Ein Mahnruf an die Vernunft
Es war der besonnene Auftritt einer Frau, die Krisen kann. Der Appell der Kanzlerin an alle Einwohner der Bundesrepublik war eindringlich und eindeutig. Schnörkellos machte Angela Merkel aber auch klar, dass sie noch weitere Maßnahmen in der Hinterhand hält, sollte die Bevölkerung nicht den Ernst der Lage im Zuge der CoronaPandemie verstehen. Mit anderen Worten: Gibt es weiterhin einen vollen Münchner Viktualienmarkt, gibt es weiterhin diese hirnrissigen Corona-Feiern oder andere Zusammenkünfte, die Lässigkeit und Coolness auf dümmliche Art und Weise unter Beweis stellen sollen, dann kommt die Ausgangssperre wie in Italien oder Frankreich.
Noch versucht es die Regierungschefin mit einem Mahnruf an die Vernunft und an die Intelligenz. Sollte dieser verpuffen, wird die Bewegungsfreiheit noch deutlicher eingeschränkt, was wiederum die Volkswirtschaft noch härter treffen dürfte. Merkel wurde für ihre Verhältnisse deutlich: „Wir sind nicht verdammt, die Ausbreitung des Virus passiv hinzunehmen.“Jetzt ist nicht die Zeit für einfache Antworten auf schwierige Fragen. Und trotz aller massiven Einschnitte und Maßnahmen sollte niemand hierzulande in Panik verfallen. Die Versorgung ist gewährleistet, in den Krankenhäusern wie in den Supermärkten.
Es gilt, von den Gesunden Solidarität (ein großes Wort und dennoch richtig) mit den Alten und Gefährdeten einzufordern. Das hat Merkel mehrfach verdeutlicht, wenn sie darauf hinweist, dass jeder Einzelne nicht nur die Verantwortung für sich selbst trägt, sondern auch für alle anderen. Ob es gelingt, mit Empathie eine Ausgangssperre zu verhindern, ist völlig offen. Die Neunmalklugen, die einem vermeintlichen Mainstream nicht vertrauen wollen, wittern Verschwörung hier und dort. Kanzlerin Merkel hat auch hier die richtigen Worte gefunden.
Wir leben in einer Demokratie, Gerüchte dürfen nicht Grundlage von Meinungsbildung sein oder werden. Wer jetzt von Hysterie spricht, der beweist unfreiwillig, dass er nichts verstanden hat. h.groth@schwaebische.de