Eine Welt voller Aliens
Um seltsame Meereswesen und außerirdisches Leben ging es beim Zeiss-Jahresauftakt
- „Seeing beyond“hat Zeiss den Blick über den Horizont betitelt, der spannender kaum sein könnte: Mit Antje Boetius und Andreas Kaufer hat der Weltkonzern in Oberkochen zwei Wissenschaftler eingeladen, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein könnten: Boetius, die Tiefseeforscherin, und Kaufer, den Astronom. Doch beide verbindet mehr, als man denkt: Es sind Aliens.
Was unter der Meeresoberfläche in der Dunkelheit umher schwimmt, sieht nicht aus wie von dieser Welt. Knallgelbe Wesen, die Boetius zeigt, gleichen mehr den Protagonisten von Kinofilmen wie „Monster AG“als realen Wesen. „Es gibt nichts Schöneres, als durch das Bullauge neues Leben zu entdecken, das noch kein Mensch zuvor gesehen hat“, sagt die Forscherin, der die Erde manchmal selbst als fremder Planet erscheint. Kilometerweit unten im Meer verberge sich eine Welt voller fantastischer Lebensformen, sagt die Direktorin des Alfred-Wegner-Instituts. Hinter ihr ist ein Bild zu sehen:
Mikroskopisch klein leuchten Mikroben, fast wie ein Sternenhimmel aus der Tiefe.
Sterne und Planeten sind das Metier von Andreas Kaufer. Aus 100 Milliarden Sternen besteht die Milchstraße, die von Chile aus zum Greifen nahe wirkt. Dort bereitet sich der Astronom auf den Betrieb des größten Teleskops der Erde vor, mit dem er sich ab 2025 auf die Suche nach Leben im All macht. „Alle Informationen kommen über das Licht“, sagt Kaufer, weshalb er im Licht, das von Planeten reflektiert wird, nach Signaturen sucht, die auf Leben hinweisen; etwa Klimagase oder Chlorophyll. Noch ist die zukünftig 80 Meter hohe Sternwarte eine Baustelle, die Zeiss-Chef Michael Kaschke kürzlich besucht hat.
„Hier wird einem die Weite des Universums bewusst“, sagt Hobbyastronom Kaschke, um dann auf die unternehmerische Entwicklung einzugehen, die im Geschäftsjahr 2018 / 19 mit einem Rekordergebnis zu Ende ging. Erstmals erreichte der Optik- und Technologiekonzern mehr als sechs Milliarden Euro Umsatz – und erstmals mehr als eine
Milliarde Euro Gewinn. Über alle Sparten hinweg habe sich Zeiss gut entwickelt. Die Medizintechnik steigerte den Umsatz um 14 Prozent, die Sparte Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) legte um sieben Prozent zu. Ein Grund dafür war die EUV-Technologie (EUV: „Extrem Ultraviolettes Licht“) für die Chipproduktion. Die Chips, die mit diesem Verfahren hergestellt werden, stecken mittlerweile unter anderem in der neuesten Generation von Smartphones. Dieses Wachstum sei „weit überdurchschnittlich“, so Kaschke. Etwa 90 Prozent des Umsatzes erzielte der Konzern außerhalb Deutschlands, wobei Asien ein wichtiger Wachstumsmotor sei. Weltweit stieg die Mitarbeiterzahl um sieben Prozent auf mehr als 31 000 – dennoch vergisst der Konzern seine Wurzeln nicht. Mehr als 300 Millionen Euro an Gewerbesteuer habe man seit 2010 in der Region bezahlt. Kaschkes Wunsch: Das Geld in die Infrastruktur und das Ambiente zu investieren.
Doch zurück zum Jahresauftakt, wo es auf der Bühne nun um das Klima geht. Meeresforscherin Boetius berichtet über „Mosaic“, die bislang größte Arktis-Expedition. „Gerade in der Arktis sehen wir die Veränderungen der Erde. Die Pole sind der Indikator, wie es der Erde geht.“Das Meereis schwinde so schnell dahin wie das CO2 in die Atmosphäre steige: „Wir bewegen uns schnurstracks auf einen CO2-Wert zu, der zwei Grad Celsius Erderwärmung bedeutet“, sagt die Forscherin, die auf ihren Polarexpeditionen unter anderem Gletschereisproben auf ihren CO2-Gehalt untersucht. „Wie weit können Sie dabei in die Vergangenheit schauen?“, will Zeiss-Chef Kaschke wissen, für den es übrigens der letzte Jahresauftakt war, da er seinen Posten zum 1. April an Karl Lamprecht abgibt, der bisher Vorstandsmitglied für die Zeiss-Sparte SMT ist. „Bis zum Beginn der Erde“, antwortet Boetius. Noch länger zurück blicken kann Andreas Kaufer. „13,6 Milliarden Jahre“, antwortet der Astronom auf Kaschkes Frage. Und obwohl das eine lange Zeit ist, hat noch niemand in den Weiten des Alls Leben entdeckt. Dabei muss man gar nicht so weit nach oben schauen: „Es gibt jede Menge Aliens auf der Erde“, sagt Boetius.