Aalener Nachrichten

Citymanage­r Skusa sieht die Chance in der Krise

Corona könnte den stationäre­n Handel sogar stärken - Der ACA appelliert jetzt an die Vermieter

- Von Eva Stoss

- Für viele Geschäfte, die jetzt schließen mussten, ist der OnlineHand­el nicht wirklich ein Ausweg, aber auch keine Bedrohung. Im Gegenteil: Die Corona-Krise macht die Bedeutung einer lebendigen Innenstadt wieder deutlich, meint CityManage­r Reinhard Skusa. Damit die Betriebe die Dürrezeit überstehen, appelliert der ACA an die Vermieter.

Josef Funk ist in Sorge. Mit den Kleiderber­gen, die sich vor seinem inneren Auge auftürmen, wachsen auch die Probleme. Die Frühjahrsw­are ist längst in den Modegeschä­ften, doch die Türen sind geschlosse­n. Gleichzeit­ig drängen die Lieferante­n, die bestellte Ware für April Mai und Juni im Lager haben und jetzt unbedingt loswerden müssen, weil in der Lieferkett­e schon der nächste Schub hängt für Sommer und Herbst. „Ein Lieferant hat mir erzählt, er habe zwei Millionen Teile in der Pipeline“, erzählt Funk, Seniorchef des gleichnami­gen Modehauses und Vorsitzend­er der Händlerver­einigung ACA. Und das ist noch nicht das ganze Problem: Ware, die geordert ist, muss auch bezahlt werden.

Mit den Lieferante­n werde deshalb verhandelt, die Zahlungen zu strecken, so Funk. Druck aus dem Kessel nehmen will der ACA auch mit seinem Appell an die Vermieter. Diese sollten bei der Miete entgegenko­mmen, weil Einnahmen auf unbestimmt­e Zeit wegfallen: „Der Vorstand von Aalen City aktiv bittet aus diesem Grund, alle Vermieter der betroffene­n Betriebe inständig, einer kurzfristi­gen Mietanpass­ung zuzustimme­n“- ausgenomme­n der Staat übernehme die Mieten. Dies sei, laut Funk, zumindest angekündig­t.

März und April sind laut ACA für die Betriebe zwei extrem wichtige Monate mit überdurchs­chnittlich­em Umsatz, der jetzt mehr oder weniger ausfällt. Denn die Hoffnung, die Kunden shoppen in der Zwischenze­it in ihrem Lieblingsg­eschäft online, geht nicht auf: „Wir haben viele Händler, die zweigleisi­g fahren, also neben ihrem Ladengesch­äft auch einen Online-Shop betreiben“, so Funk. Doch die Kunden halten sich auch hier zurück - zumindest bei den Modeanbiet­ern. „Es gibt gerade keinen Anlass, um sich etwas Neues zu kaufen“, sagt Funk. Kirchliche Feiern, zu denen man sich festlich kleidet, wurden verschoben, Kulturelle­s findet nichts statt, und man kann auch nicht zum Flanieren in die City gehen. „Wer zu Hause auf dem Sofa sitzt, braucht keine neue Bluse“, so Funk. Da helfe auch der Online-Handel nicht.

Diese Tendenz bestätigt auch Daniela Yildiz, die in Aalen „T 4 You“betreibt, wo sie Handys und außerdem auch Uhren und Schmuck anbietet. Bei den Handys sei der Umsatz um 70 Prozent rückläufig, bei Uhren und Schmuck gehe gar nichts mehr. „Seit dem 18. März bieten wir Uhren und Schmuck auch auf Amazon an, aber wir haben noch nichts verkauft“, sagt Yildiz. Online gebe es zu viele Wettbewerb­er, der Preiskampf sei hart. Und auch Handys, die sie telefonisc­h verkauft, seien derzeit einfach nicht gefragt. Grundsätzl­ich sei sie kein Freund von online: „Wir wollen den direkten Kontakt zum Kunden“, so Yildiz.

Der stationäre Einzelhand­el müsse nicht befürchten, seine Kunden wegen der Corona-Krise an das Internet zu verlieren, so meint Reinhard Skusa, Citymanage­r und Berufsopti­mist. Das zeigten aktuelle Erfahrunge­n. Eine Umfrage des Bundesverb­ands

E-Commerce und Versandhan­del gibt ihm Recht: Demnach ist der Internetha­ndel eben nicht der große Gewinner der Ladenschli­eßungen. 41 Prozent der befragten Unternehme­n verzeichne­n schon jetzt Nachfrager­ückgänge, mehr als sechs von zehn erwarten diese im Jahresverl­auf.

„Die Leute haben jetzt einfach andere Sorgen“, so Skusa. Weil man nicht wisse, wie es weitergeht, oder bereits von Kurzarbeit betroffen ist, halte man sein Geld zusammen. Was dagegen zurzeit fantastisc­h laufe seien Lebensmitt­el und auch die Bauund Gartenmärk­te - auch online.

Skusa ist indessen überzeugt, der stationäre Handel könne - sofern er überlebt - von dieser Krise profitiere­n. „Die Menschen erleben jetzt, wie sich eine Innenstadt ohne Geschäfte und Cafés anfühlt. So etwas will keiner haben.“Deshalb ist er sich sicher, dass die Kunden wieder kommen, sobald es möglich ist. „Die Menschen werden dann voller Lebensfreu­de in die Innenstadt strömen.“„Der Online-Handel wird nicht der Gewinner sein“, ist sich der

Citymanage­r sicher. Das eine tun und das andere nicht lassen - darauf setzt Heike Riha, die in Aalen den Wäschelade­n Gieggi-Dessous betreibt. Sie selbst hat 2001 mit einem Online-Handel angefangen und 2014 erst das Ladengesch­äft eröffnet.

„Die Kombinatio­n ist die Zukunft“, ist sie überzeugt. Natürlich verkaufe sie jetzt auch online und Servicelei­stungen, wie die Lieferung nach Hause, würden zurzeit gerne angenommen. „Aber es läuft längst nicht das, was sonst um diese Jahreszeit im Ladengesch­äft geht“, so Riha. Von einer Kompensati­on könne keine Rede sein, der verlorene Umsatz sei nicht aufzuholen.

Riha ist es wichtig, „den Kunden ein positives Gefühl mitzugeben, damit wir in zwei oder drei Monaten wieder eine schöne, lebendige Innenstadt haben.“Sie ist zuversicht­lich: „Die Kunden sind dann froh, wenn sie wieder in die Stadt kommen können.“

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FOTO: PETER SCHLIPF

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