Nichts ist unmöglich ... Abu Dhaaaabi
In dem Emirat am Persischen Golf haben auch Giraffen, Geparden und Gazellen ein Zuhause gefunden
Eine Reise durch den sagenhaft reichen Wüsten- und Ölstaat Abu Dhabi ruft ähnliche Symptome hervor wie ein Feuerwerk: ungläubiges Kopfschütteln, Ahs und Ohs, offene Münder, weit aufgerissene Augen. Und wie bei Lichtfontänen und schillernden Himmelsrosetten beschleicht einen auch hier das Gefühl, dass das eigentlich nicht ganz in Ordnung ist. Der Faszination tut dies allerdings wenig Abbruch angesichts märchenhafter Paläste, in denen unter anderem dreistöckige Kronleuchter aus 350 000 Swarowski-Kristallen glitzern, riesiger Moscheen aus weißem Marmor und glänzendem Gold, unzähliger luxuriöser Hotelresorts, einer ganzen Insel voll rekordverdächtiger Vergnügungsparks und Kunstmuseen wie das Architekturjuwel Louvre Abu Dhabi. Seit Jahren steigende Tourismuszahlen belegen dies.
Der Besucher ist angesichts dieser arabischen Pracht geflasht, wandelt wie im Traum durch eine surreale Welt und schwankt jede Minute zwischen Bewunderung, Ungläubigkeit und Ablehnung. Das prunkvolle Leben der Scheichs und ihrer Untertanen – nur 20 Prozent der Einwohner Abu Dhabis sind tatsächlich Emirati – ruft Widersprüche hervor. Klar ist es super, nichts für Strom, Gas, Wasser oder ärztliche Versorgung zahlen zu müssen, zur Hochzeit ein großes Haus vom Staatschef geschenkt zu bekommen und nicht wie die vielen Gastarbeiter schuften zu müssen, weil der Scheich seinen Landsleuten finanziell kräftig unter die Arme greift. Und wer fährt nicht gerne Porsche, Bentley, Ferrari oder gar einen Rolls? Aber dafür zu allem Ja und Amen zu sagen, von einem absoluten Monarchen regiert zu werden, nicht wirklich eine Wahl zu haben und sich an strenge Regeln halten zu müssen? Außerdem zu wissen, dass es in etwa 30 Jahren vorbei ist mit dem luxuriösen Lotterleben, weil dann das wertvolle Erdöl versiegt?
Nur gut, dass sich der Tourist, der dieses größte der sieben Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) besucht, darüber nicht allzu vielen Gedanken machen muss. Er darf weiter wie ein kleines Kind staunen, auch über die Größe Abu Dhabis. Dieses Emirat besteht nämlich nicht nur aus der 1,5 Millionen Einwohner zählenden Abu Dhabi City, die gleichzeitig die VAE-Hauptstadt ist, sondern auch aus einer Landfläche, ungefähr so groß wie Bayern. So dauert die Fahrt nach Sir Bani Yas dann auch zweieinhalb Stunden. Sie führt über eine breite, beleuchtete Autobahn entlang der größten zusammenhängenden Sandwüste der Welt Rub al-Khali zum Jebel Dhanna Pier, von wo aus die Fähre nach Sir Bani Yas übersetzt.
Kaum hat das Boot angelegt, geht das Wundern weiter. Auf dem Weg zu einem der drei Luxusresorts auf der Insel grasen Antilopen und Gazellen am Straßenrand. Vor dem Hotelbungalow
am weißen Sandstrand stolziert ein Pfau vorbei, die Luft ist erfüllt von Wellenrauschen und Vogelgezwitscher.
Das wirklich Erstaunliche aber beginnt am nächsten Morgen. Stephen Moller, studierter Ranger aus Südafrika, holt mit einem Jeep die Hotelgäste zur Safari ab. Ja, richtig gehört: zur Safari! Denn die Wüste lebt auf dieser Insel Abu Dhabis, die so groß ist wie Sylt und auf der rund 14 000 wilde Tiere zu Hause sind. Das Eiland erinnert weniger an einen Wüstenstaat und schon gar nicht an eine Nordseeinsel, sondern viel eher an Ostafrika. Schirmakazien sind nur eine der 70 verschiedenen Arten und insgesamt sage und schreibe drei Millionen Bäume, die Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan, Staatsgründer der Vereinigten Arabischen Emirate, vor rund 40 Jahren hier pflanzen ließ. Bewässert werden sie auf diesem eigentlich kargen Boden mit entsalztem Meerwasser, das durch insgesamt über 100 000 Kilometer lange Leitungen gepumpt und auf der gesamten Insel verteilt wird. „40 000 Liter Wasser die Woche, im Sommer gern das Doppelte“, erklärt Stephen ohne irgendeinen verräterischen Unterton in der Stimme. Das ungläubige Kopfschütteln überlässt er seinen Gästen, etwa wenn er erzählt, dass die Insel Heimat für rund 400 Arabische Oryxantilopen ist, die größte Herde ihrer Art weltweit. Überhaupt hat mit diesen eleganten Vierbeinern mit den langen, kaum gebogenen Hörnern alles angefangen. Vor einem knappen Jahrhundert galten sie als ausgerottet. Scheich Zayid ließ einige der letzten Exemplare aus Zoos in den USA einfliegen und startete auf Sir Bani Yas erfolgreich ein Zuchtprogramm.
Zu den Oryxantilopen gestellten sich im Laufe der Jahre Tiere, die Scheich Zayid von anderen Staatsoberhäuptern geschenkt bekommen hat. Als der Herrscher 2004 starb, wurde sein privater Erholungsort und Wildpark für Besucher geöffnet.
Stephen stoppt den Jeep, öffnet schnell das Dach und legt den Zeigefinger an die Lippen. Psst. Nur wenige Meter entfernt zupft eine Giraffe Blätter vom Baum. Eine andere stakst in aller Ruhe direkt am Auto vorbei. Man müsste nur die Hand ausstrecken, um George zu streicheln. „Das ist unser Womanizer, der für viel Nachwuchs sorgt“, erzählt Stephen, dieses Mal dann doch mit einem leicht neidischen Unterton in der Stimme. 40 Giraffen leben inzwischen auf Sir Bani Yas. Neben ihnen gibt es 29 andere Tierarten, die unter der Aufsicht von Veterinären, Tierpflegern
und Rangern den Wildpark, der rund die Hälfte der Insel einnimmt, bevölkern. Dazu gehören auch Tausende von Gazellen, die sich ungebremst vermehrten. Weshalb auf natürliche Auslese gesetzt und Hyänen wie auch drei Geparden auf die Insel gebracht wurden. Die Wildkatzen heißen Kuba, Gibs und Gabriel und zeigen sich schon wenige Minuten später. Ihr blutverschmiertes Maul irritiert zunächst, trägt dann aber zur allgemeinen Beruhigung bei. Denn: „Die hatten wohl bereits ihr Frühstück“, bemerkt Stephen wieder ein wenig neidisch, denn er ist mit seinen Gästen schon zu nachtschlafender Zeit aufgebrochen. Vermutlich ohne vorher heißen Kaffee und Croissants genossen zu haben.
Natur erleben Abu-Dhabi-Besucher auch mitten in der erstaunlich grünen und sehr entspannten Hauptstadt. Ganz ohne menschliches Zutun erstreckt sich hier auf neun Quadratkilometern der Mangroven Nationalpark. Er kann im Kajak erkundet werden oder – ganz neu – auf einem über zwei Kilometer langen, angelegten Rundweg mit schwimmender Plattform. So ganz die Finger von der Natur lassen können die Emirati dann doch nicht. Liegt sie ihnen doch angeblich so sehr am Herzen, dass in manchem Hotel sogar eine Umweltmanagerin tätig ist, die zum Beispiel dafür sorgt, dass am hoteleigenen Strand die Schildkröten nach wie vor ungestört ihre Eier verbuddeln können. Der Einwurf, dass in anderen Ländern Hotelneubauten in so sensiblem Gebieten erst gar nicht genehmigt werden würden, erntet nur ein müdes Lächeln. In Abu Dhabi ist eben nichts unmöglich.
Weitere Informationen unter www.visitabudhabi.ae/de
Die vorgestellte Reise wurde organisiert vom Reiseveranstalter FTI (www.fti.de), der nach eigenen Angaben im deutschsprachigen Raum Marktführer für Pauschalreisen in die Vereinigten Arabischen Emirate ist.