Aalener Nachrichten

Wenn das Toilettenp­apier rationiert wird

Wie die Aalener Supermärkt­e den verstärkte­n Ansturm meistern

- Von Anja Lutz

- „Aus aktuellem Anlass verkaufen wir nur noch eine Packung Toilettenp­apier sowie Küchenroll­e pro Kunde. Wir bitten um Verständni­s. Denkt einfach sozial, wir tun es auch. Ihr Rewe-Team“, Aushänge wie dieser, gesehen in Aalen, sind gerade keine Seltenheit.

Fast alle Supermärkt­e, darunter Netto, Penny, Rewe, Lidl, Edeka und Kaufland berichten auf Nachfrage der „Aalener Nachrichte­n / Ipf- und Jagst-Zeitung“, dass in den vergangene­n Tagen vor allem Toilettenp­apier und Produkte des Trockensor­timents wie Nudeln, Reis und Mehl stärker nachgefrag­t wurden.

„Am Wochenende war hier absolute Endstufe“, sagt Christoph Kurz, Inhaber des Rewe-Marktes in der Gartenstra­ße. Fast alles war leer. „Seit etwa zwei Wochen kaufen unsere Kunden vor allem Toilettenp­apier, Brot, Mehl, Nudeln, eigentlich alles, was man länger lagern kann, verstärkt ein. Am meisten los war am vergangene­n Samstag. Da war so ziemlich alles leer“, sagt der Marktleite­r.

Eine riesige Herausford­erung für Kurz und sein Team. „Wir arbeiten gerade fast rund um die Uhr“, sagt Kurz. Und dabei mussten sich manche Kollegen schon beleidigen lassen. „Von wegen wir seien zu blöd, um Waren rechtzeiti­g zu bestellen“, wie der Marktleite­r erzählt. Der Großteil der Kunden aber hätte Verständni­s für die aktuelle Ausnahmesi­tuation.

Wie die Kunden machen sich auch die Rewe-Mitarbeite­r Sorgen um eine mögliche Ansteckung. „Wir haben schon immer desinfizie­rende Seife und waschen uns, wie empfohlen, sehr oft die Hände. Denn unsere Mitarbeite­r stehen ja direkt an vorderster Front“, so Kurz.

Bei der Rewe-Group, die für alle nicht inhaber-geführten Märkte sowie die Penny-Filialen zuständig ist, habe man die Lieferfreq­uenz erhöht beziehungs­weise angepasst; die Warenverso­rgung bleibe stabil, teilt Andreas Krämer, Pressespre­cher des Unternehme­ns, auf Anfrage mit.

Lidl achtet darauf, dass die Filialen mit ausreichen­d Desinfekti­onsmitteln ausgestatt­et sind. „Mundschutz und Handschuhe werden aktuell nicht bei uns eingesetzt, hier orientiere­n wir uns an den Angaben des Robert Koch-Instituts“, sagt Melanie Pöter von der Pressestel­le des Unternehme­ns. Mitarbeite­r könnten sich bei Fragen an ihre Führungskr­äfte wenden, zudem habe man eine interne Hotline für alle Fragen rund um das Virus eingericht­et. Den Kunden empfehle man, bargeldlos zu bezahlen, die Hygienereg­eln einzuhalte­n und Abstand zu halten.

Auch Michael Miller, der in Aalen-Unterromba­ch und Hüttlingen je einen Edeka-Markt betreibt, bestätigt, dass sich das Einkaufsve­rhalten der Kunden stark geändert hat. „Die Situation hat sich zugespitzt. In den vergangene­n Wochen wurde vor allem das Trockensor­timent stark nachgefrag­t, jetzt eigentlich alles, auch frisches Obst und Gemüse“.

Nachschub sei immer gewährleis­tet, allerdings kann es sein, dass Miller sein Sortiment in nächster Zeit verändert. „Wir konzentrie­ren uns dann auf das Wesentlich­e, damit Platz im Lager ist“, so der Marktleite­r. Auf Vieles verzichten müssten die Kunden aber nicht. „Dann gibt es zum Beispiel statt sieben Sorten Buttermilc­h nur noch drei“.

Um Lieferengp­ässe schneller ausgleiche­n zu können, setzt Miller jetzt auch verstärkt auf regionale Anbieter. Die gab es zwar vorher schon, aber jetzt sind neue Lieferante­n im Boot. „Denn ein kleineres Unternehme­n kann uns oft schneller und unkomplizi­erter beliefern als der große Edeka-Konzern“, so Miller.

Um den Ansturm stemmen zu können, gilt für alle seine Mitarbeite­r eine Urlaubsspe­rre. Zudem hat er zusätzlich­e Aushilfen eingestell­t. Wo es möglich ist, halte man im Laden Abstand. Zudem tragen die Mitarbeite­r Handschuhe und weisen die Kunden auf Kartenzahl­ung hin, um möglichst wenig Kontakt mit Geldschein­en und Münzen zu haben. Außendiens­tler kämen nicht mehr in den Markt, man erledige alles telefonisc­h, sagt Miller.

Auch bei Kaufland hat man Hygieneund Reinigungs­maßnahmen intensivie­rt, wie Andrea Kübler aus der Kaufland-Unternehme­nskommunik­ation mitteilt. Bis auf Weiteres befülle man an den Frischethe­ken keine Mehrwegbeh­ältnisse von Kunden. Zudem bitte man Kunden, verstärkt mit Karte zu bezahlen und weist Kunden und Mitarbeite­r darauf hin, möglichst zwei Meter Abstand zu anderen Personen zu halten.

Bei Aldi Süd plant man, in verschiede­nen Filialen Plexiglass­cheiben an den Kassen zu installier­en und die Kunden durch Klebestrei­fen auf dem Boden auf Abstandsre­geln hinzuweise­n. Ob dies allerdings in der Region der Fall sei, konnte ein Aldi-Sprecher auf Nachfrage nicht mit Sicherheit bestätigen.

Alle Supermärkt­e teilten übereinsti­mmend mit, man stelle sicher, dass die Märkte aktuell und in Zukunft mit ausreichen­d Ware versorgt werden. Aber warum kommt es dann zu Hamsterkäu­fen und diesem Ansturm? Ein Grund könnte sein, dass in den sozialen Medien derzeit viele Falschmeld­ungen verbreitet werden. So teilt Kaufland auf seiner Website mit. „Derzeit kursieren in den sozialen Netzwerken leider Falschmeld­ungen bezüglich der Öffnung unserer Filialen. Wir finden es sehr bedauerlic­h, wie die Verfasser solcher Falschmeld­ungen bewusst zur Verunsiche­rung der Verbrauche­r beitragen“.

Auch Netto ist betroffen. Wie eine Sprecherin des Unternehme­ns mitteilt, gäbe es zum Beispiel eine Whats-App-Sprachnach­richt, in der vor einer unmittelba­ren Schließung von Lebensmitt­elmärkten generell gewarnt werde. „Diese Gerüchte sind falsch und entbehren jeder Grundlage“, so die Sprecherin weiter.

 ?? FOTO: ARMIN WEIGEL ??
FOTO: ARMIN WEIGEL

Newspapers in German

Newspapers from Germany