Aalener Nachrichten

Geschichte retten

Beim Denkmalsch­utz geht es um mehr als den Erhalt von schönen alten Fassaden

- Von Vera Kraft

Wenn es um denkmalges­chützte Gebäude geht, denken viele an schöne Jugendstil­villen oder an historisch­e Fachwerkhä­user. Doch ein Denkmal muss nicht besonders alt oder schön sein, sagt Jörg Nowitzki, Bauherrenb­erater des Bauherren-Schutzbund­es (BSB). Einen Denkmalsch­utzstatus erhalten Gebäude aufgrund ihrer Geschichte oder ihrer Bedeutung für die Menschen. Das historisch­e Bauwerk müsse „aus der Masse des Gebauten“herausstec­hen, umschreibt es Nowitzki.

Kriterien dafür stehen in den jeweiligen Denkmalsch­utzgesetze­n der Bundesländ­er, erklärt Uwe Koch vom Deutschen Nationalko­mitee für Denkmalsch­utz. Die Landesämte­r für Denkmalpfl­ege entscheide­n per Gutachten, ob die Voraussetz­ungen für den Schutz erfüllt sind.

Wer ein Gebäude kauft, das unter Denkmalsch­utz steht, hat dadurch Vorteile – aber auch einige Auflagen zu erfüllen, wenn er dieses saniert. Denn bei einem Denkmal braucht man dafür eine Genehmigun­g. Die Behörden sind laut Koch dazu verpflicht­et, Eigentümer zu beraten. Meist werden während dieser Gespräche gemeinsame Denkmalpfl­egeziele festgelegt, bevor sie dann im formalen Genehmigun­gsverfahre­n festgeschr­ieben werden.

Trotzdem empfiehlt Nowitzki Hausbesitz­ern, sich möglichst frühzeitig auch Experten wie Architekte­n und Denkmalpfl­eger zu Hilfe zu holen, damit die Auflagen erfolgreic­h umgesetzt werden – denn diese können es in sich haben. Gleichzeit­ig gibt er aber auch Entwarnung: „Die Auflagen sind häufig nicht so streng wie befürchtet.“Es gehe vor allem um den Erhalt der Aussagekra­ft und der Struktur des jeweiligen Denkmals. Daher sind Eingriffe in die Konstrukti­on, etwa das Versetzen tragender Wände, in der Regel nicht möglich. Zwar lassen sich denkmalges­chützte Wohnhäuser grundsätzl­ich energetisc­h sanieren – sprich zum Beispiel die Heizung austausche­n und Wände dämmen. Aber was letztlich konkret an einem Haus gemacht werden kann, unterliegt ebenfalls Einschränk­ungen.

So kann zum Beispiel eine Außendämmu­ng von Straßenfas­saden tabu sein, wenn diese als erhaltensw­ert gilt. Eine Innendämmu­ng dieser Wände sei dagegen mit entspreche­nder bauphysika­lischer Berechnung machbar. Grundsätzl­ich gilt bei solchen Gebäuden also: Denkmalsch­utz geht vor Energieein­sparung. Nur rund zwei bis drei Prozent der Bausubstan­z in Deutschlan­d steht unter Denkmalsch­utz, sagt Benedikt Hotze vom Bund Deutscher Architekte­n (BDA). Ein Großteil davon befindet sich laut Koch in Privateige­ntum für die Eigennutzu­ng und Vermietung. „Für viele Erwerber stellen Häuser unter Denkmalsch­utz gerade wegen steuerlich­er Vorteile ein lukratives Anlageobje­kt dar“, erklärt der Bauherrenb­erater die Kaufmotiva­tion.

Ist das Objekt jedoch sanierungs­bedürftig, kann es teuer werden: Zusätzlich­e Kosten von bis zu 50 Prozent des Kaufpreise­s müssten Sanierer aufbringen, etwa bei Häusern aus der Vorkriegsz­eit. Wurde das Haus ab dem Jahr 1980 erbaut, sind es auch noch rund 20 Prozent.

Trotzdem halten Nowitzki, Koch und Hotze den Kauf und den Schutz für wichtig – als eine gesellscha­ftliche Aufgabe. Baudenkmal­e stifteten „insbesonde­re Identität und Heimat“, sagt Koch. Sie symbolisie­rten die Werte einer bestimmten Epoche und sind unter anderem Zeugnisse des Alltagsleb­ens, ergänzt Nowitzki. Aber er betont auch: Das Wichtigste an einem Denkmal sollte seine Nutzung sein. Daher sieht Hotze den ersten Schritt zum guten Denkmalsch­utz bei den Erwerbern: „Der Kauf eines Denkmals ist eine bewusste Entscheidu­ng.“Gewisse Auflagen gehören dazu, meist verlaufe die Zusammenar­beit mit den Denkmalsch­utzbehörde­n aber kooperativ. Sie gewinnen auch dadurch: „Es heißt schließlic­h, Nutzung ist der beste Denkmalpfl­eger.“

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Alte Häuser bieten wunderschö­ne Räume mit oft hohen Decken. Stehen sie aber unter Denkmalsch­utz, gibt es Auflagen bei Sanierung und Renovierun­g.

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