„Er wird auf der Quittung nicht auftauchen“
Weitere Textnachrichten deuten auf frühe Zweifel an Essens-Einladungen hin
- Die FDP erhebt neue Vorwürfe gegen Sozialminister Manfred Lucha (Grüne). Grund sind zwei Kurznachrichten, die der Kabarettist Christoph Sonntag dem Minister und seinem Sohn geschrieben haben soll.
Bilder der Kurznachrichten, die von einem Computerbildschirm abfotografiert wurden, liegen der „Schwäbischen Zeitung“ebenso vor wie weiteren Medien und der FDP. Sonntags Anwalt sagte den „Stuttgarter Nachrichten“, sein Mandant könne sich nicht daran erinnern, diese geschrieben zu haben. Luchas Sprecher sagte der „Schwäbischen Zeitung“am Freitag, man gebe dazu keinen Kommentar ab.
Lucha habe aber bereits Kontakt zur Staatsanwaltschaft. Er werde alle Informationen, die diese benötigt, zur Verfügung stellen. Hierzu gehöre auch seine private elektronische Kommunikation zu dem Fall. Staatsanwälte in Stuttgart prüfen, ob sie in der Sache Ermittlungen aufnehmen.
Die FDP hält die Nachrichten für echt. Jochen Haußmann, Fraktionsvize der Liberalen: „Die Fotos von der betreffenden Mobilfunk-Kommunikation liegen nach unseren Erkenntnissen
sowohl Herrn Lucha als auch Herrn Sonntag vor. Konkrete Anhaltspunkte dafür, weshalb der Inhalt nicht echt sein sollte, haben sie nicht vorgebracht. Da auch bei früher bekannt gewordenen WhatsApp-Nachrichten der Minister die Echtheit nicht infrage stellte, gehen wir auch hier davon aus. Dafür spricht auch, dass der Minister selbst eingeräumt hat, am 10. Dezember 2018 mit seinem Sohn von Herrn Sonntag zum Abendessen eingeladen worden zu sein.“
In einer der Nachrichten, die Sonntag an Luchas Sohn geschrieben haben soll, heißt es: „Übrigens, vielleicht kannst Du bei Gelegenheit Deinen Papa beruhigen, ich weiß, wie scheiße das für Politiker ist, er wird auf der Quittung nicht auftauchen, muss sich also keine Sorgen machen.“Die Nachricht soll am Abend nach dem Essen von Sonntag, Lucha und dessen Sohn geschickt worden sein. Demnach hätte Lucha wohl schon an diesem Abend Zweifel daran gehabt, ob es richtig war, sich von Sonntag einladen zu lassen. „Spätestens an dieser Stelle hätte jeder Minister die Reißleine ziehen müssen“, sagt der FDP-Abgeordnete Haußmann. Ein integrer Minister hätte das Geld zurückerstattet, eine dienstliche Erklärung zu dem Vorfall abgegeben und das Projekt rasch beendet, so Haußmann.
Lucha hat bereits zugegeben, dass der Kabarettist ihm zweimal ein Essen bezahlt hatte. Das sei ein „großer Fehler“gewesen, so der Ravensburger Politiker. Es habe sich aber um rein private Treffen gehandelt, er sei nicht bestechlich. Lucha steht in der Kritik, weil Sonntags Stiftung zeitgleich rund 200 000 Euro Fördergeld vom Land für eines seiner Projekte bekommen hatte. Luchas Haus war für die Bewilligung zuständig, abgewickelt und abgerechnet hat sie die Landeszentrale für politische Bildung im Auftrag des Ministeriums. Nach Projektstart im Sommer 2018 waren nach Darstellung des Sozialministeriums Zweifel an der korrekten Verwendung der Fördergelder aufgekommen. Die Prüfung habe schon begonnen, bevor mögliche Unregelmäßigkeiten in der Presse bekannt wurden. Dort hatte Sonntags Ex-Frau entsprechende Vorwürfe erhoben. Lucha bestreitet, selbst Einfluss auf die Genehmigung von Fördergeld an Sonntag genommen zu haben. Die beiden duzen sich, Lucha unterschrieb Nachrichten mit „dein persönlicher Minischder“.
FDP fordert Aufklärung
In einer weiteren Kurznachricht, die Sonntag direkt an Lucha geschickt haben soll, schreibt der Kabarettist angeblich: „Lieber Manne, das Team um Franziska Giffey hat geantwortet“. Man finde sein Projekt dort „akzeptabel“. Die SPD-Politikerin Giffey ist Familienministerin im Bund. Damit hätte Sonntag versucht, dort Fördergeld für seine Stiftung zu bekommen. Das ist aus Sicht der FDP ein weiteres Indiz dafür, dass Lucha und Sonntag sehr wohl immer wieder nicht nur Privates besprachen, sondern auch über das umstrittene Projekt redeten. Die Liberalen wie auch die SPD drohen Lucha mit einem Untersuchungsausschuss.