Das Ende des Kartoffelschälens
Das Phänomen ist zwar nicht mehr ganz neu, aber dennoch merkwürdig: Das Kartoffelschälen kommt aus der Mode. Immer öfter jubeln Industrie und Gastgewerbe den hungrigen Vierkantnudelfreunden die Schale des Knollengewächses unter. Der gesunde Menschenverstand – oder wenigstens das Bauchgefühl – sagt dem beherzten Esser: Wenn sich Pommesfabrikanten die Mühe sparen, Kartoffeln zu schälen, müsste sich das positiv auf den Preis auswirken. Tut es aber nicht, sogar im Gegenteil: Die ungeschälte Ware wird gerne mit naturnahen Etiketten wie „Landkartoffel“oder „Country-Potato“versehen.
Die echten Freunde des original schwäbischen Kartoffelsalats mit hohem Schlotzigkeitsfaktor haben bislang allerdings nichts zu befürchten. Denn wer seinen Kartoffelsalat liebt, bereitet ihn immer noch am liebsten selber zu und verzichtet auch nicht auf das meditative Pellen. Oder kommandiert sich jemanden aus der Familie dazu ab.
Im Kinderbuch-Klassiker „Räuber Hotzenplotz“von Otfried Preußler lässt der große Zauberer Petrosilius Zwackelmann sogar den armen Seppel entführen, um ihn eigens in Gefangenschaft zu halten, damit er die Erdäpfel für seine Leibspeise schäle: Bratkartoffeln. Auch bei diesem Gericht ist das Entfernen der Haut unerlässlich. Nicht auszudenken, wie Zwackelmann ausgeflippt wäre, hätte Seppel die nachlässig geschälten Bodenbirnen dem großen Zauberer als „Country-Potato“angedreht. Die Seppel von der heutigen Lebensmittelindustrie sollten es also lieber auch nicht tun. Denn man ist schneller verhext, als man denkt.