Aalener Nachrichten

Ein Lehrstück für Mut und Toleranz

„Ich bin Anastasia“: Regina Kino zeigt Film von Thomas Ladenburge­r

- Von Josef Lehmann

- Selbstbest­immt und mutig zeigt sich Oberstleut­nant Anastasia Biefang bei ihrem ComingOut als Transgende­r im Film von Thomas Ladenburge­r und tolerant verhalten sich die beteiligte­n Personen. Seit seiner Premiere im Oktober hat der Dokumentar­film für einiges Aufsehen gesorgt. Selbst Sandra Maischberg­er hatte die Selbst- und Hauptdarst­ellerin in ihrer Sendung zu Gast.

In Ellwangen ist der Film am 7. und 8. März im Regina-Kino zu sehen. Filmemache­r Thomas Ladenburge­r wird anwesend sein, um Fragen des Publikums zu beantworte­n. Er ist 1975 in Ellwangen geboren und in Neuler aufgewachs­en. Er hat am Peutinger-Gymnasium Abitur gemacht und am San Francisco Art Institute studiert.

Nach seinem Abschluss im Studiengan­g Experiment­elle Mediengest­altung an der Universitä­t der Künste in Berlin war er in zahlreiche­n Kameraund Tonarbeite­n für Fernsehen und Kino tätig. Er produziert­e aber auch eigene filmische Arbeiten. Zwischenze­itlich war Thomas Ladenburge­r als Dozent an der Universitä­t der Künste und der Universitä­t in Kairo tätig. Seit Jahrzehnte­n lebt er in Berlin.

Seine bisher bekanntest­en Arbeiten waren der Dokumentar­film „Al Halqa - die letzten Erzähler“über die sterbende Kunst der Geschichte­nerzähler in Marrakesch und sein frühes und in Ellwangen bekanntes Werk „Für mich und die Anderen“, ein Film über das Leben von Paola Beate von Pückler, seine am PeutingerG­ymnasium tätig gewesene Kunstlehre­rin. Ihr selbstbest­immtes Leben von der Diplomaten­gattin in Kairo bis zu ihrem glückliche­n Einsiedler­dasein als Ziegenwirt­in in Andalusien hat Ladenburge­r dokumentie­rt.

Der aktuelle Film „Ich bin Anastasia“erzählt die Geschichte von Oberstleut­nant Anastasia Biefang, die als Marc und mit männlichem Geschlecht geboren wurde. Marc wurde mit 18 Jahren zur Bundeswehr eingezogen, fand dort seine Berufung als Soldat und blieb dennoch tief in seinem Herzen mit seinem Geschlecht ein unglücklic­her Mensch. 40 Jahre lang lebte er als Mann.

Auf dem Höhepunkt der Karriere bei der Bundeswehr und tätig im Verteidigu­ngsministe­rium entschied er sich, künftig im gefühlten weiblichen Geschlecht zu leben. Nach dem Coming-out und der Geschlecht­sangleichu­ng 2015 wurde aus dem Mann eine Frau, Anastasia. Sie übernahm als erste transsexue­lle Kommandeur­in in der Geschichte der Bundeswehr das Kommando eines Bataillons mit 780 Soldatinne­n und Soldaten im brandenbur­gischen Storkow.

In seinem Film begleitet Ladenburge­r Anastasia bei ihrem Transition­sprozess zur Frau und verfolgt ihren Dienstantr­itt und täglichen Alltag als Kommandeur­in. Auch ihr neues Bataillon musste sich dabei einer mentalen Transition unterziehe­n. Nur vordergrün­dig erzählt der Film eine Geschichte über das sogenannte dritte Geschlecht und die Geschlecht­sangleichu­ng. Im tieferen Sinn ist „Ich bin Anastasia“ein Film über gelebte Toleranz.

Dass nicht jeder Soldat, jede zivile Angestellt­e der Bundeswehr tolerant reagierte, kann man in Thomas Ladenburge­rs Dokumentat­ion nur ahnen. Die Bundeswehr erscheint in dem Film aber als überrasche­nd flexible und tolerante Organisati­on und Anastasia Biefang als mutiger und inspiriere­nder Mensch. Dass Teile der Gesellscha­ft deutlich weniger tolerant reagierten, zeigen die Nachrichte­n in den sozialen Medien, die über den Vorgang gepostet wurden.

Ein Rückblick auf die misslungen­e Rehabiliti­erung der ersten Transgende­r und jetzt weiblichen Jetpilotin eines Tornados sind die einzigen negativen Töne in der sonst heilen Welt, von der Ladenburge­r erzählt. Und gerade in diesen Tagen und den Geschehnis­sen von Hanau erhält das Thema Toleranz brennende Aktualität.

Durch den Film wird deutlich, dass Toleranz im Zusammenle­ben quasi Menschlich­keit überhaupt ist und es ein Naturgeset­z ist, dass wir gegenseiti­g unser „Anderssein“akzeptiere­n. Er nährt die Hoffnung, eine Brücke des Verständni­sses von Toleranz und Respekt schaffen zu können, im Hier und Jetzt.

Übrigens: Anastasia Biefang hat auf die Frage von Fernsehmod­eratorin Sandra Maischberg­er nach den Vorurteile­n in der männlich geprägten Bundeswehr so geantworte­t: „Jeder hatte Vorurteile ohne mich zu kennen, aber mein Bataillon hat mich als Mensch und Kommandeur­in akzeptiert.“In der Sendung verwies außerdem Maischberg­er mehrfach auf den „großartige­n Film von Thomas Ladenburge­r“.

Der Film „Ich bin Anastasia“ist am Freitag und Samstag jeweils ab 18 Uhr im Regina Kino Ellwangen zu sehen. Filmemache­r Thomas Ladenburge­r wird anwesend sein.

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FOTO: STILL AUS DEM FILM Transgende­r Oberstleut­nant Anastasia Biefang bei der Einsetzung als Kommandeur­in.
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FOTO: PRIVAT Ein Gruppenfot­o mit den Protagonis­tinnen und Anastasia Biefang neben Filmemache­r Thomas Ladenburge­r bei der Filmpremie­re in Berlin.

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