Erste Corona-Fälle: Das sagt der Landkreis
43-Jährige und ihre Kontaktpersonen sind in Quarantäne – Externes Untersuchungszentrum wurde eingerichtet
- Es ist nur eine Frage der Zeit gewesen, bis das Coronavirus auch im Ostalbkreis ankommt. Eine 43jährige Frau aus Ellwangen hat sich in Heinsberg in Nordrhein Westfalen angesteckt. Das Ergebnis lag am Dienstagnachmittag vor, sagte Landrat Klaus Pavel bei einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen im Landratsamt. Alle Menschen, mit denen die infizierte Frau Kontakt hatte, wurden wie die 43-Jährige selbst für zwei Wochen in Quarantäne oder häusliche Isolation gestellt. Am frühen Abend gab das Landratsamt dann zwei weitere Fälle im Ostalbkreis bekannt. Außerdem wurde ein Erkrankter aus dem Landkreis Heidenheim gemeldet. Der 80-jährige Mann ist in isolierter stationärer Behandlung.
Gemeinsam mit ihrer Familie hat die in Ellwangen lebende Frau in den Faschingsferien die nordrhein-westfälische Stadt besucht und ist hier auch auf Karnevalsumzügen gewesen. Nach ihrer Rückkehr habe sie leichte Symptome erkannt, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus schließen ließen, sagt die Leiterin des Geschäftsbereichs Gesundheit, Ulrike Bopp-Haas. Aus Sorge habe sie sich deshalb zwei Tage später an das Gesundheitsamt gewandt und sich testen lassen. Die Abstriche im tiefen Rachen und in der Nase wurden ans Landesgesundheitsamt geschickt. Die Ergebnisse, die am Dienstagnachmittag vorlagen, brachten dann die traurige Gewissheit, dass die Frau am Coronovirus (Covid-19-Virus) erkrankt ist.
„Noch am Dienstagabend haben wir alle Personen ermittelt, die mit der 43-Jährigen bislang Kontakt hatten“, sagt Pavel. Sowohl von ihrem Ehemann als auch den beiden Kindern wurden Abstriche entnommen und zur Analyse geschickt. Proben wurden auch von weiteren Personen entnommen, die mit der Erkrankten in Berührung gekommen sind. Bis weit nach 22 Uhr hätten die Tests gedauert, sagt Pavel. „Letztlich wurden insgesamt acht Kontaktpersonen im Ellwanger Raum und sechs Kontaktpersonen im nordrhein-westfälischen Heinsberg in häusliche Isolation genommen.“Der Landrat hofft, dass die Ergebnisse der Tests allesamt negativ ausfallen. Sollte dies der Fall sein, bleibe die vierzehntägige Quarantäne dennoch bestehen. Der Zustand der 43-Jährigen selbst sei stabil und sie sei wieder auf dem
Weg der Besserung. Eine stationäre Behandlung der Patientin sei nicht erforderlich gewesen.
In Aalen kursierende Gerüchte, dass der Fall schon länger bekannt gewesen sei, dementiert Pavel. Die Nachricht habe ihn erst am Dienstagnachmittag erreicht. Daraufhin habe er sofort die Mitglieder des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und auf diesem Weg auch die Presse informiert. „Wir werden die Öffentlichkeit immer zeitnah über die neuesten, sich allerdings stündlich ändernden Nachrichten auf dem Laufenden halten und nicht hinterm Berg halten“, betont Pavel. Darauf lege er ebenso viel Wert wie auf die Prävention. Personelle oder materielle Kosten interessierten ihn nicht. Ihm sei es wichtig, für die Gesundheit im Ostalbkreis zu sorgen. Und dafür werde er alles tun und keine Maßnahme auslassen.
Um zu verhindern, dass Bürger, die Krankheitssymptome zeigen, unnötig mit anderen in Kontakt kommen, hat das Landratsamt am Montag ein externes Untersuchzentrum eingerichtet, in dem Abstriche entnommen werden. Wo sich das Zentrum befindet, will Pavel nicht sagen. Diese Anlaufstelle sei ausschließlich für diejenigen Bürger da, die die typischen Symptome des Coronavirus‘ wie Fieber, Husten oder Atemnot haben. Andere besorgte Bürger könnten sich jederzeit täglich über die Hotline beim Gesundheitsamt melden.
Seit der Einrichtung der Hotline stünden die sechs Telefone nicht mehr still, sagt Pavel. Insgesamt seien bislang 400 Anrufe eingegangen. Allein am Dienstag hätten 173 besorgte Bürger die Nummer gewählt. Den Sonntag davor seien es 97 gewesen. Hier habe es sich vor allem um Urlauber gehandelt, die die Faschingsferien in Südtirol verbracht haben und aus Sorge, sich infiziert zu haben, die Nummer anriefen. Da alle Reiserückkehrer aus der nördlichsten Provinz Italiens über ein- und dieselben Symptome geklagt hätten, habe das Landratsamt die Empfehlung ausgesprochen, am Montag weder Schule noch Kindergarten oder Pflegeeinrichtungen zu besuchen, sagt Pavel.
Unabhängig von den telefonischen Beratungen haben Mitarbeiter des Gesundheitsamts bislang 97 Personen getestet. Um diese hohe Schlagzahl, die sich vermutlich noch erhöhen werde, bewältigen zu können, sei das Personal beim Geschäftsbereich Gesundheit verstärkt worden. „Die Mitarbeiter leisten eine wahre Herkulesarbeit und sind nahezu rund um die Uhr im Einsatz“, lobt Pavel deren Einsatz.
Vorbereitet seien auch die Kliniken Ostalb mit dem Aalener OstalbKlinikum, der Ellwanger Sankt-Anna-Virngrund-Klinik und dem Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd in Mutlangen. In allen drei Krankenhäusern seien Krisenstäbe personell ausgestattet worden. In Quarantänefällen verfügten diese etwa über Schleusen, Räume mit Unterdruck, damit das Virus nicht nach außen dringen kann, und ausreichend Schutzmaterialien, sagt der Vorstandvorsitzende der Kliniken Ostalb, Professor Ulrich Solzbach. Sofern es zu einer Masseninfektion komme, liege der Schwerpunkt der Quarantäne allerdings am Aalener Ostalb-Klinikum, ergänzt Pavel. Von einer Pandemie auf der Ostalb sei man zwar noch weit entfernt, dennoch stünden Überlegungen an, wo im Falle eines Falles Notfallzentren in der Nähe der drei Kliniken eingerichtet werden könnten. Darüber hinaus will sich Pavel beim Land für eine koordinierte Sammelbestellung von Schutzmaterialien für Rettungsdienste und Hilfsorganisationen, Kliniken, Kommunen und niedergelassene Ärzte stark machen, um etwaige Engpässe zu vermeiden.
Obwohl davon auszugehen sei, dass auch im Ostalbkreis weitere Coronavirus-Fälle auftreten und die Anzahl an Infizierten steigt, rät Pavel zur Besonnenheit bei der Absage von Veranstaltungen und bei Hamsterkäufen. „Nudeln und Mehl gibt es auch in drei Tagen noch.“Vereine und Gewebetreibende, die sich nicht sicher seien, wie sie mit ihren Veranstaltungen umgehen sollen, könnten sich jederzeit beim Landratsamt melden und Empfehlungen einholen. „Bei aller Vorsorge dürfen wir unser soziales Miteinander nicht völlig aufgeben“, sagt Pavel. Das Landratsamt selbst habe bislang keine Veranstaltung abgesagt. Drei Großereignisse stehen in den kommenden Tagen mit „RegioWIN 2030“am 14. März im Aalener Ostertag und dem Zukunfts- und Mobilkongresses am 16. März in Oberkochen mit jeweils über 200 Teilnehmern an. Ob diese stattfinden, müsse Mitte nächster Woche im Rahmen der täglichen Lagebesprechung des Führungskreises Corona erörtert werden.
Die Sorge in der Bevölkerung kann neben Pavel auch Solzbach verstehen.
Dennoch warnt er vor Hysterie und Panik. Diese seien ein schlechter Ratgeber. „Und Angst macht uns verrückt.“Solange die Infektionskette wie im Falle der 43-Jährigen nachvollzogen werden und festgestellt werden kann, mit welchen Personen der oder die Betroffene Kontakt hatte, könne man reagieren und diese in Quarantäne setzen. Schlimmer werde es erst dann, wenn wie im Fall von Wuhan 60 Prozent der Bevölkerung an dem Virus erkranken und eine Nachverfolgung nicht mehr lückenlos möglich sei. In Deutschland und im Ostalbkreis sei die Kontrolle nach wie vor gegeben, sagt Solzbach.
Dass Personen im Ostalbkeis leben, die den Coronovirus in sich tragen, der allerdings aufgrund ihres guten Immunsystems nicht ausgebrochen ist, schließt Bopp-Haas nicht aus. Doch von diesen Bürgern gehe keine Gefahr aus. Wer keine typischen Symptome zeigt, müsste auch nicht getestet werden. Denn in einem solchen Fall würden die Abstriche negativ ausfallen. Selbst dann, wenn der Betroffene den Virus in sich trägt, sagt Solzbch. Das A und O sei es nach wie vor, sich die Hände zu waschen, Abstand zu halten und sich nicht mit den Händen ins Gesicht zu fassen. Denn vor allem Schleimhäute seien für das Virus empfänglich. Woher die 43-jährige infizierte Frau aus dem Ellwanger Raum genau kommt, will Pavel nicht sagen. Aus Schutz vor der Persönlichkeit der Frau. Zudem soll sie nicht grundlos an den Pranger gestellt werden. „Jeden von uns kann es von jetzt auf nachher treffen. Das sollte uns bewusst sein“, sagt Pavel.
Besorgte Bürger können sich täglich von 8 bis 20 Uhr über die
07361 / 503-1900 beim Gesundheitsamt melden.