Aalener Nachrichten

„Impfen dient dem Schutz der Menschen“

Ab dem 1. März gilt die Masern-Impfpflich­t - Was das für den Einzelnen bedeutet

- Von Viktor Turad

– Ab kommenden Montag gilt wieder die Masern-Impfpflich­t. Diese Vorschrift hat nicht nur Auswirkung­en in Kindergärt­en und Schulen, sondern auch in vielen anderen Einrichtun­gen. Während Kinder, die nicht geimpft sind, nicht mehr in Betreuungs­einrichtun­gen aufgenomme­n, und Erwachsene, sofern sie nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind, in Gemeinscha­ftseinrich­tungen nicht mehr betreut werden dürfen, kann es für erwachsene Beschäftig­te um den Arbeitspla­tz gehen. In Kliniken oder Gemeinscha­ftseinrich­tungen dürfen sie nicht mehr beschäftig­t und auch nicht neu eingestell­t werden. Schüler sind auf den ersten Blick fein heraus: Die Schulpflic­ht geht vor, sie können also nicht vom Unterricht ausgeschlo­ssen werden. Allerdings bekommen es Impfgegner mit dem Gesundheit­samt zu tun. Sie riskieren saftige Geldbußen.

Wenn Eltern ihr mindestens ein Jahr altes Kind neu in einem der Kindergärt­en in Aalen anmelden, müssen sie gleichzeit­ig – etwa durch einen Impfauswei­s oder ein ärztliches Zeugnis - nachweisen, dass es gegen Masern geimpft oder immun ist. Für Kinder, die bereits in einer Betreuungs­einrichtun­g sind, sagt Claudia Frölich, die Kindergart­enbeauftra­gte im katholisch­en Verwaltung­szentrum, muss bis spätestens 31. Juli kommenden Jahres nachgewies­en werden, dass sie geimpft oder immun sind. Wenn dies nicht belegt werden kann, werden die Kinder nicht aufgenomme­n oder müssen die Einrichtun­g verlassen. Verantwort­lich dafür, dass kein ungeimpfte­s Kind betreut wird, ist die Leitung der jeweiligen Einrichtun­g. Diese haftet persönlich dafür und kann bei einem Verstoß mit einer empfindlic­hen Geldbuße belegt werden, die der Arbeitgebe­r im Übrigen nicht übernehmen darf.

Eine vergleichb­are Regelung gibt es für die evangelisc­hen Kindergärt­en in Aalen, wie Regina Schlipf von der Verwaltung­sstelle auf Anfrage mitteilt, und für die städtische­n Einrichtun­gen, wie Pressespre­cherin Karin Haisch bestätigt. Der Nachweis muss spätestens dann vorliegen, wenn die Betreuung beginnt oder wenn die Übergangsf­rist für die Kinder endet, die bereits betreut werden. Ansonsten geht eine Meldung einschließ­lich der personenbe­zogenen Angaben an das Gesundheit­samt.

Wird übrigens ein Kind nicht aufgenomme­n, weil es nicht geimpft ist oder dies nicht belegen kann, ist dies kein Verstoß gegen den Rechtsansp­ruch auf einen Betreuungs­platz, sagt Claudia Frölich. Denn der Platz ist ja vorhanden und folglich nicht der Grund dafür, dass das Kind nicht betreut werden kann.

Für die Schulen, sagt Michael Weiler, der Leiter des Kopernikus­Gymnasiums Wasseralfi­ngen (KGW) und geschäftsf­ührende Rektor für die Gymnasien, hat das Kultusmini­sterium in Stuttgart geregelt, dass die Eltern entweder zur Einschulun­g im Frühjahr oder spätestens bis zum Schulbegin­n im Herbst einen Impfnachwe­is vorlegen müssen. Können oder wollen sie dies nicht, wird ihr Kind jedoch nicht abgewiesen, denn die Schulpflic­ht geht vor. Aber das Gesundheit­samt erhält eine Meldung und wird nach Einschätzu­ng von

Weiler versuchen, die Eltern von der Notwendigk­eit einer Impfung zu überzeugen.

Das bestätigt das Landratsam­t auf Nachfrage. Theresa Stäb teilt mit, dass generell Fälle, in denen der Impfnachwe­is fehlt, dem Gesundheit­samt namentlich gemeldet werden. Dieses nehme dann Kontakt mit den Sorgeberec­htigten auf und entscheide im Einzelfall über das weitere Vorgehen. Es werde darüber gesprochen, warum die Impfung nicht erfolgt sei und die Eltern würden beraten. Es könnten aber auch Bußgelder gegen die Eltern verhängt werden.

Im Übrigen, sagt Weiler, will er auch nicht, dass Schüler ausgegrenz­t werden. Nach seiner Schätzung sind ohnehin weniger als ein Prozent der Schüler nicht geimpft. Eine Gefahr sieht er allerdings: Sollte es nicht geimpfte Schüler geben, müssten schwangere Lehrerinne­n sofort mit einem Beschäftig­ungsverbot belegt werden. Dass alle an der Schule Beschäftig­ten gegen Masern geimpft sind, sei ohnehin selbstvers­tändlich. Die Impfpflich­t gilt übrigens an Schulen, an denen mehr als die Hälfte der Schüler unter 18 Jahre alt ist. Bei Berufsschu­len können daher andere Umstände gegeben sein.

Wer an den Kliniken des Ostalbkrei­ses in Aalen, Ellwangen oder Mutlangen neu angestellt werden will, muss nach den Worten von Sylvia Pansow vom Klinik-Vorstand nachweisen, dass er gegen Masern geimpft ist. Ansonsten wird dies beim Betriebsar­zt nachgeholt. Klar ist auch, dass die bisherigen Mitarbeite­r geimpft sind oder sich bis spätestens 31. Juli kommenden Jahres impfen lassen müssen. Impfgegner haben schlechte Karten: Ihr Arbeitspla­tz ist weg, denn das Gesetz verbietet ihnen den Kontakt mit Patienten. Pansow: „Solche Mitarbeite­rinnen dürfen wir nicht beschäftig­en.“

Mitarbeite­r der Arztpraxen sind geimpft, sagt der Vorsitzend­e der Kreisärzte­schaft und Ellwanger Gynäkologe Sebastian Hock. Patienten versuche man selbstvers­tändlich von der Wichtigkei­t einer Impfung zu überzeugen, aber es gebe für sie weder eine Impfpflich­t noch würden sie wegen nicht vorhandene­r Impfung der Praxis verwiesen. „Das wäre mit Kanonen auf Spatzen geschossen, zumal die Wahrschein­lichkeit höher ist, dass sie sich im Supermarkt anstecken könnten.“Dass er sich über, wie er sagt, impfmüde und impffaule Menschen ärgert, daraus macht der Mediziner jedoch keinen Hehl. Impfung und Hygiene seien für das Überleben sehr wichtig. In Simbabwe, wo er gearbeitet habe, hätten die Menschen dies gewusst und hätten sich ohne Anstände zum Impfen in die Schlange eingereiht. Und es sei eine Schande, dass deutsche Touristen die Masern wieder in Guatemala eingeschle­ppt hätten. Impfen, bekräftigt Hock, diene dem Schutz der Menschen, die Nebenwirku­ngen seien im Vergleich dazu weitaus geringer.

Mitarbeite­r des Roten Kreuzes, vor allem solche in Kindergärt­en und Gemeinscha­ftseinrich­tungen, müssen geimpft sein. „Ich vertraue auf die Vernunft derer, die im Gesundheit­swesen tätig sind“, sagt DRK-Kreisgesch­äftsführer Matthias Wagner. Deswegen werde sich die Frage eines Beschäftig­ungsverbot­s sicherlich erst gar nicht stellen.

„Ich vertraue auf die Vernunft derer, die im Gesundheit­swesen tätig sind.“

Matthias Wagner, DRK

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FOTO: JOCHEN TACK / EPD Ab dem 1. März 2020 ist die Masern-Schutzimpf­ung verpflicht­end.

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