig, kritisiert Politologe Trawin, „aber Russland fehlen die Mittel, um damit die Lebensqual­ität wirklich zu verbessern.“Rechnungsh­ofchef Alexei Kudrin sagte hinterher, alle Maßnahmen kosteten zusammen umgerechne­t 5,8 bis 7,2 Milliarden Euro im Jahr, damit habe Putin dieses Jahr seine teuerste Rede zur Lage der Nation gehalten.

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