À la française
Aller guten Dinge sind drei. Nachdem es in den letzten zwei Glossen um die Wörter quarantaine und chauvinisme gegangen war, blicken wir ein weiteres Mal nach Westen. Aus dem Französischen sind einige Formulierungen und Redensarten in unsere Sprache übernommen worden, die wir im Original belassen. „Ich esse à la carte“, sagt der Gast im Lokal, der kein festes Menü will, sondern sich seine Mahlzeit aus der Speisekarte zusammenstellt.
Während diese Wendung allgemein bekannt sein dürfte, sollte man bei anderen vorsichtig sein. Wer von einem Déjà-Vu-Erlebnis spricht, setzt voraus, dass sein Gegenüber das versteht – dèja vu (schon einmal gesehen). Kann er sich dessen nicht sicher sein, sollte er es unterlassen. Ansonsten wird ein solcher bildungsbürgerlicher Ausflug in eine fremde Sprache schnell zum peinlichen
Imponiergehabe. Formulierungen wie C’est la vie! (So ist das Leben) oder Chacun à son goût
(Jeder nach seinem Geschmack) sind geläufig. Auch Enfant terrible (schreckliches Kind, im übertragenen Sinn Außenseiter, Bürgerschreck), Jour fixe (regelmäßiger Termin) oder Femme fatale (verführerische, womöglich auch verhängnisvolle Frau) hört man oft in der französischen Version. Apropos Femme: Cherchez la femme wird bei uns meist als Hang zum weiblichen Geschlecht interpretiert.
Sucht die Frau! – so die Übersetzung – ist allerdings wörtlich zu nehmen und wenig schmeichelhaft für die
G
Damenwelt. In dem 1854 erschienenen Roman „Die Mohikaner von Paris“von Alexandre Dumas war es die Devise eines hohen Polizisten. Bei Verbrechen könne man stets sicher sein, dass eine Frau ihre Hände im Spiel hat. Die gelte es zu finden. Eine Frau war auch Auslöser für ein anderes berühmtes Zitat: Honi soit
qui mal y pense. Wörtlich übersetzt:
Verachtet sei, der Böses dabei denkt. Bei uns allerdings geläufiger: Ein Schelm,
der Böses dabei denkt. Gemeint ist damit, dass hinter einem vermeintlich harmlosen Vorgang mehr stecken kann als vermutet. Ursprung soll ein Vorfall um 1340 gewesen sein: Da verlor die Geliebte des englischen Königs Edward III. auf einem Ball ihr Strumpfband. Der Galan hob es auf, band es um die eigene Wade, rettete mit den Worten Honi soit qui mal y
pense ihre Ehre – und daraus wurde der höchste englische Orden. Schließlich Paris vaut bien une messe
(Paris ist eine Messe wert). Es ist umstritten, ob der Protestant Heinrich von Navarra 1593 dies wirklich sagte, als er vor seiner Krönung zum König Heinrich IV. von Frankreich zum Katholizismus übertrat. Aber wie auch immer, heute zitiert man den Spruch gerne leicht abgewandelt: Paris ist eine Reise wert. Was allemal stimmt. Allerdings fehlt zurzeit eine der Hauptattraktionen: In die seit der Katastrophe vom April 2019 durch Bauzäune abgesperrte Notre Dame kommt niemand hinein.
Dazu am Rand bemerkt: Der bekannte Pariser Philosoph Alain Finkielkraut befand nach dem Brand, das sei kein Unfall gewesen und auch kein Anschlag, sondern ein Suizidversuch der Kathedrale angesichts der unsäglichen Horden von Touristen und all der Hässlichkeit um sie herum. Sehr überspitzt formuliert! Man könnte aber auch sagen: Gut gebrüllt, Löwe!
Das wäre dann zur Abwechslung ein englisches Zitat. Well roared, lion! Shakespeare, „Sommernachtstraum“.
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