Einigung beim Bleiberecht
Grüne und CDU legen Streit um Geflüchtete mit Job bei – Was sich nun ändert
- Nach monatelangem Ringen haben sich Grüne und CDU in Baden-Württemberg auf einen Kompromiss zum Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber geeinigt, die einen festen Job haben. Damit kann auch ein neues Polizeigesetz verabschiedet werden, das der Polizei unter anderem den Einsatz von Videokameras in Wohnungen erlaubt.
Eigentlich hatten sich die Spitzen der grün-schwarzen Landesregierung bereits vor Weihnachten geeinigt. Doch im neuen Jahr zeigte sich: Die Grünen hatten die Vereinbarungen wohl anders verstanden als die CDU. Damit legte man den bereits gefundenen Kompromiss auf Eis.
In dem Konflikt geht es um die Frage, ob nicht anerkannte Asylbewerber in Deutschland bleiben dürfen, wenn sie eine sozialversicherungspflichtige Arbeit haben. Der Bund erlaubt ihnen, unter bestimmten Voraussetzungen zu bleiben: Sie müssen seit 18 Monaten einen festen Vollzeit-Job haben, straffrei leben und für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen. Außerdem müssen sie mitgeholfen haben, ihre Identität zweifelsfrei zu klären – also Name, Herkunft und Alter.
Die Regelung nützt nur Flüchtlingen, die vor dem 1. August 2018 nach Deutschland gekommen sind. Das Problem: Bis jemand diese Erlaubnis bekommt, muss er ein Jahr geduldet in Deutschland leben. Diese Frist beginnt, wenn ein Asylantrag endgültig abgelehnt wurde. Duldungen werden ausgesprochen, wenn eine Abschiebung nicht sofort vollzogen werden soll oder kann – also wenn etwa humanitäre Gründe dagegen sprechen oder ihr Heimatland sie nicht wieder aufnehmen will. Viele Betroffene haben zwar Arbeit und erfüllen die übrigen genannten Kriterien. Doch noch bevor sie die letzte Anforderung erfüllt haben, nämlich die einjährige Duldung, werden sie abgeschoben.
Dagegen hatten sich die Grünen, aber auch zahlreiche Unternehmer der Initiative „Bleiberecht durch Arbeit” gewehrt, darunter der Leutkircher Brauer Gottfried Härle und die Chefin des Tettnanger Outdoor-Ausrüsters Vaude. Ihr Argument: Die Wirtschaft habe Asylbewerber eingestellt, als sehr viele Menschen zwischen 2015 und 2016 ins Land kamen. Damals habe die Politik genau das gefordert. Nun würden die angelernten und dringend benötigten Mitarbeiter abgeschoben.
Grüne und CDU vereinbarten nun erneut, sich gemeinsam bei der Bundesregierung für neue Regeln einzusetzen. Das Ziel: Menschen, die 2015 und 2016 nach Deutschland kamen und hier arbeiten, sollen auch die Zeit während des Asylverfahrens angerechnet bekommen. Dann könnte die sogenannte Beschäftigungsduldung früher als bislang erteilt werden. Doch ob eine solche Initiative in Berlin Erfolg hat, ist offen. Und es wird auf jeden Fall dauern, bis es so weit ist.
Kurzfristig wird daher eine andere Maßnahme die größten praktischen Auswirkungen haben: die Betroffenen sollen an die Härtefallkommission des Landes verwiesen werden. Dieses unabhängige Gremium widmet sich Fällen, in denen Asylbewerber abgeschoben werden sollen und bereits alle anderen Mittel gegen diese Entscheidung ausgeschöpft haben – also vor allem den Weg vor die
Gerichte. Die Kommission kann dem Innenministerium nach Prüfung empfehlen, die Menschen nicht abzuschieben. Solange die Kommission berät, ist die Abschiebung ausgesetzt. Damit könnten viele Betroffene Zeit gewinnen.
Außerdem vereinbarten Grüne und CDU nun schriftlich, Menschen mit Arbeit nach anderen abzuschieben, sofern das rechtlich möglich ist. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte stets betont, für eine solche Priorisierung gebe es enge gesetzliche Vorgaben vom Bund. An die müssten sich die Behörden in Baden-Württemberg halten. Schon immer würden zunächst Straftäter und Terrorverdächtige abgeschoben. Die schriftliche Vereinbarung soll dieses Verfahren verbindlich festhalten.
Uneins bleiben die Regierungspartner aber bei einem zentralen Punkt: Die Grünen und auch die Unternehmerinitiative halten es für rechtlich möglich, Menschen in Arbeit grundsätzlich zu dulden, wenn sie gut integriert sind – Strobl nicht. Diesen Ermessensspielraum gebe das Gesetz nicht her, so sein Argument.