Lindner bekommt Rückendeckung von der FDP-Spitze
Der FDP-Chef erhält das Vertrauen – und erklärt, wie es für seine Partei in Thüringen weitergehen soll
(AFP/sz) - Nach dem Debakel rund um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen hat sich der FDP-Vorstand mit großer Mehrheit hinter den Vorsitzenden Christian Lindner gestellt. 33 von 36 Anwesenden stimmten in einer Sondersitzung für ihn, es gab eine Neinstimme und zwei Enthaltungen, wie Lindner anschließend sagte. Zugleich räumte er Fehler ein und bereitete seine Partei auf schwierige Gespräche mit den Wählern vor.
Nach der Vertrauensabstimmung im Parteivorstand sprach Lindner von einem „sehr starken Ergebnis“. Zuvor hatte der Vorstand rund drei Stunden getagt. Es habe dabei eine „sehr intensive, sehr offene Aussprache“gegeben, die am Nachmittag noch fortgesetzt werde, sagte Lindner. Die Kritik an ihm sei aber „im Rahmen des Üblichen“geblieben.
Die Ereignisse in Thüringen bezeichnete Lindner als „Ernstfall für die politische Kultur insgesamt und insbesondere für die FDP“. Die Vorgänge hätten bei vielen Menschen Zweifel an der „Grundhaltung“der Partei ausgelöst. Das bedauere die FDP-Spitze zutiefst.
In Thüringen war am Mittwoch der FDP-Politiker Thomas Kemmerich im dritten Wahlgang angetreten und zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden – auch mit Stimmen der AfD. Während mehrere prominente Liberale Kemmerich umgehend zum Rücktritt aufforderten, tat Lindner dies zunächst nicht. Am
Donnerstag erklärte Kemmerich nach Gesprächen mit Lindner dann, das Amt aufgeben und Neuwahlen anstreben zu wollen.
Zu seiner ersten öffentlichen Stellungnahme am Mittwoch sagte Lindner am Freitag, er hätte klarer formulieren müssen.
Lindner betonte, die Ereignisse im dritten Wahlgang habe er nicht vorausgesehen. Er sei einer „Fehleinschätzung“zum Verhalten der AfD unterlegen. Die FDP habe nicht damit gerechnet, dass die rechtspopulistische Partei „so weit geht, Kandidaten nur zum Schein vorzuschlagen, um dann in geheimer Wahl ganz anders zu votieren“. Der von der AfD präsentierte Ministerpräsidentenkandidat Christoph Kindervater hatte im dritten Wahlgang keine Stimmen bekommen.
Zum weiteren Vorgehen in Thüringen sagte Lindner, „der klarste Weg wäre, wenn man den Wählerinnen und Wählern wieder das Wort geben würde, um Legitimation herzustellen und Vertrauen zurückzukämpfen“. Er betonte zugleich, dass für die FDP weiterhin keine Zusammenarbeit mit der AfD, aber auch mit der Linken infrage komme.
Scharfe Kritik an Lindner kam vom früheren Bundesinnenminister und FDP-Mitglied Gerhart Baum. Baum erwartet im Fall eines schlechten FDP-Ergebnisses bei der Wahl in Hamburg am 23. Februar ein Ende Lindners als Parteichef. „Sein taktisch falsches Verhalten, durch das der Eklat von Thüringen erst ausgelöst wurde, ist nach der Absage an die Jamaika-Koalition der zweite große Fehler von Lindner als Parteichef gewesen”, sagte Baum dem „Kölner Stadt-Anzeiger”. Das Votum des Parteivorstands für Lindner sei „kein Befreiungsschlag”. Es komme nicht auf das Vertrauen des Vorstands, sondern auf das Vertrauen der Wähler an.
Wie geht es nach dem Schlamassel von Thüringen weiter? Darüber sprechen SZ-Chefredakteur Hendrik Groth und Ulrich Becker, Chefredakteur der Südwest-Presse, in der neuen Episode von „Die Leitung steht“: