Vorhang auf für Peter Sattmann
Unterhaltsamer Abend mit dem beliebten Schauspieler bei der Buchhandlung Rupprecht
- Eigentlich ist er aus Abenteuerlust Schauspieler geworden. Auch wenn manche Abenteuer inzwischen altersbedingt im Kopf stattfinden, ist Peter Sattmanns Leben reich an unvergesslichen Augenblicken und herrlichen Verrücktheiten. In seiner Autobiografie „Mein Leben ist kein Drehbuch“nimmt der beliebte Schauspieler diese „Zeitpfeiler“, wie er sie nennt, als Markierungen und reiht sie auf wie Perlen an einer Schnur. Einige Kapitel hat Sattmann in der Buchhandlung Rupprecht gelesen, garniert mit der heiteren Gelassenheit eines 72-Jährigen und dem selbstbewussten Charme eines Mannes, der zwar nicht im landläufigen Sinne „schön“, aber immer ein Frauentyp war.
Wer hätte gedacht, dass Peter Sattmann ein waschechter Sachse ist? Mit einer Dame aus Leipzig im Publikum, das sich aufgrund widriger Wetterverhältnisse nicht so scharenweise wie gewohnt bei Rupprecht versammelt hat, schäkert der in Zwickau geborene Schauspieler in muttersprachlichem Sächsisch, das später am Bodensee von einer schwäbischen „Kruste“überlagert wurde. Schwäbisch habe er wie eine Fremdsprache gelernt, gesteht Sattmann und erzählt die Geschichte von „Sizilien“. Dorthin brachen er und ein Freund mit ihren Rädern auf. Nur 20 Kilometer weiter landeten sie bei hübschen jungen Schwedinnen am See, blieben fünf Wochen und erzählten zu Hause wilde Stories vom mörderischen Brenner, dem feuerspeienden Vesuv und dem Papst. Schauspieler eben, schon damals.
Trotz seiner Sprachbegabung endete seine Schulzeit am Graf-Zeppelin-Gymnasium
unrühmlich, weil ihm seine Band „The Shooting Stars“wichtiger war. Sattmann kam dem Rausschmiss zuvor und entfloh nach München, mit Gitarre und sonst nichts: „Das nannte man damals Gammler.“Als es für Übernachtungen im Englischen Garten zu kalt wurde, besann sich der 17-Jährige auf das Eigentliche und darauf, was er immer schon werden wollte: Schauspieler.
Mit unfreiwilliger Komik beeindruckte er Ali Wunsch-König, Leiterin einer Schauspielschule und gebürtige Sächsin. Fortan übte er Sprechen, Sprechen und nichts als Sprechen, mit dem „Kleinen Hey“und Korken im Mund Vokale wie das a mit Versen wie „Barbara saß nah am Abhang, sprach gar sangbar zaghaft langsam“, das o mit „Trostarm kommt am Sonntag Dora“oder Konsonanten mit „Stündlich stöhnt der störr’ge Strolch, stemmt sich stramm zu starkem Sturz“. Er kann’s noch immer, sogar in rasendem Tempo zur Gaudi der Zuhörer, die ihm längst zu Füßen liegen.
Von nun an ging’s bergauf. In Göttingen spielte Sattmann früh mit namhaften Kollegen und machte wie von selbst Karriere. Als geborener Komödiant genießt er es, wenn die Leute über ihn lachen, und erweist sich als begnadeter Witzeerzähler. Zusammen mit Rainer Schöne tourt er mit Witzen durch die Lande, hat‘s aber auch solo drauf, dass sich die Balken biegen. Mit jeder Rolle, sagt er, gehe er seinen Beruf neu an. Der Truffaldino im „Diener zweier Herren“habe ihn so herausgefordert, dass er sogar das Rauchen aufgegeben habe. Vorübergehend.
Theater will Sattmann nicht mehr spielen, wohl wissend, dass die Zuhörer nur halb so viel Spaß hätten, wenn er sein Handwerk nicht von der Pike auf gelernt hätte. Und doch braucht er den Kontakt mit dem Publikum: „Jeder Lacher, jeder Einatmer“tut gut. Lachen sei nun mal die beste Medizin, sagt er und verrät zum Abschied einen Trick. Wenn man auf den Tod in jedem Augenblick ebenso geduldig warte wie auf einen geliebten Menschen, werde die Zeit sehr lang: „Fast unerträglich lang.“Spricht’s und zieht den Vorhang zu. Peter Sattmann live und hautnah – es war ein Vergnügen.