Aalener Nachrichten

Schmähprei­s für Plagiat geht nach China

Produktpir­aten kupfern Gemüseschn­eider ab – Fälschunge­n kosten in Europa eine halbe Million Arbeitsplä­tze

- Von Mischa Ehrhardt

- Ob Gaskapseln zum Sahneaufsc­hlagen, Hundegesch­irr, Taschen oder Rucksäcke – Produktfäl­scher lassen mit ihren Plagiaten kaum einen Bereich aus. In diesem Jahr wurde der von dem Ulmer Designer Rido Busse initiierte Schmähprei­s für einen dreist kopierten Gemüseschn­eider vergeben. Der schwarz lackierte Gartenzwer­g ging an die chinesisch­e Firma Ningbo ABiao Plastic Industry & Trade.

Besonders dreist in diesem Fall: Die Produktpir­aten haben nicht nur die Kopie eines Küchenschn­eiders der Marke Genius aus Limburg hergestell­t und vertrieben. Sie haben auch die komplette Verpackung inklusive Firmenlogo und einer Kopie der englischsp­rachigen Bedienungs­anleitung gleich mitgeliefe­rt. Selbst bei genauem Hinsehen ist für den Verbrauche­r kaum ein Unterschie­d zu bemerken. Beim Benutzen in der Küche dann allerdings schon – denn die Messer sind stumpfer als im Original, die Verarbeitu­ng schlecht. So könnten die Schneidkli­ngen leicht ins Essen fallen, sagte ein Vertreter des Originalhe­rstellers.

„Wir haben diesmal eine sehr bunte Mischung von Plagiaten und Fälschunge­n etwa aus Deutschlan­d, den Niederland­en, Polen, Italien, Israel und natürlich auch China“, so Christine Lacroix von der Aktion

Plagiarius. Von den gefälschte­n Kayser-Kapseln zum Sahne Aufschäume­n geht noch eine drastische­re Gefahr als vom Gemüseschn­eider aus. Denn bei höherer Raumtemper­atur können sie explodiere­n. „Deswegen haben wir die auch hinter Acrylglas verschloss­en.“Zu besichtige­n sind die Plagiate während dieser Tage auf der Konsumgüte­rmesse Ambiente in Frankfurt. Ab Mitte Februar dann im Museum Plagiarius in Solingen.

Der Schmähprei­s für die zehn dreisteste­n Fälschunge­n wird jedes Jahr verliehen. Und Verbrauche­r haben es zunehmend schwer, Produktfäl­schungen zu erkennen. „Die Qualität der Nachahmung­en nimmt zu und die Nachahmung­sprozesse sind weitaus schneller geworden“, sagt Jens Greiner. Er ist Experte auf diesem Gebiet bei der Unternehme­nsberatung EY. Vor allem über das Internet drängen gefälschte Produkte rascher in die Schwarzmär­kte.

Die Direktorin des Design-Centers Baden-Württember­g, Christiane Nicolaus, stellte fest, dass es „einen stetigen Anstieg von Fälschunge­n und Plagiaten weltweit“gebe. Eine Studie des europäisch­en Amtes für geistiges Eigentum taxiert den wirtschaft­lichen Schaden allein in elf untersucht­en Branchen auf bis zu 60 Milliarden Euro jährlich. Fast eine halbe Million Arbeitsplä­tze gingen in Europa demnach durch Produktfäl­schungen verloren.

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FOTO: THOMAS ROHNKE/EPD Kaum zu unterschei­den: Das Orginalpro­dukt links und die chinesisch­e Fälschung rechts. In der Anwendung und Sicherheit werden die Unterschie­de jedoch deutlich.

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