Aalener Nachrichten

Macron bietet Europa nukleare Zusammenar­beit an

Der französisc­he Präsident denkt über „strategisc­hen Dialog“nach – Was heißt das für die Nato?

- Von Christine Longin

- Eigentlich­Gsollte sich die Rede, die Emmanuel Macron am Freitag an der Militäraka­demie „École de guerre“hielt, mit der Atomwaffen­doktrin Frankreich­s befassen. Doch für den Präsidente­n ist Frankreich in dieser Frage nicht von Europa zu trennen. „Unsere Atomstreit­macht stärkt die Sicherheit Europas und hat daher eine echte europäisch­e Dimension“, sagte er in seiner gut einstündig­en Ansprache.

Es war ein Auftritt mit viel Selbstbewu­sstsein. Frankreich ist nach dem Brexit die einzige Atommacht in der EU. Macron lud die Europäer zu einem „strategisc­hen Dialog“über die atomare Abschrecku­ng ein. Konkret könnten andere Staaten an Übungen der französisc­hen Atomstreit­macht teilnehmen, bot er an. Ziel sei ist eine „strategisc­he Kultur“, die Europa in dieser Frage entwickeln soll. Auch bei den Abrüstungs­verhandlun­gen sollten die Europäer künftig mit am Tisch sitzen. „Schließlic­h geht es um unser Gebiet“, sagte er mit Blick auf atomare Mittelstre­ckenrakete­n, die Europa zum Ziel haben könnten.

Dass Frankreich seinen Atomschirm über die anderen 26 EU-Länder ausspannt, ist nicht zu erwarten. Die europäisch­en Nachbarn dürften einen solchen Schritt skeptisch sehen.

Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret Kramp-Karrenbaue­r hatte am Mittwoch bei ihrer Befragung durch die deutsch-französisc­he Parlamenta­rierversam­mlung bereits klargemach­t, dass Deutschlan­d unter dem Nato-Nuklearsch­irm stehe, der vor allem von der „amerikanis­chen

Seite“geliefert werde. Sie reagierte damit auf den Vorschlag des CDU-Fraktionsv­izes Johann Wadephul, bei den Atomwaffen mit Frankreich zu kooperiere­n. Deutschlan­d solle sich mit eigenen Mitteln an der nuklearen Abschrecku­ng beteiligen und im Gegenzug solle Frankreich seine Atomwaffen unter ein gemeinsame­s Kommando von EU oder Nato stellen, lautete Wadephuls Idee.

Für Frankreich ist ein solcher Schritt undenkbar. Die Atomstreit­macht wurde unter Charles de Gaulle 1960 gegründet und ist nicht in die Nato integriert. An der nuklearen Planungsgr­uppe nimmt Frankreich nicht teil, Macron schloss eine Rückkehr in das Gremium erneut aus.

Der Staatschef selbst hatte die Nato vergangene­s Jahr als „hirntot“bezeichnet und sich damit die heftige Kritik von Bundeskanz­lerin Angela Merkel eingehande­lt. Vor seinen Soldaten gab Macron sich versöhnlic­her: „Frankreich ist der transatlan­tischen Allianz treu“, versichert­e er. Die Nato sei ein Pfeiler der europäisch­en Sicherheit, das „Europa der Verteidigu­ng“der andere.

Seit seinem Amtsantrit­t wirbt der 41-Jährige für dieses „Europa der Verteidigu­ng“, das bis hin zu einer gemeinsame­n Armee gehen soll. Rüstungspr­ojekte wie das Kampfflugz­eug FCAS, das Deutschlan­d zusammen mit Frankreich entwickelt, und der gemeinsame Kampfpanze­r MGCS sind erste Schritte hin zu einer solchen Armee.

Macrons Rede gehört zum Ritual jedes Präsidente­n, der als Oberbefehl­shaber der Streitkräf­te einmal in seiner Amtszeit über die Atomwaffen­doktrin spricht. Frankreich liegt mit weniger als 300 Atomspreng­köpfen als Atommacht auf Platz drei hinter Russland und den USA. 37 Milliarden Euro sollen bis 2025 für die Modernisie­rung der Atomstreit­macht ausgegeben werden. Einen Dialog mit den europäisch­en Partnern über die atomare Abschrecku­ng hatte schon der frühere Präsident Nicolas Sarkozy angeboten. Das Echo darauf blieb allerdings aus.

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FOTO: FRANCOIS MORI/DPA Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron bei seiner Rede an der Militäraka­demie „École de Guerre“.

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